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bimfood 15.03.2013 17:15

Auf dem Weg in die Selbstständigkeit
 
Die ersten kleinen Projekte sind da, die ersten Kontakte sind enstanden und
offenbar "belastbar" und ausbaufähig, sodass eine "glaubwürddige" Perspektive
besteht sich selbstständig zu machen.

Gleichzeitig reicht das was für den Moment da ist noch nicht vollständig aus
um gänzlich aus eigenen Stücken gut zu Leben.

Die Stimmung bei dem ein oder anderen potentiellen Partner ist auch ähnlich.

Stellt sich die Frage wie es anzugehen ist. Wie die Phase des Überganges
zum eigenen Büro gestaltet wird.

Dazu würden mich Erfahrungsberichte Interessieren.

Kieler 15.03.2013 17:23

AW: Auf dem Weg in die Selbstständigkeit
 
wir haben uns aus der freien Mitarbeit heraus immer weiter verselbständigt,
füllen aber auch heute noch Lücken mit Zuarbeit.
Da man ja bei eigenen Projekten immer in Vorleistung geht, ist es schwer ohne
Kapital einfach so ein Büro zu starten. Räume, Versicherungen, Hardware,
Software usw. verursachen von Anfang an Kosten, nicht erst wenn die erste
Rechnung bezahlt wird.
Danach haben wir eigentlich jahrelang unsere Überschüsse (wenn es denn
welche gab) wieder in die Ausstattung des Ladens gesteckt. Geld haben wir
dafür nicht aufgenommen, das hat eigentlich ganz gut geklappt.

Archimedes 15.03.2013 20:57

AW: Auf dem Weg in die Selbstständigkeit
 
Ich habe am Anfang schon etwas Fremdkapital gebraucht, welches ich allerdings innerhalb der ersten 18 Monate meiner Selbständigkeit voll zurückzahlen konnte.

Ich kann nur sagen, dass die wichtigsten Dinge gute Laune, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Durchhaltevermögen und nicht zu vergessen auch eine Portion Glück gewesen sind, die mich durch die ersten Jahre gebracht haben.

Archiologe 16.03.2013 10:53

AW: Auf dem Weg in die Selbstständigkeit
 
Zitat:

Zitat von Archimedes (Beitrag 49734)
Ich habe am Anfang schon etwas Fremdkapital gebraucht, welches ich allerdings innerhalb der ersten 18 Monate meiner Selbständigkeit voll zurückzahlen konnte.

Über welche Summe sprechen wir dabei? Eigentlich sollte doch jeder ein bißchen gespart haben. Oder ist es >20.000 Euro?

Archimedes 16.03.2013 11:34

AW: Auf dem Weg in die Selbstständigkeit
 
Zitat:

Zitat von Archiologe (Beitrag 49735)
Über welche Summe sprechen wir dabei? Eigentlich sollte doch jeder ein bißchen gespart haben. Oder ist es >20.000 Euro?

Nein, weniger als 20.000 Euro. Man sollte sich gut überlegen, ob man privates Erspartes einsetzt. Ich habe von Anfang an privates und geschäftliches Geld (Kontoführung) getrennt.
Außerdem wie spart man als Architekt???
Zumindest wenn man sich privat auch was aufbaut (also Haus, Familie, etc.) wird es mit Rücklagen schwierig.

bimfood 16.03.2013 21:56

AW: Auf dem Weg in die Selbstständigkeit
 
Danke für die Antworten.

Die "Kieler-Methode" gefällt mir.

Ich stelle mir einen langsamen Einstieg vor. Während der ersten Zeit
auch noch für andere Büros als freelancer zu arbeiten. Kontankte
diesbezüglich sind hinreichend vorhanden. In kleinen Schritten eigene
kleine Projekte bearbeiten, die auch langsam eintrudeln.
NUR: Wie fängt man sie, die dicken Fische. Einfach anrufen und nach
einem Auftrag fragen? Eine Idee ausformulieren und Klinken putzen gehen?
...?

