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Archimedes
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Datum: 23.05.2014
Uhrzeit: 06:47
ID: 52724



Streit um Brandschutz mit Kommune

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Schilderung der Situation:

Architekt wird von einer Stadt mit der Planung einer großen Kita als Passivhaus beauftragt. Das Ganze soll schnellstmöglich geplant und gebaut werden, weil ein Rechtsanspruch auf die bisher fehlenden Kita-Plätze besteht.
Der Bauherr (Stadt) selbst übernimmt mit seinen zwei fachkundigen Mitarbeitern (Architekt und erfahrener Bautechniker) den Part der Projektsteuerung und Sigeko. Neben dem Architekten werden noch ein Haustechniker und ein Statiker von der Stadt beauftragt. Weitere Fachplaner sollen aus Kostengründen nicht hinzugezogen werden, so wird den beteiligten Planern (Architekt etc.) schon im ersten Gespräch deutlich gesagt, dass die Stadt keinen Brandschutzplaner hinzuziehen möchte, weil dieser beim letzten größeren Projekt nur Zeit und Geld gekostet hat. Das nimmt man zunächst mal hin, weil man noch kaum etwas über die Art des Projektes weiß. Der Architekt wird erst ab LPH. 3 nach HOAI bis LPH. 9 beauftragt. Die Grundlagenermittlung (LPH.1) mit Beratung zum Gesamtumfang und notwendigen Fachingenieuren übernimmt die Stadt selbst. Zur LPH. 2 Vorentwurf zahlt sie zwar nichts, liefert aber auch keine Entwurfsansätze. Der Architekt leistet schließlich LPH. 2.
Aus der Planung und nach Wünschen des Bauherrn entsteht eine zweigeschossige Kita in Holzbauweise mit Passivhausstandard.
Der Architekt setzt sich frühzeitig mit der genehmigenden Behörde in Verbindung um die grundsätzlichen Anforderungen an Brandschutz und Fluchtwege zu klären. Fluchtwege fließen sofort ins Konzept ein. Hauptanforderung brandschutzseitig ist, dass Tragkonstruktion EG/EG-Decke F30-B können muß. Mehr nicht. Diese Infos gibt er an alle Beteiligten weiter und wählt ein renommiertes Holzbausystem aus, welches allgemeine Zulassungen für F30-Bauteile hat und sogar bis F90 könnte.
Ein separater Brandschutzplaner ist nicht im Boot.
Aus statischen/konstruktiven Gründen arbeitet der Tragwerksplaner während der weiteren Ausarbeitung einige Stahlteile (Stahlstützen, Auflagerwinkel, Streben) in die ansonsten reine Holzkonstruktion ein. Hierfür gibt es zahllose Beispiele im Holzbau und auch Details des Holzbausystemherstellers. Es wird darüber gesprochen, dass die Stahlteile später in der Ebene der F30-Holzdecke/-wände brandschutzseitig mit Feuerschutzplatten in F30 verkleidet werden.
Der Architekt weißt zu diesem Zeitpunkt daraufhin, dass ein Brandschutzplaner beteiligt werden sollte. Es wird keiner eingeschaltet.
Das Projekt wird weiter ausgearbeitet, Kosten werden berechnet, von der Stadt als Konzept genehmigt, dann wird der Bauantrag gestellt und die Ausschreibungen auf den Weg gebracht.
Durch die sehr kurze Zeit bis zur gewünschten Fertigstellung beschließt der Auftraggeber mit den Bauarbeiten zu beginnen, bevor die Baugenehmigung vorliegt. Die Baugenehmigung geht schließlich 3 Wochen nach Baubeginn ein und enthält noch zusätzliche Auflagen mit zahlreichen Fluchttüren, die der genehmigende Brandschützer bis dato nicht dem Architekten, trotz mehrmaliger Rücksprache, bekannt gegeben hat. Der Architekt arbeitet während der laufenden Bauphase die Ausführugnsplanung um.
