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Archimedes 13.09.2010 18:59

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von leipziger (Beitrag 40825)
Da bin ich mir nicht so sicher, die jüngeren (ich auch) haben in unseren Büros aus der Not heraus (um uns selbst zu schützen) mehrfach ältere Kollegen rausgemobbt. Das war einfach eine Überrumpelungstaktik. Derjenige mit mehr Durchschlagskraft (im übertragenen Sinne) gewinnt halt....

Da sind wir doch wieder bei der Ellenbogengesellschaft. Wer will sich dann noch über die Inhaber beschweren, wenn im Zeichenbüro der Grabenkrieg unter Gleichgesinnten tobt? ;)

Heute die Alten, morgen die Schwachen, Kranken und Teilzeitkräfte (vielfach Mütter). Ich weiß nicht, ob unsere Gesellschaft an der Basis wesentlich besser/gesünder ist als in den Chefetagen. Dennoch sind die Ursachen nicht bei den Einzelnen, sondern bei den Rahmenbedingungen in unserer sog. "Demokratie" zu suchen.

Ich frage mich ohnehin, was als Nächstes kommt, nachdem man sich Bundespräsidenten backen und unbequemen Zeitgenossen öffentlich den Mund verbieten kann. Machen wir das Beste draus... :D

Samsarah 13.09.2010 20:00

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Umstände hin oder her, jeder ist für sein Leben letztlich selbst verantwortlich. Wir leben doch in einer Gesellschaft, die noch reichlich Gestaltungsspielraum dafür läßt, erst einaml im Kleinen seinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Wenn insgesamt weniger Doppelmoral vorherrschen würde, sähe es auch an der Basis deutlich vielversprechender aus. Ich halte jedenfalls nicht so viel davon, mit dem Finger immer auf die anderen zu zeigen, seien es die Kollegen, die Chefs oder gleich die ganze Demokratie. Amen ;).

maestro 14.09.2010 09:26

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Archimedes (Beitrag 40745)
Was in dieser Diskussion aus meiner Sicht gar nichts bringt, ist das Philosophieren über die Einkünfte der Büroinhaber.
Zum Errechnen der Einkünfte der Büroinhaber fehlen den Allermeisten wohl die notwendigen Angaben und Erfahrungswerte. Ich finde nichts verwerflich oder unangemessen daran, wenn ein Büroinhaber von einem Architekturbüro mit 8-10 Angestellten, daß 5-fache eines durchschnittlichen Angestellten (netto) verdient bzw. sich selbst auszahlt.
Diese Spanne ist nicht hoch und wird in vielen anderen Bereichen der freien Marktwirtschaft deutlich überschritten. Sowohl bei Handwerksunternehmen, als auch bei anderen freien Berufen (Ärzte, Rechtsanwälte) verdienen die Inhaber um ein Vielfaches besser, als jeder ihrer Angestellten. Nehmen wir z.B. mal die Rechtsanwälte, weil ich mich da ein wenig auskenne. Bei einer mir bekannten Kanzlei kommen auf 4 Rechtsanwälte 3 weitere Angestellte (2 Fachgehilfen und eine Auszubildende). Die drei Angestellten machen die ganze Büroarbeit und bekommen mit abgeschlossener Ausbildung und ca. 15 Jahren Berufserfahrung ca. 1.500-1.600 Euro (brutto) bei Vollzeit im Monat, während die Anwälte durchschnittlich bei ca. 5.000-6.000 Euro (netto) im Monat liegen werden. Und das bei halbwegs geregelten Arbeitszeiten. Da beschwert sich niemand, weil es marktüblich ist. Natürlich haben diese Angestellten nicht studiert, aber wenn man die Dauer eines Studiums (ca. 5 Jahre) ins Verhältnis zur Dauer einer Ausbildung (ca. 3 Jahre) setzt und das Ganze wiederrum ins Verhältnis zur Lebensarbeitszeit (ca. 40 Jahre) setzt, dann wirkt sich das Studium kaum aus.(...)

Ja, ich denke wirklich beurteilen kann man das nur, wenn man mal auf beiden Seiten gesessen hat. Aus dem Umsatz die Gehälter zu errechnen halte ich ohne Erfahrungswerte eher schwierig. Ich denke hier ist es in der Architektur wie überall: Es gibt Firmen, die zahlen gute Gehälter, soweit es Ihnen möglich ist, anderen wiederum ist der eigene Profit wichtiger. So ist es doch fast überall in der freien Wirtschaft, was jetzt nicht heißt, dass ich das gutheißen würde, aber joa...

noone 14.09.2010 17:45

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Meiner Meinung nach bringt es sehr viel, über die Gehälter zu philosophieren. Die Höhe der Chef-Löhne geht einen Angestellten nichts an, aber schon, ob er - falls ausreichend Umsatz vorhanden ist - die Angestellten angemessen bezahlt.

Ist nicht genug Umsatz da, um seine Leute angemessen zu entlohnen, dann muss der Betrieb eben wie in der freien Wirtschaft (mit Tariflöhnen) saniert werden - sprich Mitarbeiter entlassen und Kapazitäten anders einplanen.

Da Büros aber nie effizient arbeiten (Zeichnungen und Entwürfe werden einfach zu oft überzeichnet), und deshalb zu viele Arbeitskräfte im Büro sitzen haben, wird oft die niedrigen Löhne mit dieser misslichen Betriebsorganisation entschuldigt.

In diesem Sinne ist eine Diskussion über Löhne und Umsätze durchaus gerechtfertigt.

Samsarah 14.09.2010 18:35

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Wenn man das aber tut, dann nicht mit spekulativen Werten. Da gebe ich Archimedes recht. Und da es sich bei einer Anstellung im Architekturbüro in der Regel auch nicht um ein Verhältnis auf Umsatzbeteiligung handelt, ist diese Koppelung erstmal gar nicht nachvollziehbar für mich.
Dass mißbräuchliche Argumente zur Durchsetzung zu niedriger Gehälter nicht ok sind, d'accord. Fakt ist doch aber, dass wir alle uns mit den Konditionen einverstanden erklären, wenn wir in ein solches Beschäftigungsverhältnis eintreten (klar, mancher aus der Not heraus). Und wir können nicht einerseits in der Gehaltsverhandlung alles schlucken, um nur ja irgendeinen Job zu bekommen und dann hinterher zetern, dass das nicht fair ist. Vertrag ist Vertrag. Sinnvoller ist es doch, gleich andere Maßstäbe bei der Jobwahl anzulegen. Ich bleibe dabei, dass wir (unabhängig von den Motiven der Arbeitgeber) maßgeblich zu den Lohndumpingsituationen beigetragen haben und noch beitragen.

Archimedes 14.09.2010 18:40

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von noone (Beitrag 40858)
Da Büros aber nie effizient arbeiten (Zeichnungen und Entwürfe werden einfach zu oft überzeichnet), und deshalb zu viele Arbeitskräfte im Büro sitzen haben, wird oft die niedrigen Löhne mit dieser misslichen Betriebsorganisation entschuldigt.

Ich denke, daß mangelnde Effizienz in allen Arten von Planungsbüros zu finden ist. Unabhängig von Bürogröße, Auftraggebern oder Projekten.
Das liegt aber daran, daß es keine standardtisierten Abläufe gibt bzw. kaum geben kann, da jedes Projekt, jeder Bauherr, jede Aufgabe, jeder zeitliche Rahmen anders ist. Regeldetails kann man hin und wieder verwenden, aber nicht ausschließlich. Entwurfsabläufe kann man zwar im Voraus planen, aber in den seltensten Fällen wird dieser Plan eingehalten werden können, da zuviele Faktoren und Änderungswünsche hereinspielen. Selbst die Leistungsphasen nach dem Entwurf sind schwer einzuschätzen und zeitlich planbar, da zuviele andere Personen (Bauherr, Banken, Fachplaner, Firmen, Nachbarn, Behörden, etc.) oder Dinge wie Wetter, Materialengpässe, Preisschwankungen etc. Einfluß darauf nehmen und jeder Beteiligte wiederum eigene Schwankungen in seiner Zeitplanung hat.