Archimedes 17.03.2013 10:01

AW: Auf dem Weg in die Selbstständigkeit
 
Zitat:

Zitat von bimfood (Beitrag 49742)
Ich stelle mir einen langsamen Einstieg vor. Während der ersten Zeit
auch noch für andere Büros als freelancer zu arbeiten. Kontankte
diesbezüglich sind hinreichend vorhanden.

Dann mußt Du nur genügend Büros haben, die Dir gegenüber wohlgesonnen sind und nicht in Dir eine Konkurrenz erwachsen sehen, sonst ist es mit dem "Freelancen" vielleicht nicht mehr so rosig.

Auf die etwas "dickeren Fische" mußt Du evtl. die ersten 2-5 Jahre warten, denn Du mußt Dich wohl erstmal an kleineren Projekten beweisen und Dich "hocharbeiten". Warum sollte Jemand einem jungen und unerfahrenen Architekten eine große Investition anvertrauen, wenn es Land auf, Land ab genügend Büros mit nachgewiesener Erfahrung gibt?

Kieler 17.03.2013 10:38

AW: Auf dem Weg in die Selbstständigkeit
 
seh ich auch so, große Fische folgen den Kleinen, machmal ist es sogar die
gleiche Familie ;)

Archiologe 02.04.2013 14:48

AW: Auf dem Weg in die Selbstständigkeit
 
Aus einem anderen Forum habe ich mal diesen Erfahrungsbericht von "gtmi" hierher kopiert.
Scheint u.a. eine schlüssige Aufzählung der Kosten eines 1-Mann-Büros zu beinhalten:

Zitat:

Von gtmi: Was kostest ein Architekturbüro?

Hallo zusammen,

zu mir : Architekt (Einzelkämpfer), 45 Jahre alt und selbstständig, Familie, 3 Kinder, Diplom 1997. Selbstständig seit 2006 - Umsatz i.M. 50.000 € / a

Nachdem ich zufällig und unvoreingenommen viele negative Beiträge gelesen habe, möchte - die Bezahlung nicht als primäres Thema - mal was Positives loslassen zu meiner persönlichen Wertschätzung des Architekten.

Nach meinem Verständnis ist ein Architekt - im Unterschied zum angestellten Ingenieur / BA - selbständiger Unternehmer, der auf eigenes Risko arbeitet.
Diese selbstständige und freiberufliche Tätigkeit sollte m.E. eigentlich im Blick eines Studienanfängers sein, und nicht das hier oft beschriebene Berufziel einer zermürbenden Tätigkeit bis ans Lebensende , die weder Spass noch Geld bringt.

Nur dann kann man auch entsprechendes Geld verdienen - wie in den meisten anderen Jobs auch.

Nicht jeder kann und will das. Das Klischee vom schrullig/aggessiven schwarzen Mann mit Porsche / Zigarillo und entsprechendem Auftritt in allen Gremien ist m.E. nicht ganz falsch : man muss verkaufen können / wollen, entscheiden, sein Ding durchbringen wollen. (auch ohne Porsche)

Das betrifft nicht nur den großen Wurf (Planung / Fassade ... etc.) sondern vor allem die technischen Entscheidungen und Aussagen zu Kosten vor Bauherren.
Wenn man es geschafft hat (... einen Bauausschuss vom Entwurf und dem Budget überzeugen ... Ergebnis : Beschluss den Auftrag zu erteilen ...) geht es einem richtig gut und der Beruf bringt einem eine ganz besondere persönliche Genugtuung.

Wer eher zu den zurückhaltenden Vertretern gehört und keine Verantwortung übernimmt, schont sich vielleicht, wird aber - zumindest in dieser Branche - nur in der zweiten Reihe stehen und diese Erlebnisse nicht haben - wie in den meisten anderen Jobs auch.

