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Daniel 08.09.2004 16:46

Stimmung auf dem Arbeitsmarkt
 
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Auf meinen Beutezügen durch die schwindsüchtigen Stellenbörsen unserer Branche stoße ich doch gelegentlich nicht etwa auf Erheiterndes - bis jetzt nicht - sondern auf Notizzettel einer Stimmungslage, die schon sehr traurig anmutet. Ich weiß noch nicht aus eigener Erfahrung, ob wir in solchen Tönen zeichnen müssen, aber ersthafte Gedanken darüber sind wohl schon angebracht:

http://www.deutsche-bauzeitung.info/...7495&id=244567

http://www.deutsche-bauzeitung.info/...7495&id=244411

http://www.wdr.de/tv/monitor/beitrag...id=600&sid=115


Fortsetzung folgt, auch wenn mal was Lustiges dabei ist... Achja, da war doch schon was :)

Daniel

Tobias 08.09.2004 23:54

den wdr-artikel finde ich ganz interessant. ich bin aber immer noch der meinung, dass das thema arbeitslosigkeit in unserer branche etwas übertrieben dargestellt wird. unserer branche geht es nicht schlechter als anderen, es sieht nur miserabel aus, wenn man eine anstellung der klassichen architektentätigkeit sucht. wenn man mal mach tätigkeiten in randsegmenten sucht, sieht es wieder ganz anders aus.
ich versuche mal ein paar artikel aus der FAZ und anderen zeitungen einzuscannen und hier die links zu posten. es gibt auch durchaus positive aussichten, wenn man nicht nur nach den idealvortsllungen sucht.

Samsarah 09.09.2004 09:01

Ich denke auch, dass man mit einer gewissen Flexibilität und Bereitschaft, sich auf Spezialgebiete einzulassen, seine Chancen wesentlich verbessert. Leider wird man darauf an den Hochschulen nicht eingestellt. Die vermitteln einem den Eindruck, jeder könne ein großer Entwerfer werden und außer LSP 1-3 bräuchte man eh nichts zu können (ist jetzt etwas überspitzt dargestellt, aber ich kenne Leute, die das so zu empfinden scheinen).

Trotzdem bleibt das Problem, dass der Praktikant im Wechsel in vielen Büros zum Standard gehört und eben nicht im klassischen Sinne in verschiedene Bereiche eingeweiht wird, sondern oft Fließbandarbeit zum Nulltarif leisten muß. Und ganz schlimm finde ich es, wenn es nicht die Studenten sind, sondern tatsächlich fertige Diplom-Ingenieure oder gar schon Architekten. Da kann doch keiner mehr erzählen, dass die für das Büro nichts leisten könnten oder dass das Verhältnis von Leistung und Entlohnung "angemessen" sei. Das ist ne Frechheit. Es gibt ja Büros, die mittlerweile mehr Praktikanten als Angestellte haben bzw. freie Mitarbeiter - denn Angestellte leistet sich ja auch kaum einer. Mich würde da mal interessieren, wie sich das rechtfertigen läßt? Inwiefern sind die Bürohaltungskosten bei Architekten höher zu bewerten als in anderen Branchen? Vielleicht findet sich ja hier jemand, der uns mal dazu aufklären kann, warum es sich die Büros angeblich nicht leisten können, Leute anzustellen oder angemessen zu bezahlen. Das soll jetzt nicht gleich anklagend sein. Vielleicht gibt es da ja Aspekte, die wir einfach nicht kennen können. Das würde mich interessieren...

Mal zum Vergleich: Ein Freund von mir studiert Verkehrswesen und ist gerade erst mit dem Vordiplom durch. Der bekommt in einem Fachplanungsbüro - ohne verhandeln zu müssen - glatte 9 Euro/Std. netto auf's Konto!

In vielen Branchen sieht es schon noch besser aus bzw. es gibt auch zu wenige Jobs, aber wenn man dann einen bekommt, wird man gut bezahlt (Juristen, Wirtschaftler etc.). Es gibt aber natürlich auch Branchen, denen es ähnlich geht, vorzugsweise Kreative wie Werbung, Film... oder kommt mir das nur so vor? Vielleicht liegt das daran, dass man meint, solange man seinen "künstlerischen Stil" noch nicht gefunden und bewiesen habe, sei man nicht vollwertig? Und den lernt man natürlich bei den großen Büros, die sich schon etabliert haben... also nimmt man in Kauf, von Luft zu leben, um ein Stück vom etabliereten Stil abzubekommen?

Bitte nicht alles zu wörtlich nehmen. Ich habe nur mal aufgeschrieben, was mir da so in den Sinn kommt. Denn egal, wie lange ich darüber nachdenke, ich finde keine akzeptablen Erklärungen für diese Situation. Und, ich würde - abgesehen von einem kurzzeitigen, studentischen Praktikum - eher einen Nebenjob annnehmen und parallel weiter Architektur "denken" als für lau zu arbeiten. Und selbst bei Nebenjobs lassen sich "Stellen" finden, die mit der Materie zu tun haben und einem wertvolle Erfahrungen bringen. Mag sein, dass das naiv ist, aber bisher haben meine Chefs auch immer gesagt, dass sie wert darauf legen, dass man einen gewissen Weitblick mitbringt, was von Welt gesehen hat, andere Lebensbereiche einem nicht fremd sind und man einfach vielfälltig ist und bleibt.

Liebe Grüße,
Samy

Tobias 09.09.2004 18:53

Hi, ich denke mal, dass vor allem die ganz firschen Absolventen und die Studenten in der Endphase viel zu pessimistisch eungestellt sind.
In Deutschland scheint das momentan total modern zu sein, alles schlechtzureden, nur Negatives zu empfinden und Endzeitstimmung zu verbreiten. Irgendwie kommt mir das bekannt für, denn Anfang des 20. Jh. waren die Gesellschaften auch ziemlich depri eingestellt.