Wie sieht also das Rezept für das effektiv arbeitende, zeitlich durchorganisierte und gerecht bezahlende Architekturbüro aus???

Sollen wir es wie der Handel oder die Autowerkstatt handhaben und von Stücken und Zeiteinheiten sprechen?

Kann z.B. ein Bildhauer, der vor einem Granitblock steht, genau sagen, wieviele Stunden er benötigt um daraus eine Büste zu schlagen und wieviele Hammerschläge oder Trennscheiben er brauchen wird? Kann er vorher wissen, ob durch einen falschen Schlag der gesamte Block unbrauchbar wird und er ganz von vorne anfangen muß und dazu noch einen neuen Stein bezahlen muß?

Wie läßt sich das also in den "künstlerischen" Bereichen des Architekturbüros, wie Entwurf, Detailplanung und Bauleitung (auch hier ist Kreativität gefragt) im Vorfeld so einschätzen, daß man genau weiß, wie lange man wieviele Mitarbeiter für die Lösung der Aufgabe benötigt und wie hoch der Gewinn sein wird?

Trägt der Büroinhaber das Risiko einer Fehleinschätzung alleine oder darf er seine Mitarbeiter am Risiko teilhaben lassen, wenn sie auch am Gewinn partizipieren wollen?

Ich bin sehr gespannt, ob es neben theoretischen Ansätzen hierzu praktische Alltagstipps gibt. :D

Samsarah 14.09.2010 20:07

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Archimedes (Beitrag 40861)
Trägt der Büroinhaber das Risiko einer Fehleinschätzung alleine oder darf er seine Mitarbeiter am Risiko teilhaben lassen, wenn sie auch am Gewinn partizipieren wollen?

Das ist genau der Punkt. Wenn es ein Modell mit Umsatzbeteiligung gibt, würde das Risiko auch auf die Mitarbeiter verteilt werden müssen. Das will ja aber auch keiner wirklich, oder?
So wie es momentan aussieht, bin ich aber schon der Ansicht, dass das Risiko allein beim Inhaber liegt und das muss er natürlich auch in der Vertragsgestaltung berücksichtigen.

So chaotisch, wie ich Projektplanung zum Teil erlebt habe, gibt es aber definitiv großes Optimierungspotential. Das fängt bei ordentlichen Dokumentationen abgeschlossener Projekte an, sodass zumindest das Prinzip nicht jedes Mal neu angedacht werden muss, und plätschert munter weiter zu besserer Zeit- und Kostenplanung, die mit realistischen Spielräumen für genannte Eventualitäten durchaus machbar ist, über qualifikationsorientiertere Personalauswahl bis zur Durchsetzung übergreifender Standards. Die muss man sicher an jedes Projekt angleichen, aber wenn ein anderer Mitarbeiter nicht mal mehr in der Lage ist, bei einem kurzfristigen Projektwechsel irgendeine Struktur wiederzuerkennen, weil jedes Projekt macht, was es will, dann ist klar, wo ein Großteil der Kapazitäten versacken.
Ein wichtiger Punkt scheint mir auch die Einbindung gut ausgebildeter Leute für die Vertrags- und Rechnungsangelegenheiten. Viele Chefs glauben, sie hätten da schon den Durchblick und müssen hinterher mit den Folgen leben, weil sie an der falschen Stelle gespart haben.

Ich finde ja die Filmindustrie ist da ein guter Vergleich. Filme beanspruchen auch die Mischung aus künstlerischem Freiraum und Machbarkeit. Hier sind Budgetüberschreitungen aber beim besten Willen nicht vergleichbar und die Sache ist, trotz teilweise mehr beteiligten Parteien, straff durchgeplant. Warum soll das bei Häusern nicht gehen? Und je erfahrener die Chefs sind, desto präziser sollten sie doch in der Lage sein, Annahmen für bestimmte Entwicklungsabläufe zu liefern, die auch realistisch sind.

Tom 14.09.2010 22:02

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Samsarah (Beitrag 40860)
Ich bleibe dabei, dass wir (unabhängig von den Motiven der Arbeitgeber) maßgeblich zu den Lohndumpingsituationen beigetragen haben und noch beitragen.

Das sehe ich nicht so. Hauptgrund für das im Verhältnis zu anderen Branchen niedrige Lohnniveau ist m. E. die zu geringe Wertschöpfung im Architekturbetrieb. Da werden in Handarbeit (Manufaktur) mit mittelalterlich-handwerklichen Methoden Einzelobjekte geschaffen - nicht weit weg vom Kunstschmied. In anderen Branchen und in rationellen Konzernumgebungen wirken ganz andere Hebel. Da verantwortet oder generiert einer Umsätze, die die um ein Vielfaches höheren Gehälter locker ermöglichen. Deshalb ist es so wichtig, die Büros wirtschaftl. zu organisieren.

T.

Tom 14.09.2010 22:55

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Archimedes (Beitrag 40861)
Ich denke, daß mangelnde Effizienz in allen Arten von Planungsbüros zu finden ist. Unabhängig von Bürogröße, Auftraggebern oder Projekten.

Aber es gibt wirtschaftlichere Bürogrößen, wirtschaftlichere Projektgrößen, wirtschaflichere Bauaufgaben und wirtschaftlichere Arten, die Projekte zu bearbeiten. Nicht alles in einer Soße verrühren!

T.

Tom 14.09.2010 23:01

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Archimedes (Beitrag 40861)
Kann z.B. ein Bildhauer, der vor einem Granitblock steht, genau sagen, wieviele Stunden er benötigt um daraus eine Büste zu schlagen und wieviele Hammerschläge oder Trennscheiben er brauchen wird? Kann er vorher wissen, ob durch einen falschen Schlag der gesamte Block unbrauchbar wird und er ganz von vorne anfangen muß und dazu noch einen neuen Stein bezahlen muß?

Die Praxis ist - obwohl ich selber von Kunstschmied geredet habe -, dass der wirtschaftl. Spielraum in kleineren, suboptimal geführten Büros so eng ist, dass an künstl. Anspruch, sorgfältige Detaillierung, engagierte Bauleitung etc. vielfach gar nicht mehr zu denken ist. Da wird nicht auf unwirtschaftl. Art gute Architektur gemacht, sondern auf unwirtschaftliche Art schlechte. Und das ist der Punkt, an dem es langsam richtig traurig wird ...

T.

Samsarah 14.09.2010 23:12

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Ich mach mich jetzt mal unbeliebt. Die große Mehrheit aller Planungen und Bauten liegen mit ihrem reelen künstlerischen Wert am unteren Ende. Klar, jeder Architekt hält sich für den großen Künstler, aber vieles da draussen wird dem Anspruch wirklich nicht gerecht. Das jedes Bauwerk einem maßgefertigten Schmuckstück gleicht, wäre vielleicht wünschenswert. Aber das ist doch keinesfalls die Regel. Die meisten sind 08/15-Ingenieusleistungen aus dem Standardkatalog, mit etwas Glück zumindest mit halbwegs harmonischen Proportionen und funktionabel.
Dass der Aufwand auch für eine solche Planung und Umsetzung in keinem guten Verhältnis zu den Einnahmen steht, unterschreibe ich sofort. Aber das Lied vom unverstandenen Künstler... naja.
Die anderen Branchen, in denen die Wertarbeit auch noch als solche entlohnt wird, zahlen trotz ihrer vermeintlich höheren Wertschätzung ihrem Durchschnittsmitarbeiter keine üppigeren Gehälter oder von welchen Branchen sprichst Du?

Und damit komme ich wieder an den gleichen Punkt. Die Wertschätzung für die eigene Arbeit beginnt doch bei mir selbst. Solange sich die Absolventen und jüngeren Architekten zu Praktikantenkonditionen verheizen lassen und die Büroinhaber sich darin überschlagen, die Kosten für den Bauherren noch ein paar Prozent unter die HOAI zu drücken, um im Rennen zu bleiben, solange wird die Situation immer schlechter. Oder glaubt jemand, ein Chef kommt an und bietet 3.000€ nachdem der Bewerber zaghaft 1.800€ als Gehaltsvorstellung genannt hat? Oder der Bauherr schlägt einem freundschaftlich auf die Schulter und legt noch 100.000€ Honorar drauf, weil er uns doch so sympatisch findet?