Der beauftragte Holzbauer (erfahrener, großer Betrieb) verweist im ersten Gespräch (Aufklärungsgespräch zur Vergabe) schon darauf, dass es keine allgemeine Zulassung für das Holzbausystem in Verbindung mit den vom Statiker eingeplanten Stahlteilen gibt. Es sind spezielle Brandschutznachweise erforderlich. Der Architekt weißt den Bauherrn nochmals daraufhin, dass das nicht sein Aufgabengebiet ist und hier ein externes Büro für Brandschutzplanung einzuschalten ist. Zeit wäre noch genug.
Der Bauherr unnimmt nichts und verweißt den Architekten auf den Prüfer bei der Baubehörde. Dieser stellt bekanntermaßen allerdings nur allgemeine Anforderungen nach LBauO und prüft eingereichte Unterlagen. Er ist kein Planer, liefert keine Lösungsansätze oder Bewertungen. Darauf verweißt der Architekt abermals. Die Holzbaufirma bohrt ebenfalls noch mehrmals nach und verlangt Brandschutzzeugnisse. In einem gemeinsamen Planungsbesprechung mit Bauherr/Projektleitung, Architekt, Statiker, Holzbauunternehmen beschließt man das die Stahlbauteile später im eingebauten Zustand an den beflammten Stellen mit einer aufschäumenden Brandschutzbeschichtung beschichtet werden.
Die Holzbauarbeitenarbeiten beginnen und werden fertiggestellt.
Der Architekt drängt abermals das er gerne einen Brandschutzplaner/-sachverständigen hinzuziehen will um die vorgesehene Beschichtung/Verkleidung der Stahlteile abzustimmen.
Nach langem Hin und Her darf der Architekt sich mit diesem Fachmann im mittlerweile geschlossenen Rohbau die zu behandelnden Stahlbauteile ansehen. Der nun beauftragte Brandschutzsachverständige beurteilt die Situation als nicht optimal, weil an manche Teile nur schwer heranzukommen ist, aber er stellt fest, dass mit einer partiellen Verkleidung der beflammten Stahlflächen dem Brandschutz F30 genüge getan wird. Diese Beurteilung reicht er auch bei der genehmigenden Behörde zur abschließenden Beurteilung ein.
Nun sagt der zuständige oberste Brandschützer, dem das Projekt bereits mehrmals vorgelegen hat, nein. Er ist mit der vorgeschlagenen Verkleidung der Stahlteile überhaupt nicht einverstanden, hat größte Bedenken, es gibt für ihn keine klare Aussage in den Normen zum Schutz von kombinierten Stahlholzbauteilen. Er möchte vorzugsweise die Stahlteile allseitig ummandelt sehen, also auch dort wo kein Feuer hinkommen kann, weil eine zugelassene F30-Holzbalkendecke darunterliegt. Er sieht keine Chance für Kompensationsmaßnahmen. Auf einen Punkt gebracht: Rückbau bzw. Teilrückbau, wenn sich keine andere Lösung findet.
Der Architekt hat mit dem Brandschutzplaner kurzfristig eine mögliche Teillösung erarbeitet und stellt diese dem Bauherrn vor.
Der Bauherrenvertreter (Architekt der Stadt) sieht hier Verfehlungen im Vorfeld beim Architekten und diskutiert zunächst nicht über die mögliche Lösung, sondern über die Schuldfrage.

Nun zum Kern der Sache:
Hat der fachkundige Bauherrenvertreter damit Recht?

Er ist selbst Architekt, hat Erfahrung mit größeren Projekten, beauftragt nicht LPH. 1+2, schließt im Vorfeld kategorisch die Beteiligung eines Brandschutzplaners aus, beschließt selbst wie die Stahlbauteile behandelt werden und ignoriert mehrmalige schriftliche Hinweise des Architekten und von beauftragen Firmen zum Thema Brandschutzplanung/-nachweise.


Wenn Jemand Zeit hat, dass Ganze durchzulesen, dann wäre ich für eine Einschätzung dankbar.

Geändert von Archimedes (23.05.2014 um 07:11 Uhr).

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