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Frollein 19.02.2005 15:19

Umsonst entwerfen für Bekannte und Verwandte?
 
Ich habe einige Entwürfe, meist im Maßstab 1:100 bis 1:10, für Verwandte und Bekannte gemacht. Die positive Resonanz führt inzwischen zu weiteren Anfragen. Natürlich möchte ich die Chance wahrnehmen, meine Entwürfe realisiert zu sehen, die, da es sich um Inneneinrichtung und Nebengebäude handelt, ohne Behördengänge und Baugenehmigungen auskommen.

Jetzt stellt sich mir wegen des hohen Zeitaufwandes für bauherrenfreundliche Perspektiven, Aufmaße und zahlreiche bunte Varianten so langsam die Frage, ob und wieviel Vergütung ich dafür verlangen kann, bzw. soll. Wie handhabt Ihr solche Situationen?

chrisly 20.02.2005 11:49

Vergütung
 
Hallo,

generell gilt für alle Architekten und Ingenieure, daß die Honorare der Honorartafeln nicht unterschritten werden dürfen. Das heißt, ein Unterschreiten der Mindestsätze ist strafbar und kann vor den Kammern beanstandet werden. Nun ja, so sieht die Theorie aus. In der Praxis ist ein Unterschreiten mittlerweile bei privaten Bauherren gang und gebe.
Ausnahme: Für Arbeiten im engen Verwandtenkreis gilt diese Regelung m. W. so nicht. Du solltest dir aber immer im Klaren sein: Wenn du als Architekt etwas kostenlos planst, entläßt dich das nicht aus der Haftung für Baumängel oder sonstiger Gewährleistungen. Auch die Beraterhaftung spielt eine Rolle. Das heißt die Argumentation: "Jetzt sind Mängel aufgetreten, aber da ich das Ganze kostenlos geplant habe, bin ich nicht haftbar." ist absolut falsch. Und hier sind schon einige Freundschaften in die Brüche gegangen. Ob für Arbeiten im engen Verwandtenkreis die Honorarsätze unterschritten werden dürfen, weiß ich nicht, kann ich mir aber eher nicht vorstellen.
Ich würde auf alle Fälle etwas verlangen. Einfach um psychologisch klarzustellen, daß Leistungen, die über reine Gefälligkeiten hinausgehen, eben immer und überall bezahlt werden müssen. Oder wie der Engländer sagt: "There is no free lunch."

Viele Grüße
chrisly

Frollein 20.02.2005 22:26

Ich habe vergessen, zu erwähnen, daß ich noch studiere und ich nur die, wenn auch manchmal recht detailreiche, Entwurfsplanung mache, da die Ausführung entweder von den Bauherren selbst übernommen wird oder eine Handwerksfirma die Pläne eigenverantwortlich als Grundlage für einen normalen Auftrag ohne Architekten annimmt. Rechtlich habe ich also keine Bedenken.

Tobias 21.02.2005 00:26

Generell musst du entscheiden, ob du einen Pauschalbetrag "verlangst" oder auf Stundenbasis abrechnest. Es ist sicherlich besser, wenn der "Kunde" einen festen Betrag vor Augen hat.
In deinem Fall denke ich, dass es ja nach Umfang und Größe ein Freundschaftbetrag zwischen 50 und 200 EUR sein kann.

Sputnik 21.02.2005 20:07

Zitat:

Originally posted by Tobias
ein Freundschaftbetrag zwischen 50 und 200 EUR sein kann.
...die Stunde?

Snobs 22.02.2005 02:42

... Weil die Baubranche boooomt und es viel zu wenig Architekten gibt :D

Florian 22.02.2005 10:02

Ein Professor meine mal zu uns (Studenten), dass er generell davon abrät für Freunde / Verwandte zu bauen/planen. Der Grund ist ganz einfach:

1.) Es wird immer als Freundschaftsdient wargenommen...
2.) Es heißt dann immer kannst nicht noch....
3.) Und wenn was schief geht, bist Du der Idiot
4.) Man kann dabei nur Freunde verlieren, aber nicht gewinnen. Über Anwälte ggf. im ehem. Freundschaftskreis zu korespondieren ist nicht so der Hit.

Besser man ist nur beratend in diesem Kreis tätig.
Ausgenommen davon sind vielleicht mal kleine Ideenskizzen...

Grüsse
Florian

Samsarah 22.02.2005 11:20

So grundsätzlich würde ich das nicht sehen. Aber es sollte von Anfang an klare Grenzen und Definitionen geben. Verträge, auf deren Grundlage man handeln und auf die man sich berufen kann - schriftlich. Es gibt sicher Freunde und Bekannte, die damit richtig umgehen können, wenn man direkt deutlich macht, dass man sich vielleicht besondere Mühe gibt - das ist der Freundschaftsbonus - es sich aber sonst um eine reguläre Geschäftsvereinbarung handelt. Bei Verwandten würde ich allerdings davon abraten. Die sind in den aller-aller-allerseltensten Fällen in der Lage, diese Grenze wirklich zu ziehen. Das käme für mich nur in Frage, wenn ich selbst der Bauherr wäre, z.B. wenn man mal ein berühmter, reicher Architekt ist , der seinen Eltern ein Häuschen baut [vbg].