Archimedes 15.09.2010 08:42

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Tom (Beitrag 40870)
Aber es gibt wirtschaftlichere Bürogrößen, wirtschaftlichere Projektgrößen, wirtschaflichere Bauaufgaben und wirtschaftlichere Arten, die Projekte zu bearbeiten. Nicht alles in einer Soße verrühren!
T.

Mag sein. Ich lese hier viermal "wirtschaftlicher", aber keine einzige Anregung, wie so etwas aussieht. Das ist das theoretische Denken was im Büroalltag durch praktische und umsetzbare Lösungen ersetzt werden muß. Sonst kann der Angestellte auch nur theoretisch mehr Gehalt verlangen, aber nicht tatsächlich.

Archimedes 15.09.2010 08:45

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Tom (Beitrag 40871)
Da wird nicht auf unwirtschaftl. Art gute Architektur gemacht, sondern auf unwirtschaftliche Art schlechte. Und das ist der Punkt, an dem es langsam richtig traurig wird ...

Das halte ich für sehr verallgemeinert und nicht haltbar. Es gäbe auch Beispiele für große Bürostrukturen mit großen Projekten und hohen Einnahmen, die sich in Sachen Architektur und Gestaltung nicht die größte Mühe geben, sondern in erster Linie auf hohem Niveau abschöpfen.

Archimedes 15.09.2010 08:49

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Samsarah (Beitrag 40872)
Die Wertschätzung für die eigene Arbeit beginnt doch bei mir selbst.

Richtig. Man kann nicht erst zum Bauherrn oder Chef kriechen, damit man den Auftrag/die Arbeitstelle bekommt und anschließend meckern, weil man wirtschaftlich nicht klarkommt. Diese Rechnung muß man vorher machen und dann auch damit leben können, daß man nicht jeden Auftrag oder jede Arbeitsstelle bekommt. Ich denke, ein Stichwort lautet KONSEQUENT sein und sich nicht permanent verbiegen.

noone 15.09.2010 11:17

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Tom, Archimedes und Samsarah sagen vieles richtig, z.B.

Zitat:

Aber es gibt wirtschaftlichere Bürogrößen, wirtschaftlichere Projektgrößen, wirtschaflichere Bauaufgaben und wirtschaftlichere Arten, die Projekte zu bearbeiten. Nicht alles in einer Soße verrühren!
Zitat:

Die Praxis ist - obwohl ich selber von Kunstschmied geredet habe -, dass der wirtschaftl. Spielraum in kleineren, suboptimal geführten Büros so eng ist, dass an künstl. Anspruch, sorgfältige Detaillierung, engagierte Bauleitung etc. vielfach gar nicht mehr zu denken ist.
-> Fast alle Büros machen diese engagierte Bearbeitung aber trotz fehlendem finanziellem Spielraum, weshalb viele Projekte nicht rentabel sind.

Zitat:

Kann z.B. ein Bildhauer, der vor einem Granitblock steht, genau sagen, wieviele Stunden er benötigt um daraus eine Büste zu schlagen und wieviele Hammerschläge oder Trennscheiben er brauchen wird?
-> deshalb ist es ja so wichtig, dass die Honorarordnung die Realität der Bearbeitung der Architektur-Aufgaben aufgreift.

Zitat:

Die große Mehrheit aller Planungen und Bauten liegen mit ihrem reelen künstlerischen Wert am unteren Ende. Klar, jeder Architekt hält sich für den großen Künstler, aber vieles da draussen wird dem Anspruch wirklich nicht gerecht.
---> ist die absolute Wahrheit. Wenn man Pressetexte liest, kann man es teilweise gar nicht fassen, mit welchen absurden "Ansprüchen" die banalste Architektur verkauft wird.

Meiner Meinung nach ist das Resultat aber immer Geschmacksache.

1. Der künstlerische Anspruch fängt dort an, wo über die Gestaltung über reine konstruktionsrelevante Bereiche hinausgeht, und diese den gestalterischen Aspekten untergeordnet wird.

2. Die "Kunst" (d.h. das aussergewöhnliche Ergebnis - was Samsarah wohl mit "künstlerischem Wert" bezeichnet) beginnt dort, wo der Entwurf bzw. die Gestaltung grundlegend und im gesamtem einem theoretisch-intellektuellen Ansatz folgt.

Ein Gebäude wird dann allgemein als Kunst anerkannt, wenn ein Konsens über die Qualität der Leistung bzw. des Resultats vorliegt.

Wo sich dann die "Profanbauten" mit dem von den Architekten eingeforderten "künstlerischen Ansprüchen" einreihen, bleibt dem Urteilsvermögen jedes Einzelnen überlassen.

noone 15.09.2010 11:28

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zur Kernfrage zurück:

Egal wie wirtschaftlich oder unwirtschaftlich gearbeitet wird, es ist in der Architektur definitif so wie in allen Berufen ohne Tarife und Mindestlöhne: die Gehälter regulieren sich von selbst.

Zitat:

Ich bleibe dabei, dass wir (unabhängig von den Motiven der Arbeitgeber) maßgeblich zu den Lohndumpingsituationen beigetragen haben und noch beitragen.
Ich höre diesen Satz immer wieder, die Schuld liegt aber definitiv nicht am Arbeitnehmer, der sich den Gesetzen des Marktes anpassen muss. Der Palettenausräumer im Supermarkt, der Frisör oder sonstige Billiglöhner können es sich auch nicht aussuchen, ob sie jetzt den Job machen oder nicht.

Solange es ein Gefälle in der Qualifikation des Bewerbers und einen bestimmten Anspruch des Arbeitgebers an die Arbeit gibt, wird es immer wieder so sein, dass minderqualifizierte Bewerber zu unmoralischen Löhnen eingestellt werden.

Solange der Staat (in Berufsgruppen mit Tarifen übernimmt die Gewerkschaft diese Funktion) keine gesetzliche Rahmenbedingungen schafft, wird es diese Misslage immer geben. Es wird von den Politikern immer wieder gerne das Argument der freien Marktwirtschaft gebracht, und dass es auch ohne Regeln in 90% der Berufsgruppen funktioniert. Schaut man aber genauer auf die einzelnen Gruppen, sieht man, dass es fast alle Dienstleister betrifft.

Ein Beseitigen der Misslagen kann nur durch gesetzliche Regelungen erfolgen. Wenn es keine Regelungen gibt, wird zur Gewinnoptimierung weiterhin Leiharbeit oder Lohndumping eingesetzt. Es ist Fakt, dass Niemand mehr bezahlt, als er muss. Die Gesellschaft muss für sich klären,wie sie in Zukunft leben will.

Samsarah 15.09.2010 13:16

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von noone (Beitrag 40886)
Der Palettenausräumer im Supermarkt, der Frisör oder sonstige Billiglöhner können es sich auch nicht aussuchen, ob sie jetzt den Job machen oder nicht.

Genau da unterscheiden sich unsere Ansichten. Genau diese Entscheidungen müssen und können wir treffen. Und da Architekten im Gegensatz zum Palettenräumer weit mehr Qualifikationen aufweisen, sind die Möglichkeiten auch vorhanden. Wie Archimedes schon sagt, Konsequenz ist das Stichwort. Und konsequent zu sein, ist eben oft unbequem.

noone 15.09.2010 13:34

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Wie Archimedes schon sagt, Konsequenz ist das Stichwort. Und konsequent zu sein, ist eben oft unbequem.
Ich kann Deine Argumentation nachvollziehen, aber Du siehst das zu vereinfacht. Abgesehen davon, dass es weder inkonsequent noch bequem ist, aus Existenzängsten heraus einen schlechtbezahlten Job anzunehmen.

