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torgalf
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torgalf: Offline


torgalf is on a distinguished road

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Datum: 12.08.2010
Uhrzeit: 13:45
ID: 40392



AW: Sozialistische Architektur?! #10 (Permalink)
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Eine "etwas" verspätete Antwort auf verschiedenen Fragen zum Begriff Sozialismus und sozialistische Architektur.
Vorbemerkung: Mein Interesse ist es nicht, Dinge und Begriffe zu erklären, die man überall nachgelesen kann und schon abgehandelt sind.

Z.B. Also was würdest du darunter verstehen, was Sozialismus ist?

Die Antwort wäre, es ist eine Gesellschaftsformation, in der die Menschen und deren Menschlichkeit an erster Stelle stehen und nicht das unmenschliche "Geldscheffeln".

Was IST diese Klarheit? Kannst du das benennen?

Klarheit bedeutet für mich, (Er) Kenntnisse auf Grund von Erfahrungen erworben zu haben, die das Wissen konkretisieren, verfeinern und verdeutlichen. Wissen bedeutet für mich, Kenntnisse und Informationen sowohl theoretisch als auch praktisch zu erwerben; wobei die Gewichtung auf die Praxis liegt.

Woher nimmst du diese Kategorien? Spezifische "sozialistische" Baustoffe - wo sind die? Generell liessen sich diese Kommunikationsmodelle auch bei z.B. "kapitalistischer" Architektur nachweisen.

Es gibt natürliche und künstliche Baustoffe. Den "sozialistischen Baustoff", physikalisch gesehen, gibt es natürlich nicht (Granitstein, ein natürlicher Baustoff, bleibt Granitstein). Ein Kalksandstein, oder eine Gips-Kartonplatte sind künstliche Baustoffe. Diese werden von Menschen (Maschinen) hergestellt. Arbeiter produzieren und verteilen die Baustoffe. In Deutschland unter kapitalistischen Bedingungen. Kennzeichnung der Produktion: lässt sich damit Geld verdient oder kein Geld verdienen.
"Sozialistische Baustoffe" sind Baustoffe, die unter sozialistischen Bedingungen produziert werden. Kennzeichnung der Produktion: Nützen oder schaden die Baustoffe den Menschen und dessen Entwicklung zum sozialen Wesen.
Nützliche und gesundheitsverträgliche Baustoffe (das gilt auch für die Bauweise) werden an erster Stelle stehen.
Kapitalistische "Kommunikationsmodell" sind, wie der Name schon sagt, nach kapitalistischen Kriterien entworfen und gebaut worden. Wer kommt denn in den Genuss dieser "Modelle"? Der Arbeiter und die Putzfrau oder der Geldsack und Bonze? Ändert dieses "Modell" etwas an den kapitalistischen Arbeits- und Wohnverhältnissen? Natürlich nicht.
Es geht bei der sozialistischen Architektur darum, für Arbeiter die besten und schönsten Wohn- und Lebensräume zu erbauen. Im Kapitalismus werden diese von überflüssigen Bonzen und Bürokraten bewohnt.
Keine Plattenbauten und Massenquartiere für Arbeiter.
Arbeiter verdienen schöne Wohn- und Lebensverhältnisse, weil sie mit ihrer Arbeitskraft alle Werte der Gesellschaft produzieren; was man von Bürokraten und Bonzen nicht behaupten kann.

Richtig verstanden und angewendete Sozialistische Architektur kann niemals Massen (Plattenbau)- und Gleichmacherei (Rasterbau) hervorbringen. Das widersprich der sozialistischen Idee und Dialektik. Jeder Mensch ist ein Einzelwesen und hat seine eigene Geschichte. Menschen sind gesellschaftliche Wesen und keine seelenlose Masse.

Hast du ein Beispiel von richtig verstandener bzw. angewandter sozialistischer Architektur, an dem man die von die hervorgebrachten Charkteristika überprüfen könnte?

Beispiele, angewandter sozialistischer Architektur in Ansätzen, gab es in Kuba und in China auf dem Lande. UdSSR und Albanien weiß ich nicht.

ich bin, wenn auch einen geringen Teil meines Lebens, im realexistierenden Sozialismus aufgewachsen und ziehe daher und natürlich aus den noch bestehenden Architekturen dieser Zeit meine Erfahrungen.

Welche sind das? Sind die positiv?

Warum denkst du dieser Staat wäre kein richtiger Sozialismus gewesen?

Weil im Sozialismus die Hauptseite die Produktion ist und die Art und Weise der Produktion von entscheidender Bedeutung ist. Die Produktion liegt in den Händen der Arbeiter. D.h. die Arbeiter haben das Sagen. Sobald Partei und -Parteibürokraten sich einmischen und die Kontrolle übernehmen, entsteht ein bürokratischer Kapitalismus. Oder einfach gesagt, sozialistisch in Worten und kapitalistisch in Taten. Nur die Arbeiter sind in der Lage die Produktion zu verbessern, zu steigern und zu gewährleisten. Und dies tun sie am besten und saubersten, wenn es "Ihre Fabrik" ist d.h. ihre Fabrik, ihren Arbeitsplatz ihre Umgebung selbst verschönern und verbessern können.
Wenn eine Partei Parteipolitik macht und gleichzeitig den Staat "regiert", übt sie Diktatur aus. Das erleben wir wir hier jeden Tag, 24 Std. lang.

wo taucht in der sozialistischen Ideologie der oben angesprochene Individualismus auf?

Ständig und überall. Individualismus ist für sich nichts negatives. Entscheidend ist, ob er eine gesellschaftliche Funktion und Bedeutung hat. Im Kapitalismus ist der Individualismus von entscheidender Bedeutung. Vereinzelung, Egoismus, Vereinsamung usw. sind das Ergebnis von Warenbeziehung. Aber der Mensch ist ein soziales, kollektives Wesen und kein asoziales Einzelwesen.
Im Sozialismus geht es nicht um die Abschaffung oder Zerstörung von Individualität! ( Gleichmacherei ist Merkmal des Kapitalismus und nicht des Sozialismus. Das Märchen von der sozialistischen Gleichmacherei wird in den Medien ständig wiederholt um die eigene Gleichmacherei zu verdecken ) Im Kapitalismus ist der Arbeiter nur Konsument, Verbraucher, Steuerzahler, Kostenfaktor, Versicherter, Arbeitnehmer, Kunde, Käufer, usw. Ein anonymes Etwas ohne Bedeutung.
Im Sozialismus ist jeder Mensch, jeder Arbeiter wichtig und von Bedeutung. Wenn dem nicht so wäre, dann wäre der Sozialismus keine bessere Gesellschaftsformation und demnach überflüssig.

Egal ob BRD-Architektur oder DDR-Architektur, wenn menschliche Verhältnisse mittels Architektur zerstört werden, dann muss die Architektur zerstört werden!
Wie sagte noch Ton-Steine-Scherben?: macht kaputt, was euch kaputt macht!
migg-rot


Diese Aussage finde ich ein bisschen platt und nicht wirklich konsequent. Warum alles zerstören - warum nicht hinterfragen, verstehen, umnutzen, recyceln oder was auch immer...
Ciao Gordon


Platt wäre es zu glauben, das mittels Architektur Menschen zum positiven verändert werden können (höchstens der Geldbeutel der Auftraggeber) und inkonsequent finde ich es, kapitalistische-Geldbeutel-Architektur zu entwickeln und über den Zustand der Gesellschaft zu jammern.

Gruß von Torgalf

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