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lupali
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lupali is on a distinguished road

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Datum: 26.11.2006
Uhrzeit: 16:14
ID: 20016



Meinung!!! #4 (Permalink)
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Ich hab noch nie einen Architektonischen Vergleich geschrieben, habe es aber zum größten Teil so analysiert wie man es bei einem Bild machen würde.
Ich fänds super wenn jemand sich die zeit nimmt um vielleicht anmerkungen zun dem text zu machen, oder verbesserungsvorschläge?Fehlt was?
lg lupi

"Coop Himmelblau ist keine Farbe, sondern die Idee, Architektur mit Phantasie leicht und veränderbar wie Wolken zu machen".
(Zitat: Wolf D. Prix)

Wien, einer der Städte in der sich Bauwerke aller Still-Epochen der Architektur wieder finden. Auch Coop Himmelblau hat
es sich zur Aufgabe gemacht, ein klassizistisches Eckhaus in Wien, im Auftrag einer Anwaltskanzlei, radikal mit einer weiteren
Kunststillrichtung, dem Dekonstruktivismus zu vereinen. Es war ihnen die Freiheit gelassen worden,
entsprechend ihrer Intention das Dach neu zu realisieren.
Coop Himmelblau ist einer der bedeutendsten internationalen Architekturbüros. Das 1968 in Wien eröffnete Büro wird von den beiden Architekten Wolf D. Prix und Helmut Swiczinsky geführt. Das dritte Gründungsmitglied Michael Holzer schied 1971 wieder aus. 1988 wurde dann ein weiteres Büro
in Los Angelas eröffnet, und damit eine weitere Möglichkeit sich mehr und mehr zu etablieren.

Mein Vergleichsobjekt zu Coop Himmelblaus Dachausbau ist eine alte Post aus Flensburg, ebenfalls aus der Zeit des Klassizismus.
Im Anhang sind frontal Fotos beider Bauwerke zu sehen, jedoch auch andere Perspektiven und eine Innenansicht
von dem Dachausbau Himmelblaus.
In meiner Analyse werde ich mich zum größten Teil auf die Dächer konzentrieren, daher auf ihre Konstruktion
aber auch kurz auf ihre Funktion eingehen.

Die Diagonalbögen der Dachausbaukonstruktion, der sich der Schwerkraft zu entziehen scheint, fährt wie ein Blitz in den Himmel.
Das Dach des Hauses wird regelrecht aufgesplittert und kristallisiert sich in den Himmel. Durch die gleichmäßige Form der daneben
liegenden Dächer entsteht der Eindruck, das der Dauchausbau eher provisorisch ist. Das Gebäude wirkt im Gegensatz zu der
alten Post eher leicht und schwebend. Wohin gegen das Dach des Postgebäudes eher langweilig und eintönig wirkt. Es ist durch
diese massive, undurchlässige Bauweise nicht so mit Leben gefühlt, wie der Dachausbau.

Der ganze Bereich des Dachausbaus, von Coop Himmelblau, besteht aus kleinen Glasfenstern, sodass die Fläche mit Licht durchflutet wird.
Es sind zwei Etagen zu erkennen und ein Dachbalkon mit Blick auf die Straßenecke, dieser Raumabschluss wird durch die Verglasung hergestellt und
durch die tragenden Teile aus Stahl, die auch außen liegen.
Schräg gestellte Wände, Stützen, die ins leere gehen, wahllos über eine Fassade verteilte
Öffnungen, sowie abstehende, gewölbte Alupaneele lassen diesen Dachausbau neu entstehen.
Ein zentrale Bogen aus Stahl spannt sich über den großen Saal. Dabei wird diese Linie aufgebrochen durch ineinander verdrehte und
gegenläufig sich durchbrechende, wie zersplittert wirkende Glasflächen. Die Konstruktion des Dachhausbaus hebt sich besonders von dem
restlichen Gebäude ab, das eher eine klassische, traditionelle Fassade hat.
Das Dach der alten Post jedoch ist genau auf das restliche Gebäude abgestimmt. Es ist ein Steildach und hebt sich nicht besonders hervor.
Die Dachfläche ist einheitlich grau, da die Dachdeckung aus einfachen grauen Dachziegelsteinen besteht.
Es hat jedoch zwei Dachöffnungen, die aus roten Ziegelsteinen bestehen und etwas weiter herausragen. Durch
die roten Ziegelsteine, die auch am restliches Haus vorhanden sind, ist es einstimmig zueinander.
Die Dachkonstruktion hat mehrere kleine Fenster und eins zwischen den Dachöffnungen.
Aber im Gegensatz zu dem Dachausbau entsteht trotz der vielen Fenster nicht diese Leichtigkeit.
Verschiede Perspektiven zeigen das sich das Dach von einer Seite zu anderen Wandelt.
Es ist kein einheitliches Dach, sondern hat unregelmäßige Formen und Stützen.
Die Geometrie ist kaum noch vorhanden, sondern eher durchdringende Schräggestellte Baukuben.
Das Steildach hat einen Dachstuhl den man von außen nicht erkennt, das ist das Dachgerüst das die Außenhaut des
Daches an nimmt. Der Dachausbau wird jedoch von sichtbaren Steilbögen gehalten.