Du solltest es einfach mal aus einem anderen Blickwinkel heraus sehen: es gibt sehr viele Absolventen, die ein total unattraktives Profil haben, wenig oder keine Erfahrung, und schon sehr viele erfolgslose Bewerbungen geschrieben haben. Diese Gruppe ist bereit, für eine laue Bezahlung einen Job anzunehmen, um überhaupt mal Erfahrung sammeln zu können, um bei Bewerbungen interessanter zu werden. Und solange es diese Gruppe gibt, und keine Mindestlöhne, wird es in der Architektur diese Praktikas und Löhne geben.

leipziger 15.09.2010 15:10

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von noone (Beitrag 40891)
Du solltest es einfach mal aus einem anderen Blickwinkel heraus sehen: es gibt sehr viele Absolventen, die ein total unattraktives Profil haben, wenig oder keine Erfahrung, und schon sehr viele erfolgslose Bewerbungen geschrieben haben. Diese Gruppe ist bereit, für eine laue Bezahlung einen Job anzunehmen, um überhaupt mal Erfahrung sammeln zu können, um bei Bewerbungen interessanter zu werden.

Das stimmt. Wenn ich die Bewerbungen anschaue, die hier manchmal so rumflattern, wundere ich mich auch des öfteren. Und zwar nicht über die vielleicht suboptimale Papier- und Druckqualität.
Andererseits wundert mich, dass die Arbeit eines planenden Mitarbeiters mit 10 Jahren Berufserfahrung in den Augen vieler Chefs den gleichen Stellenwert geniest wie die Arbeit einer Studentin im 2. Semester. Klar zeichnen beide, aber irgendwer muss doch merken, dass es nicht auf die Anzahl der Striche oder Zeichnungen ankommt, sondern auf die Stimmigkeit des Werks. Der Erfahrene erstellt weniger Zeichnungen, aber genau die, die benötigt werden. Die inhaltliche Stimmigkeit (auch Übereinstimmung untereinander) ist weit höher als bei der Studentin.

Zitat:

Die große Mehrheit aller Planungen und Bauten liegen mit ihrem reelen künstlerischen Wert am unteren Ende. Klar, jeder Architekt hält sich für den großen Künstler, aber vieles da draussen wird dem Anspruch wirklich nicht gerecht.
Das sehe ich auch so. Wir sind letztlich Handlanger der Herstellerfirmen, wir müssen nur noch zusehen, dass die ganzen fertigen Produkte zusammen passen. Schlägt man dem Bauherrn vor, doch hier und da was individuell angefertigtes einzubauen (Tischlerarbeiten, Türen, Treppen...), oder z.B. einen etwas größeren Zugang oder höhere Räume zu bauen, erntet man Spott ohne Ende. Wenn es hingegen um irgendeine besondere Elektroleitung oder eine Wärmepumpe geht, ruft jeder Bauherr sofort, dass es das auch braucht, und zwar von Firma xyz.
Hinzu kommt, dass die sog. Wettbewerbe die Wertschätzung der Architektur in der Bevölkerung immer weiter nach unten ziehen:
Beispiel:
-Stadt lob Wettbewerb aus und gibt den Architekten einen Katalog mit Vorgaben, der bei ehrlicher Betrachtung eine eierlegende Wollmilchsau verlangt, natürlich mit unrealistischem Kostenrahmen
-Architekten denken sich was aus, die Ergebnisse sind alle ähnlich weil die Vorgaben letztlich zu eng waren
-Die Presse gibt das Lobgehudel der Architekten als Bauherrnzitat wieder
-Der Zeitungsartikel erweckt den Eindruck, als sei alles toll (wenn man nicht auf die Bilder schaut)
-Bei den normalen Leuten entsteht der Eindruck, dass alle Architekten immer den gleichen "Schrott" produzieren.
Dass das Ergebnis aber letztlich auf Bauherrnvorgaben beruht, und die Bauherrn damit letztlich mehr Einfluss auf die Architektur haben als die Architekten selbst, kommt in der Öffentlichkeit nicht an. Soll es aber auch nicht, weil dies dem Bauherrn schaden würde. Stattdessen sind es die Architekten, die unsere Umwelt aus Sicht der normalen Leute immer hässlicher machen.
Ein Problem ist dabei auch, dass die Öffentlichkeit gar nicht weiss, was Architekten wirklich machen, weil die Chefs sich nach Außen immer als abgefahrene Künstler aufspielen. Also ich finde es inzwischen peinlich, irgendwo zu sagen, dass ich Architekt bin.

Zitat:

Da wird nicht auf unwirtschaftl. Art gute Architektur gemacht, sondern auf unwirtschaftliche Art schlechte. Und das ist der Punkt, an dem es langsam richtig traurig wird ...
Bezogen auf den Architekten stimmt das.

Archimedes 15.09.2010 15:39

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von noone (Beitrag 40891)
Und solange es diese Gruppe gibt, und keine Mindestlöhne, wird es in der Architektur diese Praktikas und Löhne geben.

Auch hier gibt es mögliche KONSEQUENZEN:
Die eine Möglichkeit sind Mindestlöhne. Ich bezweifle aber, daß die die Lösung sind. Ich glaube, daß führt nur zur Verlagerung des Problems (mehr Bauzeichner/-techniker und weniger Architekten in den Büros).
Die andere Möglichkeit ist diese Gruppe kleiner werden lassen (Reduzierung von Studienplätzen bzw. Absolventen).
Eine weitere Möglichkeit ist, die Leute so gut auszubilden, daß sie sofort einen Marktwert haben.

Archimedes 15.09.2010 15:43

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von leipziger (Beitrag 40895)
Also ich finde es inzwischen peinlich, irgendwo zu sagen, dass ich Architekt bin.

Dafür schäme ich mich nicht. Man muß sich selbst ernstnehmen können und sich bemühen...damit fängt es schonmal an. Natürlich gibt es genügend "Pfeifen", die diesen Titel ebenfalls tragen, aber die sollten nicht der Maßstab sein. Gibt's aber in jeder Sparte.

Ich erzähle dennoch kaum Jemanden unaufgefordert was ich beruflich mache. Nicht weil ich meinen Job so dämlich finde, sondern weil ich es satt habe in meiner begrenzten Freizeit kostenlose Umbautipps und Statements zu irgendwelchen "geschmacklosen" Einfamilienhäuschen abzugeben.

Archiologe 15.09.2010 16:39

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von leipziger (Beitrag 40895)
Andererseits wundert mich, dass die Arbeit eines planenden Mitarbeiters mit 10 Jahren Berufserfahrung in den Augen vieler Chefs den gleichen Stellenwert geniest wie die Arbeit einer Studentin im 2. Semester. Klar zeichnen beide, aber irgendwer muss doch merken, dass es nicht auf die Anzahl der Striche oder Zeichnungen ankommt, sondern auf die Stimmigkeit des Werks. Der Erfahrene erstellt weniger Zeichnungen, aber genau die, die benötigt werden. Die inhaltliche Stimmigkeit (auch Übereinstimmung untereinander) ist weit höher als bei der Studentin.

Das liegt daran, dass sich der Chef nach seiner Studentenzeit zurücksehnt, wo er einfach mal so drauf los entwerfen konnte. Die theoretischen Entwürfe der Studenten sind oft schöner als die schnöde Alltagsarchitekturen in seinem Wald-und-Wiesen-Büro. Mein ehemaliger Prof. (ein konservativer Architekt im Berufsleben) hat mit seinen Studenten richtig die Sau rausgelassen. Ein unbaubaren Entwurf nach dem anderen von ihnen verlangt.


Zitat:

Zitat von leipziger (Beitrag 40895)
Ein Problem ist dabei auch, dass die Öffentlichkeit gar nicht weiss, was Architekten wirklich machen, weil die Chefs sich nach Außen immer als abgefahrene Künstler aufspielen. Also ich finde es inzwischen peinlich, irgendwo zu sagen, dass ich Architekt bin.