Ich denke in kaum einer anderen Disziplin ist die Möglichkeit für die freiberufliche Tätigkeit so gut wie hier, da das Architekturstudium eigentlich einen Generalisten hervorbringen sollte.
Viele Kollegen malen schliesslich keine bunten Bilder mehr sondern sind ganz stark in den ehemaligen Ingenieurdisziplinen der Bauphysik und GTA unterwegs.
Ich denke auch in keinem anderen Ingenieurberuf hat man mit so vielen schrägen Vögeln Kontakt (Baustelle ... Gemeinderäte ... Bauherren ... Firmenchefs...) oder sieht was interessantes.

Ich habe selbst etliche Büros als Angestellter durchpflügt, auch den ö.D. mit guter und schlechter Bezahlung kennengelernt und wie viele hier die teilweise schlechte Bezahlung abbekommen. In allen Leistungsphasen. Zwischendurch auch am Band Rollstühle produziert/war arbeitslos /usw. Das sind aber für mich Lebenserfahrungen und eine gewisse Menschenkenntnisse geworden, die im Umgang mit Bauherrn nicht ersetzbar sind.

Es gehören wohl viele glückliche Umstände dazu das es klappt, aber für mich kann ich sagen das es sich gelohnt hat. Der Beruf macht Spass und ist Lebensgrundlage für mich und meine Familie.

Eine grobe Zusammenstellung, was (m)ein kleiner 1-Mann Betrieb in etwa kostet :

übern Daumen / Monat

Büroraum, warm ca. : 250 €
EK-Steuer : 250 €
KK, Pflegevers, usw : 350 €
Rente / Vers. Werk: 400 €
Auto : 250 €
Berufshaftpfl. : 100 €
Telefon, sonst lfd : 100 €

macht ca. 20.000 € / Jahr

netto bleiben ca. 2.500 €

für 50.000 € Honorar muss man etwa 600.000 € verbauen - alle Phasen. Alles netto.

Vom Volumen sind das zwei kleine Kindergartenerweiterungen / 1 großer Umbau MFH -energetische Sanierung / 1 FW - Gerätehaus ... etc. .

Dann wird jeden Monat 1 Rechnung über 5.000 € fällig, davon bleiben 2.500 übrig.
Bei dem Volumen mache ich Freitag nachmittags das Büro zu und Montags um 9 Uhr auf, es geht also mit normaler Stundenzahl.

Wie im ersten Beitrag bereits gesagt, ist das ein Mittelwert aus den letzten 7 Geschäftsjahren. Da gab es Sprünge von 90.000 € bis runter auf 30.000 - das soll nicht verschwiegen werden.

Ob das wirklich allgemeingültig ist, möchte ich nicht beurteilen.
Der Beitrag war als positive Rückmeldung zu den vielen negativen Beiträgen gedacht. Es war mir wichtig herauszustellen, das man als Architekt selbst steuern kann, wieviel man schuftet / verdient.

Archimedes 02.04.2013 17:20

AW: Auf dem Weg in die Selbstständigkeit
 
Guter Beitrag, den Archiologe hier kopiert hat.

Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass die Zahlen passen können, wenn auch bei Jedem die Situation etwas anders aussieht.
Die angegebene Einkommenssteuer ist z.B. echt gering. Liegt im Fall von gtmi mit Sicherheit an der Steuerklasse und den 3 Kindern. Ansonsten wird es nämlich schnell mehr und netto bleibt weniger.
Auch Architektenhaftpflicht und Büromiete erscheinen mir recht günstig, aber auch das kann sein.

Mit normalen Arbeitszeiten und als Einzelkämpfer sind die geposteten Mittelwerte noch recht gut. Wie man sieht, wird man nicht reich davon, aber man kann eine Familie ernähren und zufrieden sein.