Das Steildach des Postgebäudes, sowie auch die daneben liegenden Dächer des Dachausbaus sind eher Funktional.
Sie sollen vor Temperaturen und Niederschlägen schützen. Aufgrund der Neigung sind sie besonders Regendicht.
Wohingegen der Dachausbau eher auf Künstlerischer Basis erbaut wurde.
Der Dachausbau wurde auf dem Denkmalgeschützen Ringeldachpalais erbaut. Da es nur aus Glasfenstern und Stahlbögen besteht, hat
es den Vorteil das sehr viel Sonnenlicht in das Gebäude hineinstrahlt.
Die Glaskonstruktion hat jedoch den Nachteil das durch die geschlossenen Alupanelle, die aus der Verglasung nach oben aus dem Dach aufklappen, nicht dieses vollkommene Sonnenschutz vorhanden ist.

Beim Dekonstruktivismus wollten die Künstler und Architekten versuchten, durch spektakuläre Formsprache, die ins Extreme gesteigert
werden ohne Rücksicht auf bauliche Erfordernisse, eine neuen Architekurstill zu eröffnen. Erprobte Baustoffe werden auseinander genommen und
oft willkürlich einfach wieder zusammengesetzt. Auch Coop Himmelblau wird durch diese Überlagerung von Formen, gesplitterten
oder fragmentarischen Bauelementen und der dynamischen Raumkonzeption charakterisiert.
Daher lässt sich auch diese völlige Gegensätzlichkeit zwischen dem restlichen Haus, und zu dem Postgebäude erklären.
Der erste Eindruck eines Blitzes wird durch die äußerliche Zerstücklung und Zerstörung der Formen weiter verstärkt.
Durch die Aufbrechung der Inneren Logik und der radikalen Veränderung des Daches wirkt es als würde es bis in den Himmelhineinreichen.
Es entsteht der Anschein als wäre es schwerelos, da die Glasfenster und Stahlbögen in alle Richtungen ragen. Das Dach und der restliche
Teil des Hauses werden durch die Materialwahl daran gehindert zu einem Werk zusammenzuschmelzen. Es bleibt das Bild, dass es sich dadurch
hervorhebt. Bei dieser Konstruktion wurde nicht auf Dekoratives Wert gelegt, sondern das es lebendig ist.
Diese Dynamik, Energie ist jedoch beim Dach des Postgebäudes nicht vorhanden. Diese wird durch die altertümliche, robuste Form dominiert.
Es ist durch die lagernden Bauteile eher schwer und erdverbunden. Es ist die Rückkehr zu gradlinigen Formen vorhanden, als ein Ausbruch
aus dem Gesetz der Tektonik. Der Dachausbau ist wie als würde es sich von den anderen Dächern losbrechen, es entsteht als wolle es die technischen Zwänge
hintersich lassen und sich frei Entfalten. Durch diesen funktionalen Mix zwischen den Stilen wird neuer Raum geschaffen, der diese Leichtigkeit bestätigt.
Abschließend lässt sich sagen, dass sich meine vorab beschriebenen Überlegungen und Eindrücke bestätigt haben, anhand der ausführlichen Analyse
der der Dächer ist diese Gegensätzlichkeit weiter verstärkt wurden. Nicht nur die Stile sondern besonders die unterschiedlichen Bauweisen, Funktionen
unterstreichen diesen Anschein. Es ist also eine unterschiedliche Intention die beide Architekten verfolgten und somit sie den Zweck für sich erfüllt haben.
"Es handele sich hier um ein Kunstwerk", mit diesem Argument hatte es Coop Himmelblau geschafft ihre Ideen zu realisieren. Sie waren nicht darauf aus etwas zu bauen, was es schon gab. Sie wollten etwas das nicht nur ihren Vorstellungen entsprach, sondern auch das es von allen anderen Architektonischen Gebäuden heraussticht.

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