Tja, die Außendarstellung ist wirklich ein Problem. Viele haben einen Baudesigner vor Augen, der sich den ganzen Tag schöne Formen ausdenkt. Die anderen sehen im Architekten einen Bauunternehmer, der Häuser mit Sonderwünschen verkauft.
Über das Gehalt eines Architekten gibt es in der Bevölkerung (zum Glück) keine richtigen Vorstellungen. Nur, dass er ja viel verdienen muß- bei den Baupreisen. Es muss also ein Traumberuf sein - sehr gut bezahlt und dann noch kreativ! Leider ein Trugschluß!

Florian 15.09.2010 17:22

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Auch ich lehne es absolut ab, unterbezahlte Jobs anzunehmen, da dies den Markt versaut.
Aber was raten wir dem frischen Absolventen ohne Berufserfahrung?
Soll er wirklich lieber von Harz IV leben und auf die bessere Bezahlung hoffen, oder soll er den Job für 1500 EUR brutto annehmen?

Abgesehen, dass man mit 1500 EUR brutto am Ende mehr in der Tasche hat, als bei Harz IV, verhindert er Lücken im Lebenslauf und kann Berufspraxis sammeln.

Ich glaube jeder hier, der für sich selber sorgen muss, würde vermutlich die Zähne zusammenbeißen und die 1500 nehmen. Wer sich dann aber nicht um eine Verbesserung bemüht, der hat es auch nicht verdient.

noone 15.09.2010 21:41

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Aber was raten wir dem frischen Absolventen ohne Berufserfahrung?
Soll er wirklich lieber von Harz IV leben und auf die bessere Bezahlung hoffen, oder soll er den Job für 1500 EUR brutto annehmen?

Abgesehen, dass man mit 1500 EUR brutto am Ende mehr in der Tasche hat, als bei Harz IV, verhindert er Lücken im Lebenslauf und kann Berufspraxis sammeln.

Ich glaube jeder hier, der für sich selber sorgen muss, würde vermutlich die Zähne zusammenbeißen und die 1500 nehmen. Wer sich dann aber nicht um eine Verbesserung bemüht, der hat es auch nicht verdient.
da steckt viel Wahrheit drin....... ein weises Schlusswort vom Admin sozusagen.

Tom 15.09.2010 23:30

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Samsarah (Beitrag 40872)
Die Wertschätzung für die eigene Arbeit beginnt doch bei mir selbst. Solange sich die Absolventen und jüngeren Architekten zu Praktikantenkonditionen verheizen lassen ...

Samsarah, ich weiß, es ist ein oft geäußerter Gedanke, dass die vielen unterbezahlten Planer selbst schuld sind an ihrer Lage. Und tatsächlich gibt es eine Art Strudel nach unten: Die Arbeitsgeber loten die Schmerzgrenze nach unten aus. Aber die strukturellen Ursachen für die Misere liegen woanders, den Schuh müssen sich die Leute, die in ihrem erlernten Beruf arbeiten wollen, nicht anziehen! Oder sind die Arbeitnehmer in anderen Dumping-Branchen auch alle selbst schuld an den Verhältnissen, weil sie einfach nicht von der fixen Idee lassen wollen, mit Arbeit ihr Geld zu verdienen?

Das impliziert ja u.a. auch, dass als Architekten ausgebildete Leute völlig frei sind, irgendwelche anderen Berufe zu ergreifen. Zu Zeiten des Dot-Com-Booms haben ja tatsächlich manche Leute das Architekturstudium als eine generalistische Idealausbildung gepriesen, die Tore in alle Richtungen öffnet. Ich habe schon länger keinen mehr gehört, der diese Meinung vertritt. Es gibt einfach viele andere interdisziplinäre Bildungsangebote, die methodisch, inhaltich weit besseres Rüstzeug bieten für eine kulturelle Crossover-Karriere.

Zurück zum Punkt und zur Selbst-Wertschätzung: Glaube mir, die ist bei mir in wunderbarer Weise gegeben. Aber die Hire-and-Fire-Mentalität in der Architektur-Branche ist nicht in Ordnung. Das Lohnniveau könnte etwas besser sein, wenn sich die Unternehmensführer mit Fragen der Wirtschaftlichkeit und eines nachhaltigen Managements seriöser auseinandersetzen würden und sich heute schon zaghafte Gedanken machen würden, mit was sie morgen vormittag Geld verdienen möchten.

T.

Tom 15.09.2010 23:57

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von leipziger (Beitrag 40895)
Ein Problem ist dabei auch, dass die Öffentlichkeit gar nicht weiss, was Architekten wirklich machen, weil die Chefs sich nach Außen immer als abgefahrene Künstler aufspielen. Also ich finde es inzwischen peinlich, irgendwo zu sagen, dass ich Architekt bin.

Ich teile die (auch in den vorherigen Absätzen geäußerte) pessimistische Sicht auf den Berufsstand überhaupt nicht. In den letzten 10-15 Jahren hat sich vieles zum Besseren geändert. Das allgemeine Bewusstsein für den Stellenwert (bau-) kultureller Fragen hat sich enorm entwickelt; die kruden Banausen auf Seiten der Bauherrn, Fachplaner, Ausführenden sind viel seltener anzutreffen, wenn überhaupt noch nennenswert vorhanden. Ich mache die Erfahrung, das man mit architektonischem Anspruch heute viel öfter offene Türen einrennt als noch vor ein paar Jahren.

Meine Maßstäbe für gute Architektur sind dabei ganz bodenständig. Mir ist es viel wichtiger, dass in der Fläche auf gutem Niveau gebaut wird, als das Durchschnitts-Entwerfer Star-Architekt spielen.

T.

Tom 16.09.2010 00:10

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Archimedes (Beitrag 40878)
Mag sein. Ich lese hier viermal "wirtschaftlicher", aber keine einzige Anregung, wie so etwas aussieht. Das ist das theoretische Denken was im Büroalltag durch praktische und umsetzbare Lösungen ersetzt werden muß. Sonst kann der Angestellte auch nur theoretisch mehr Gehalt verlangen, aber nicht tatsächlich.

Ich will nicht auf alles antworten, was Du so verlauten lässt, aber der Versuch mich als reinen Theoretiker zu brandmarken, entlockt mir mir ein süßes Schmunzeln. Wenn Du ein Büro selbst führst (schließe ich aus Deinen chefmäßigen Statements), weißt Du genau, von welchen unprofitablen Projektgrößen und Bauaufgaben ich rede - von denen Du konsequenter Weise (sic!) die Finger lassen solltest. Wer von den Chefs der 5-Mitarbeiter-Büros hat denn ein qualifiziertes Konzept, in welchen Marktsegmenten mit welchen Strategien er wie Aufträge akquiriert? Wo ist denn ein Konzept zur mittel- und längerfristigen Personalentwicklung? Wo ist denn ein unternehmerisches Verständnis für die Reibungsverluste und Ineffizienz, die die große Fluktuation in Architekturbüros mit sich bringt?

Bitte nicht meinen, dass ich mich in eigener Sache beklage - dafür habe ich meinen Frisör.

T.

maestro 16.09.2010 09:31

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Tom (Beitrag 40914)
Wer von den Chefs der 5-Mitarbeiter-Büros hat denn ein qualifiziertes Konzept, in welchen Marktsegmenten mit welchen Strategien er wie Aufträge akquiriert? Wo ist denn ein Konzept zur mittel- und längerfristigen Personalentwicklung? Wo ist denn ein unternehmerisches Verständnis für die Reibungsverluste und Ineffizienz, die die große Fluktuation in Architekturbüros mit sich bringt?

Da wirst du sicherlich Recht haben, denn die meisten dieser Chefs haben doch auch Architektur studiert und von dem marktwirtschaftlichen entsprechend wenig Ahnung. Und bei fünf Mitarbeitern ist ohnehin fraglich, ob es jemanden gibt, der solche Konzepte entwickeln kann.

noone 16.09.2010 10:04

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Richtig. Welcher Architekt macht denn ein Business-Plan, bevor er die eigene Firma gründet? Wer geht zum Unternehmensberater? Wer engagiert eine PR-Agentur? Wer lässt sich eine professionelle Web-Seite (bei Unternehmensgründung) programmieren? Wer macht sich Gedanken über Werbematerial, Aquisestrategien? Wer investiert in Fachfremde Angestellten aus dem Wirtschaftssektor zur Umsatz- und Gewinnoptimierung bzw. wer stellt Controller ein?