Es gibt viele alleinarbeitende Architekten die mit mehr Arbeit weniger netto erzielen. In Rhld.-Pfalz liegt die Hälfte der Einzelkämpfer unter 50.000 Euro netto Jahresumsatz. Es gibt allerdings auch wenige Einzelkämpfer die es alleine auf ca. 100.000 Euro Jahresumsatz (netto) schaffen. Ich war nur ca. 1 Jahr Einzelkämpfer, bevor ich mich vergrößert habe, aber im ersten Jahr hatte ich knapp 35.000 Euro Nettoumsatz und ein geringeres Nettoeinkommen als vorher im gut bezahlten Angestelltenverhältnis (netto ca. 2.100 Euro). Mit 1,5 Mitarbeitern hatte ich im dritten Jahr meiner Selbstständigkeit dann schon ca. 130.000 Euro Nettojahresumsatz und immerhin etwas mehr Monatsnetto als damals im Angestelltenverhältnis. Allerdings auch +40% Arbeitszeit.

Mittlerweile sind es 5 Vollzeitmitarbeiter, aber selbst Umsatzsprünge um nochmal +100% gegenüber vorher bedeuten beim Nettoeinkommen des Inhabers gerademal ca. 30% mehr, während auch Streßfaktor und Verantwortung weiter gestiegen sind.

So oder so dennoch ein großes Risiko, gerade mit Familie und als Alleinverdiener. Die Kosten sinken nämlich nicht, wenn die Einnahmen einige Monate ausfallen oder dünn sind. Man ist sehr schnell insolvent, wenn man nicht schnell auf veränderte Situationen reagiert.

dk0815 02.04.2013 20:00

AW: Auf dem Weg in die Selbstständigkeit
 
Hallo zusammen,

@ archiologe: guter Beitrag, macht ein bisschen Mut den Sprung vielleicht doch zu wagen

@ archimedes: wo konnte man denn vor 5/6 Jahren 2100 € netto verdienen, oder warst du da schon verheiratet ?

Als Ergänzung zum Thema Bürogründung noch ein paar aktuelle Infos zum Thema Gründungszuschuss. Info aus Baden-Würrtemberg.

Grundsätzlich vielleicht eine gute Sache da Zeitdauer entsprechend verbleibendem ALG1 Anspruch plus 300 € im Monat für Sozialabgaben.

So wie mir vor kurzem mitgeteilt wurde und wie man es auch im Netz lesen kann ist die Genehmigung wohl sehr unwahrscheinlich. Zu mir hieß es, er würde nur noch genehmigt werden wenn längere Zeit keine offenen Stellen im Bereich wären. Das bedeutet, da es immer irgendwelche offenen Stellen für Architekten beim Arbeitsamt gibt, geht die Wahrscheinlichkeit eher gegen Null. Ob dies jetzt nur ne Richtlinie ist die in meinen Bereich in BW gillt oder ob es eine bundesweite aus Nürnberg ist kann ich aber nicht genau sagen.

Gruss Daniel

Archimedes 03.04.2013 07:18

AW: Auf dem Weg in die Selbstständigkeit
 
Zitat:

Zitat von dk0815 (Beitrag 49836)
@ archimedes: wo konnte man denn vor 5/6 Jahren 2100 € netto verdienen, oder warst du da schon verheiratet ?

Im europäischen Ausland mit sehr geringer Brutto-Netto-Differenz und unverheiratet. In Deutschland wäre das Illusion gewesen, da hatten die Meisten das gerademal Brutto.

Also zum Thema Sprung wagen, kann ich nur wirklich vor zu großer Euphorie warnen. Ich denke, dass ich einen guten Start erwischt hatte und mich kontinuirlich hocharbeiten konnte. Dennoch war es hart, mit großen Risiken und auch mit Glück verbunden. Etwas weniger Einsatz und hier und da etwas weniger Glück und auch ich wäre vermutlich schon vor 3 Jahren (nach 2 Jahren Selbständigkeit) gescheitert. Das ist übrigens auch heute noch nicht ausgeschlossen. Es kann so schnell kippen.
Hört sich vielleicht bei Manchen toll an, dass mit eigener Chef und sechsstelligen Umsätzen, aber das ist hinter den Kullissen ein tagtäglicher Kampf, den man als Angestellter in dieser Art nicht kennt.


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