Samy

Jensation 22.02.2005 12:29

...ich will auch ein berühmter reicher Architekt sein....dann bekommen alle meine Verwandten ein Haus von mir :-)

Gruss aus Köln

Jens

Sputnik 22.02.2005 16:32

Zitat:

Originally posted by Florian
Ein Professor meine mal zu uns (Studenten), dass er generell davon abrät für Freunde / Verwandte zu bauen/planen.
Es ist wirklich nicht unproblematisch.
Trotzdem bin ich mir sicher, daß kaum einer von uns einen Vorschlag ablehnen würde, ein Haus für...z:B. einen guten Freund zu bauen.
An viele Aufträge kommt man über Referenzen also Gebautes. Bei der heutigen Auftragslage würden sich die meisten schwer tun, eine Chance überhaupt zu bauen auszuschlagen.
Ich kenne aus eigenem Ex-Kommilitonen-Bekanntenkreis einige die als "Erstlingswerk" für Geschwister oder Freunde (die was vernünftiges studiert haben ;)) ein Haus planten oder planen.
Dem Freundschaftsbonus unsererseits steht nämlich ein Vertrauensbanus der Freunde/Familie gegenüber: Viele Realisten-Bauherren, würden einen, der noch nichts gebaut hat, niemals sein zukünftiges Zuhause bauen lassen. "Da kann ja so viel schiefgehen".

Grüße

Frollein 22.02.2005 16:33

Zitat:

Ein Professor meinte mal zu uns (Studenten), dass er generell davon abrät für Freunde / Verwandte zu bauen/planen. (...) Es heißt dann immer kannst nicht noch....
Gerade das sehe ich ja als meine große Chance. Ich will ja noch... Möglichst viel und oft. Und alle sollen es sehen und auch sowas haben wollen. Denn jetzt kann ich mich in der Zusammenarbeit mit den Gewerken und im Dialog mit den schlimmsten und hartnäckigsten aller Bauherren (Eltern) üben und trage eben noch nicht die volle Verantwortung, weil ich nur als Entwerfer und Vermittler agiere. Von einem Architekten-Vertrag ist das weit entfernt. Das hat oft eher Ähnlichkeit mit einem Realisierungs-Wettbewerb, bei dem ich mich gegen die Entwürfe der Hausarchitekten von Zimmereien, die seltsamen "So-kenn-ich-das-aber-und-was-anderes-kann-ich-mir-nicht-vorstellen"-Ideen der Bauherren und die eher produktorientierten Vorschläge der Klempner, Kaminbauer und Tischler durchsetzen muß. Das ist dann auch gleich eine gute Übung für all die Wettbewerbe, die ich als reicher, berühmter Architekt gewinnen werde - vielleicht ja gegen Euch. :D

Hat denn noch jemand Vorschläge für eine adäquate und vertragslose Vergütung?
Eine Pauschale von 200€ für ein einwöchiges Halbtagsprojekt habe ich einmal freiwillig bekommen und fand das schon sehr anständig. Auf die Stunde umgerechnet war das zwar nicht viel, aber daran muß man sich ja ohnehin gewöhnen. Soviel zu "reich". :(

Florian 22.02.2005 21:33

Ich meine:

Es heißt dann immer kannst nicht noch, aber ohne etwas mehr dafür zu bezahlen und nicht noch ein Haus bauen ;)

danna 23.02.2005 19:13

also ich finde uch das man solche chancen wahrnehmen sollte...zumindest beim erstprojekt. mit einer referenz im nacken verhandelt es sich ja ganz ganz anders. und da kann man dann auch gerne mal auf ein "kannst du nicht noch" sagen: nein, diesmal nicht.

hab so was auch gemacht....sehr stressig...und auch eher naiv als studentischer berater...
klar ist es viel toller, gut abgesichert zu sein, alles fix und fertig auszuhandeln, schriftlich niederzulegen, dabei trotzdem das vertrauen des bekannten zu behalten....
aber wenn man das alles nicht schafft, und dann aus angst das projekt nicht macht, ist es wohl auch ziemlich blöd.

Daniel 27.02.2005 16:53

Um mal eine Hausnummer zu nennen: Ich habe als Student im 10. Semester für Freunde den Entwurf zum Umbau einer Etagenwohnung gemacht (Dokumentation). Dem ging eine einfache "Grundlagenermittlung" voraus, zu der die Einschätzung der statischen Bedingungen gehörte. Wir haben von vornherein einen Stundensatz von 25 DM (!) vereinbart, der galt auch für Planungsgespräche. Die Umsetzung haben sie - zusammen mit Handwerkern - vollständig selbst übernommen.

Also, ich halte Arbeiten, die über einen Tag hinausgehen, im Allgemeinen nicht mehr für einen Freundschaftsdienst. Als Absolvent würde ich für "Irgendjemanden" nicht unter 30 Euro arbeiten - für Freunde und Bekannte zum Freundschaftspreis, vielleicht 20 Euro. Kommt halt immer auf die Freundschaft an. Man sollte wissen, was die eigene Arbeit wert ist und die HOAI im Auge behalten.

Frollein 27.02.2005 18:00

Deine Seite gefällt mir ziemlich gut, Daniel.

Ich werde wohl anbieten, gegen Erstattung der Fahrtkosten einen ersten Entwurf zu machen und für weitergehende Planungen dann gegebenenfalls einen Stundenlohn zu vereinbaren.


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