Alle diese Mankos, die Hand in Hand mit der grenzenlosen "ich kann alles" - Architektenselbstüberschätzung einhergehen, führen dazu, dass Architekturbüros nicht wirtschaftlich arbeiten.

Erst mit der gewissen Grösse, wenn es alles zuviel für den einen Chef wird, werden professionelle Ratschläge eingeholt, die Schritt für Schritt zur Optimierung des Unternehmens führen.

leipziger 16.09.2010 10:27

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
zu #66
Können die ewig gleichen weißen Fassaden mit Wärmedämmverbundsystem und irgendwelchen schmalen hochkanten Fenstern, dazu ein immer gleiches Flachdach, wirklich als qualitätvolle Architektur gelten? Wird die Wahrnehmung spätestens in 20 Jahren nicht die gleiche sein, die wir heute von der Durchschnittsarchitektur der Zeit um 1970 haben?
Welchem Architekt gelingt es, Qualitäten durchzusetzen, die erkennbar mehr als Minimal-Standard sind? Ich bin der Auffassung, dass die Bauten der 80er und frühen 90er Jahren (in Westdeutschland) höherwertiger sind/waren wie das, was derzeit landläufig entsteht, gerade was das Bauen in der Stadt (Einbindung in die Nachbarschaft...) betrifft.

Um zum Thema Wettbewerbe noch konkreter zu werden: Wir haben mehrfach erlebt, dass reine Fassadenwettbewerbe ausgelobt wurden, bei denen die kompletten Grundrisse und ein extrem enger Kostenrahmen vorgegeben waren. Bei zwei von drei Wettbewerben dieser Art kam hinterher raus, dass das Architekturbüro des Investors, das schon die Grundrisse geplant hatte, rein zufällig auch die "beste" Fassade entworfen hatte. Macht ein solcher Wettbewerb Sinn? Muss man das als Architekt selbst vorher erkennen und dann erst gar nicht mitmachen? In der Presse ist dies freilich verschleiert worden.

Jetzt aber gerne wieder zurück zum Kernthema.

Archimedes 16.09.2010 10:50

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Tom (Beitrag 40914)
Ich will nicht auf alles antworten, was Du so verlauten lässt, aber der Versuch mich als reinen Theoretiker zu brandmarken, entlockt mir mir ein süßes Schmunzeln. Wenn Du ein Büro selbst führst (schließe ich aus Deinen chefmäßigen Statements), weißt Du genau, von welchen unprofitablen Projektgrößen und Bauaufgaben ich rede - von denen Du konsequenter Weise (sic!) die Finger lassen solltest.

Es geht nicht hier um Leute als Theoretiker abzustempeln oder zum Schmunzeln anzuregen, auch wenn hier sehr viel Theorie in der Diskusiion ist, aber die konkreten Vorschläge bleiben wir uns hier alle schuldig. Es ist sehr viel Wischi-Waschi und gleicht stark dem was wir täglich von der Regierung hören, wenn sei seit Jahren von "mehr netto vom brutto" spricht, aber das entsprechende Handeln fehlen läßt.

Mit Fingern auf Probleme zu zeigen, aber dann Antworten schuldig zu bleiben ist leider so eine deutsche Mentalität.

Leider gibt's es hier im Forum sehr wenige Leute, die das Ganze auch aus Arbeitgebersicht beurteilen und beantworten können. Dafür umso mehr, die sich als Angestellte schlecht behandelt fühlen und gerne den schwarzen Peter in den Chefetagen suchen.

Ich frage daher nochmal:

Wie sieht das Rezept und wie sehen die Konsequenzen aus?

Hat hier Jemand das Kapital, die Idee und das Backgroundwissen um das perfekte Architekturbüro aus dem Boden zu stampfen???
Mit eigenem Controlling, Administator, Personalabteilung, Wirtschaftberatern, Webdesignern, PR-Abteilung, Rechtsanwälten, betriebseigenen Psychologen und Physiotherapeuten am Arbeitsplatz, welches mit 50 gut ausgebildeten Architekten und Fachleuten lukrative Großprojekte bearbeitet, hervorragende Architektur macht, bestens zahlt, wo keine Überstunden anfallen, immer genug zu tun ist und welches ständig auf dem neuesten Stand ist?

Nein? Dann fragt Euch mal wie alles irgendwann mal angefangen hat.
:D

Besser machen!

k-roy 16.09.2010 11:21

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Meine Vorschläge:
-Kurse in Mitarbeiterführung, Betriebswirtschaft, "Ausbilderschein" etc als Grundlage vor der Büroeröffnung, vergleiche Handwerksberufe!
-Mehr Zeit in digitale Strukturen investieren, um Bürowissen und Ablage zu optimieren.
-Zeichenprogramme einsetzen, die den besten Workflow über alle Leistungsphasen haben (Revit, Archicad), parametrisiert arbeiten.
-nur bezahlte/eingeladene Wettbewerbe machen, keine offenen

Archimedes 16.09.2010 11:34

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Jetzt bekommt das ganze etwas mehr Tiefe. ;)

Zitat:

Zitat von k-roy (Beitrag 40920)
Meine Vorschläge:
-Kurse in Mitarbeiterführung, Betriebswirtschaft, "Ausbilderschein" etc als Grundlage vor der Büroeröffnung, vergleiche Handwerksberufe!

Das finde ich richtig und sinnvoll. Die regelmäßige Weiterbildung bei Mitarbeiterführung wäre sicher auch gut. Man sollte nur bei Dingen vor oder während Büroeröffnung bedenken, daß diese vorfinanziert werden wollen und das in einem Zeitram wo Einnahmen oft fehlen und die Suche nach den Einstiegsprojekten ebenfalls wichtig ist, denn ohne Aufträge kann man es gleich bleiben lassen.
Zum Vergleich Handwerksberufe: Wer sich schon über schlechte Behandlung in Büros beschwert, der darf in viele Handwerksbetriebe erst gar nicht reinschauen, trotz absolvierter HWK-Kurse.


Zitat:

Zitat von k-roy (Beitrag 40920)
-Mehr Zeit in digitale Strukturen investieren, um Bürowissen und Ablage zu optimieren.

Wird heute hoffentlich jeder machen....die Zeit dafür muß irgendwo freigeschaufelt werden.

Zitat:

Zitat von k-roy (Beitrag 40920)
-Zeichenprogramme einsetzen, die den besten Workflow über alle Leistungsphasen haben (Revit, Archicad), parametrisiert arbeiten.

Klar, sowieso.

Zitat:

Zitat von k-roy (Beitrag 40920)
-nur bezahlte/eingeladene Wettbewerbe machen, keine offenen

Das bedeutet erstmal gar keine Wettbewerbe machen, denn bevor man eingeladen oder bezahlt wird, muß man was vorzuweisen (Referenzen) haben.

noone 16.09.2010 14:03

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

aber dann Antworten schuldig zu bleiben ist leider so eine deutsche Mentalität.
Zitat:

Wer sich schon über schlechte Behandlung in Büros beschwert, der darf in viele Handwerksbetriebe erst gar nicht reinschauen, trotz absolvierter HWK-Kurse.

Das Entschuldigen von Missständen durch anderer ist meiner Meinung nach genauso deutsch. Wir können uns einer Diskussion nicht verwehren, indem wir Missstände mit Missständen entschuldigen. Hierzu gehört wie schon oft von mir angesprochen - wenig Gehalt durch schlechte Honorarvertragslage zu entschuldigen.

Meine konkreten Vorschläge:

1. Controlling vom Tag 1 der Bürogründung machen: auch wenn man keine fundierten betriebswirtschaftlichen Kenntnisse hat, und sich auch keinen Controller leisten kann, zumindest projektbezogene Kostenstände und Ressourcenplan sowie investierte Kosten bzw. Arbeitsstunden festhalten, damit man eine Übersicht hat, ob man überhaupt gewinnbringend arbeitet.

2. Verlustbringende Projekte möglichst schnell abschliessen bzw. wenn möglich - aussteigen. Es gibt immer wieder Projekte, die durch ihre Art bzw. Auftraggeber keine Möglichkeit eines Gewinns zulassen.

3. Keine Planung auf Kulanz - oft als "Aquise" ausgewiesen. Alle Planung muss bezahlt werden, und vorab eine kleine Summe für den "Vorentwurf" - ca. 500-1.000 € zeigen schnell, wie seriös ein "potenzieller Kunde" ist. Es gibt zu viele Menschen, die um die Aquisebegeistertheit von Archis wissen und dies schamlos ausnutzen.

4. Die Auftrags- und Umsatzlage realistisch analysieren, und Bürostruktur und Mitarbeiter demnach anpassen.

5. Ablage, Digitale Strukturen und Bürowissen sind ein Fass ohne Boden. - Man kann jahrelang darüber philosophieren, in welcher Art und Weise Projekte dokumentiert und archiviert werden. Wie oft habe ich tonnenweise Stunden in Archivierung von Herstellerkatalogen mit entsprechenden Listen (und regelmässiger Re- Organisation des Archivs) begraben? Wichtig ist allein, das Projekt lückenlos zu dokumentieren, Absprachen schriftlich festzuhalten, und vor allem Planstände als PDF oder in Papierform regelmässig zu sichern.


Ich kann die Perspektivenunterschiede von Chef und Angestelltem als Projektleiter nachvollziehen, es ist aber im Umkehrschluss auch wichtig, als Chef wie als Mitarbeiter, von dem Know-How der Angestellten zu profitieren und auch sich selbst weiterzuentwickeln. Nichts ist schädlicher, als anzunehmen, man mache alles perfekt und jeder muss sich dem anpassen. Dazu gehört auch, dass wir aufgrund unseres stetig fortschreitenden Alters den Ideenaustausch mit jüngeren brauchen.

Archimedes 16.09.2010 16:29

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von noone (Beitrag 40924)
Hierzu gehört wie schon oft von mir angesprochen - wenig Gehalt durch schlechte Honorarvertragslage zu entschuldigen.

Die aber nunmal durch HOAI Mindest-und Höchstsätze vorgeschrieben ist und nur bedingt beeinflußt werden kann.

Zitat:

Zitat von noone (Beitrag 40924)
1. Controlling vom Tag 1 der Bürogründung machen: auch wenn man keine fundierten betriebswirtschaftlichen Kenntnisse hat, und sich auch keinen Controller leisten kann, zumindest projektbezogene Kostenstände und Ressourcenplan sowie investierte Kosten bzw. Arbeitsstunden festhalten, damit man eine Übersicht hat, ob man überhaupt gewinnbringend arbeitet.

Das ist enorm wichtig. Allerdings muß man sich selbst mal ausrechnen, wieviel Zeit man im Büro sitzt um eine Arbeitsstunde abrechnen zu können. Das Controlling hilft nur, wenn es auch etwas zu controllen gibt. Denn einen großen Controlling-Apparat aufzubauen bevor man was verdient, kann dazu führen, daß man zwar bestens aufgestellt und organisiert ist, aber null Einnahmen hat.

Zitat:

Zitat von noone (Beitrag 40924)
2. Verlustbringende Projekte möglichst schnell abschliessen bzw. wenn möglich - aussteigen.

Das geht kaum, denn man kann nicht bei allen Projekten im Voraus ahnen was da noch kommt. Alles ablehnen geht auch nicht, denn sonst lassen wir es ganz. Also muß man begonnene Projekte zumindest bis zum Abschluß gewisser Lesitungsphasen bzw. nach Vertrag durchziehen und darf nicht an der Qualität der Betreuung oder z.B. Bauleitung abspecken, denn das wird gerade bei speziellen Autraggebern zum Bumerang. Wenn man grundsätzlich kleine Projekte ablehnt, dann macht man sich gerade in einer "dünnbesiedelten" Regionen gleich einen Namen als junger Architekt auf hohem Roß und wird schnell nicht mehr nachgefragt, obwohl es auch kleinere Projekte gibt, die durchaus interessant und gleichzeitig noch lukrativ sind.




Zitat:

Zitat von noone (Beitrag 40924)
3. Keine Planung auf Kulanz - oft als "Aquise" ausgewiesen. Alle Planung muss bezahlt werden, und vorab eine kleine Summe für den "Vorentwurf" - ca. 500-1.000 € zeigen schnell, wie seriös ein "potenzieller Kunde" ist. Es gibt zu viele Menschen, die um die Aquisebegeistertheit von Archis wissen und dies schamlos ausnutzen.

Vollkommen richtig und trotzdem auch hier eine Einschränkung. Gerade potente Kunden finden es geradezu lächerlich, wenn der Architekt nach ein paar Stunden schon die erste Rechnung schickt und vermuten dann, daß der Architekt selbst nicht potent genug ist um eine gewisse Vorleistung zu erbringen. Das kann dazu führen, daß man sich als Kunde neu orientiert.

Zitat:

Zitat von noone (Beitrag 40924)
Wichtig ist allein, das Projekt lückenlos zu dokumentieren, Absprachen schriftlich festzuhalten, und vor allem Planstände als PDF oder in Papierform regelmässig zu sichern.

Uneingeschränkte Zustimmung.

Zitat:

Zitat von noone (Beitrag 40924)
Dazu gehört auch, dass wir aufgrund unseres stetig fortschreitenden Alters den Ideenaustausch mit jüngeren brauchen.

Most important!!!
...aber wir wissen ja, wie schwer das Leuten in unserem Alter fallen kann. :D

Tom 17.09.2010 22:43

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Archimedes (Beitrag 40918)
Mit Fingern auf Probleme zu zeigen, aber dann Antworten schuldig zu bleiben ist leider so eine deutsche Mentalität.
...
Besser machen!

Was lässt Dich glauben, dass manche hier es tatsächlich nicht schon besser machen? Im Übrigen: Die theoretische Analyse ist ein, die konkreten Antworten sind ein anderer Thread.

Es ist ein simples (und dabei nicht feines) rhetorisches Mittel, grundsätzliche Kritik mit dem Hinweis zu ersticken, dass das 10-Punkte-Programm zum instantanen Ändern der Umstände nicht gleich mitgeliefert wird. Nach dem Motto: Wenn Du nicht weißt, wie wir die Probleme lösen können, behalte sie bitte für Dich. Ich erkenne darin keinen Ausdruck von Souveränität.

Dabei sind die meisten konkreten Schlussfolgerungen trivial: Basis-BWL muss Bestandteil des Architekturstudiums werden. Die Kammer muss die unternehmerische Qualifikation ihrer Mitglieder stärker fördern. Die Kammer könnte Rahmenverträge mit den großen Consultingfirmen aushandeln. Die Kammer könnte wiss. Stipendien vergeben für Leute, die die wirtschafl. Strukturen von Architekturbüros fundiert beleuchten. Klar ist nämlich an den seltsamen Mechanismen der Branche bisher noch nicht vieles.

Von allem ab: Es ist jetzt schon kein Problem, externes Unternehmer-Know-How auch in kleine Büros hineinzubringen. Gegen die Angst vor Controlling gibt es evtl. schon bald eine geeignete Therapie ...

Natürlich ist die Unternehmer-Seite nur eine von mehreren, aber m. E. eine wichtige & bisher vernachlässigte.

T.

Archimedes 18.09.2010 09:06

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Tom (Beitrag 40950)
Was lässt Dich glauben, dass manche hier es tatsächlich nicht schon besser machen? Im Übrigen: Die theoretische Analyse ist ein, die konkreten Antworten sind ein anderer Thread.

...und wer sagte, daß es hier nur um Theorie geht? Das Thema des Threads beinhaltet diese Aussage nicht. Ich denke ohnehin, daß Einiges besser ist, wie es hier dargestellt wird und das hier sehr negative Beispiele in die Breite gezogen werden.

Zitat:

Zitat von Tom (Beitrag 40950)
Die Kammer könnte Rahmenverträge mit den großen Consultingfirmen aushandeln.

Große Consultingfirmen, die dann Rezepte für kleine Büros anbieten???
Na, ich weiß nicht.


Zitat:

Zitat von Tom (Beitrag 40950)
Gegen die Angst vor Controlling gibt es evtl. schon bald eine geeignete Therapie ...

Die wie aussehen könnte?
Ich weiß nicht ob es überhaupt Angst vor Controlling gibt. Es geht eher darum, daß neben dem Controlling noch Zeit zum Arbeiten bleibt. Denn Kontrollieren lohnt nur, wenn da was kontrollierbares geleistet wird.

Samsarah 18.09.2010 10:54

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Archimedes (Beitrag 40954)
Ich weiß nicht ob es überhaupt Angst vor Controlling gibt. Es geht eher darum, daß neben dem Controlling noch Zeit zum Arbeiten bleibt. Denn Kontrollieren lohnt nur, wenn da was kontrollierbares geleistet wird.

Ich würde es nicht Angst nennen, sondern eher Ignoranz. Ich habe immer wieder erlebt, dass alles, was dem künstlerischen Schaffen nicht direkt dienlich erscheint, mit einer Handbewegung als Firlefanz weggewischt wird.

Archimedes 18.09.2010 13:02

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Zitat von Samsarah (Beitrag 40955)
Ich habe immer wieder erlebt, dass alles, was dem künstlerischen Schaffen nicht direkt dienlich erscheint, mit einer Handbewegung als Firlefanz weggewischt wird.

Ich glaube nach wie vor, daß hier den meisten Büros etwas unterstellt wird, was es in diesem Masse schon lange nicht mehr gibt. Es gibt natürlich überall Ausnahmen.

Wer heute sein Büro nicht ordentlich organisiert und unter betriebswirtschaftlichen Gesichtpunkten führt, der ist schnell wieder weg vom Markt. Ich denke, daß die meisten Büroinhaber in den Bereich Büroorganisation wesentlich mehr Zeit investieren, als das für den Angestellten oder den Aussenstehenden zu erkennen ist. Natürlich muß so etwas wie Organisation wachsen und an die Bürogröße bzw. Auftragslage adaptiert werden. Was einfach nicht funktioniert ist erst den Wasserkopf aufbauen und dann auf Aufträge hoffen. Es muß zuerst Arbeit da sein und dann muß man sich um die Organisation kümmern. Gewisse Grundlagen kann man sicher vorher schon schaffen.
Es lassen sich aber sicher nicht Strukturen aus großen Unternehmen so leicht auf kleine und mittelgroße Architekturbüros adaptieren. Das halt ich für Träumerei. Auch das Beraten durch externe Firmen kann ich mir nur bedingt vorstellen, weil die sich wohl eher an größeren Strukturen orientieren und die Abläufe in Planungsbüros nunmal nicht so regelmäßig und konstant sein können, wie in einem Produktionsbetrieb. Man sollte es jedoch nicht pauschal ablehnen, sondern den Versuch starten. Wenn Architekturbüros allerdings genauso konsequent und rigoros erfolgreich agieren würden, wie z.B. börsennotierte Großkonzerne, dann wäre der einzelne Mitarbeiter sicherlich ein größerer Spielball, als das heute der Fall ist. Bei solchen Unternehmen zeigt sich der Erfolg am Aktienkurs und der schnellt bei Lohnkürzungen und Entlassungen meist nach oben.
Wollen wir dahin? Ich denke, daß dieser Weg den Angestellten schwer fallen würde, als den Inhabern.
Man sollte sich in der Diskussion (theoretisch oder nicht) immer alle Aspekte anschauen und nicht nur die, die gerade gut zur Stimmungsmache sind, wie margere Gehälter oder eventuelle Überstunden.
Wenn ich schreibe "besser machen", dann richtet sich das an jene Angestellte, die glauben sie könnten ihren Bossen etwas vormachen. Ausschließen will ich das gar nicht, aber dann sollten sie auch die anderen Parameter, die das Chef oder selbständig sein mit sich bringt, berücksichtigen.

noone 18.09.2010 15:05

AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?
 
Zitat:

Wer heute sein Büro nicht ordentlich organisiert und unter betriebswirtschaftlichen Gesichtpunkten führt, der ist schnell wieder weg vom Markt. Ich denke, daß die meisten Büroinhaber in den Bereich Büroorganisation wesentlich mehr Zeit investieren, als das für den Angestellten oder den Aussenstehenden zu erkennen ist. Natürlich muß so etwas wie Organisation wachsen und an die Bürogröße bzw. Auftragslage adaptiert werden. Was einfach nicht funktioniert ist erst den Wasserkopf aufbauen und dann auf Aufträge hoffen. Es muß zuerst Arbeit da sein und dann muß man sich um die Organisation kümmern. Gewisse Grundlagen kann man sicher vorher schon schaffen.
Es lassen sich aber sicher nicht Strukturen aus großen Unternehmen so leicht auf kleine und mittelgroße Architekturbüros adaptieren. Das halt ich für Träumerei. Auch das Beraten durch externe Firmen kann ich mir nur bedingt vorstellen, weil die sich wohl eher an größeren Strukturen orientieren und die Abläufe in Planungsbüros nunmal nicht so regelmäßig und konstant sein können, wie in einem Produktionsbetrieb.
Controlling lässt sich auf Unternehmen aller Grössen und Gewerbe anwenden. Wichtig ist, die Grundlagen des Controlling zu kennen. Es geht nicht darum, mehr Zeit zur Projektkontrolle als für die Projekte aufzuwenden, sondern darum, mit einiger Grundkenntniss die Kontrolle über die Wirtschaftlichkeit von Projekten zu übernehmen. Würde man eine Umfrage in den Büros durchführen, würden bestimmt 75% oder mehr der Inhaber antworten, dass sie ihr Büro gut organisiert haben und unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten führen. Würde man dann ein paar tiefergehende Fragen stellen, würde sich schnell zeigen, dass die genannten betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten mehr eine leere Floskel sind. Man kann einfaches Controlling mit diverser einfachen Software betreiben, ohne einen Wasserkopf an Verwaltung zu haben. Wir sollten einfach keine Angst haben, uns auf den unbekannten Terrain der BWL zu begeben. In den Kammerzeitschriften sind immer wieder in der Praxis-Rubrik gute Beispiele von Inhabern, die entsprechende Fortbildungen gemacht haben und Tips geben.

Handwerksbetriebe z.B., die auf ausgeschriebene Positionen ein bestimmtes Budget haben, müssen auch ihre Ressourcen auf diese Positionen verteilen. Es geht im Prinzip immer darum, Phasen zu budgetieren, das Budget in Stunden umzulegen, und die bereits geleistete Arbeiten zu erfassen, um zu sehen, ab wann man in einen defizitären Bereich abgleitet. Man kann dadurch seine Projekte managen. Wenn Du das mal mit 3-5 Projekten durchgezogen hast, stellt sich auch in den einzelnen Phasen automatisch ein Workflow ein. Die Arbeitsweise wird automatisch besser, macht man kein Controlling, hat man einfach diese Sachen nicht im Blick und handelt dementsprechend unwirtschaftlich.

Du kannst mit relativ bescheidenen Mitteln wie z.B. open project oder open Workbench deine Projekte durchorganisieren, Ressourcen bzw. Mitarbeiter mit Stundensätzen hinterlegen und den einzelnen Aufgaben zuordnen.

Die Beispielprojekte zeigen gut auf, dass man für alle Branchen bzw. Dienstleistungen ein effektives Controlling machen kann.

Meiner Meinung nach ist es für die Architekturbranche wie Samsarah schreibt, typisch, alles unkünstlerische mit einer gewissen Überheblichkeit ignoriert wird, die Folge sind das unwirtschaftliche Arbeiten und die fehlende Gewinnoptimierung.


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