Wie gesagt, mich regt es auf, dass in Deutschland alle nur schwarzsehen und Postitives gar nicht wahrgenommen wird. Wir befinden uns gerade in einer Umbruchphase. Die fetten 90er mit Börsenboom und Schaffung neuer eigentlich unnützer Jobs sind vobei sind. Die Leute und vor allem die Presse nutzen dies natürlich um alles mies zu machen, weil modern :D

Ich glaube, dass alles nur halb so wild ist, wie es den Anschein hat, wenn man sich breit aufstellt, nicht die speziell gebackene Tätigkeit sucht und flexibel ist, auch was den Arbeitsort angeht.


Bzgl. der Lehre an den Uni muss ich Samsarah Recht geben, hat man ja auch in einem, der Artikel lesen können. Der Entwurf macht im Alltag ja nur 2-5% der Gesamttätigkeit des Architekten aus, wenn man mal davopn absieht, dass man in klassichen Wettbewerbsbüros ein paar Entwürfe je Woche durchbrennt. Das Gros der Einsteiger wird sich eh mit Kalkulation und Ausführungsplanung beschäftigen müssen, auch wenn man es an der Uni/FH nicht intensiv genug gelernt hat .... aber man studiert ja eh nicht an einer Universität, um wirklich "Stoff" und praxisnah zu lernen ... dafür ist eher die FH geeignet ;)

mschwanner 09.09.2004 20:03

Hi
ich weiss gar nicht was Architekten immer mit Entwurf und Schöngeistigkeiten haben. Wie mein Vorredner bin ich der Meinung das man die meiste Zeit mit Kalkulation und Ausführungsplanung zu tun hat. Erst dann sollte man sich mit Entwurf beschäftigen, damit man überhaupt weiss was man macht!

Im übrigen sollte man zur Kenntniss nehmen das sich der Beruf des Architekten doch erheblich gewandelt hat und das es tatsächlich Kunden geben soll die nur über bestimmte finanzielle Mittel verfügen. Weiterhin haben die Kunden sogar die Frechheit eigene Vorstellungen von einem neuen Gebäude zu haben als das mit schwarzen Rollkragenpullover und 6b bewaffnete Entwurfsgenie.

Leute schaut euch doch mal die Realität an: Leider ist heute alles eine Frage des Geldes. Wer Ausführungsplanung und Kalkulation beherrscht, oder zumindest nicht abgeneigt ist, in die Materie einzusteigen, verbessert seine Chancen erheblich. Reine Entwerfer gibt es wie Sand am Meer. In unserem Betrieb haben wir Anfang des Jahres eine Architektion entlassen müssen weil die junge Dame nur Entwerfen konnte. Leider waren die Entwürfe weder bezahl-noch baubar. Dafür haben wir nun eine engagierte Kollegin bekommen die sich während des Studiums nicht zu Schade war sich mit trockener Materie wie Ausschreibung und Ausführungsplanung zu beschäftigen.

Es sind nicht immer nur die Betriebe Schuld. Allerdings finde ich die Artikel über den Missbrauch von Praktikumsstellen schon echt harten Toback!

die Welt ist schlecht geworden:(

Tobias 13.09.2004 21:35

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Hier mal ein paar Statistiken zum Thema:

http://www.uni-essen.de/isa/fg_ingen...tur_am_frm.htm

sowie: http://www.uni-lueneburg.de/einricht...chitektur.html

Interessant vor allem folgende Grafik:

Tobias 13.09.2004 21:39

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und

Samsarah 14.09.2004 10:01

In einem Punkt muß ich Euch beipflichten. Hierzulande herrscht zu sehr die Einstellung, abwarten, der Staat wird schon was tun. Ich kenne sogar Absolventen, die es als selbstverständlich betrachten, erst einmal mit einem Jahr Arbeitslosenunterstützung zu kalkulieren. Das ist schon fest eingeplanter Programmbestandteil. Ich fange dabei innerlich an zu kochen. Mit der Einstellung kann man doch nichts erreichen. Das man selbst etwas tun muß und auch kann wird zu häufig ignoriert.

Es entschuldigt aber eben nicht die Ausbeutung durch viele Büros und die Wirtschaft. Zumal zu angesprochenen Lohnnebenkosten ja kaum noch von einem büro getragen werden, weil die Leute nur projektweise als freie Mitarbeiter eingestellt werden. Damit schiebt man die Kosten auf den Arbeitnehmer und umgeht die gefahr der Scheinselbständigkeit.
Ausbeutung und Eigeninitiative sind für mich erst einmal zwei Aspekte, die aber zusammen einen Teufelskreis bilden. Da man kaum erwarten kann, dass sich von Seiten der Branche freiwillig etwas ändern wird, sollte man versuchen, so weit es geht, seines Glückes eigener Schmied zu werden. Aber das sagt sich für viele auch leichter, als es in der Realität ist.

Samy

mschwanner 14.09.2004 10:11

Hi
gestern Abend gab es einen Beitrag im Fernsehen (Report) der die Ausbeutung von Praktikanten anprangerte. Leider sind alle Berufssparten von diesem Phänomen betroffen. Auch Behörden mischen dort munter mit.
Das ganze wird von denen auch noch als "Zukunftsweisend" dargestellt.

holger 14.09.2004 10:38

kurzer bericht...
 
hi,

ich möchte hier nicht schwarzmalen, aber mal knapp meine erfahrung
der letzten monate wiedergeben:

bin seit über einem jahr jetzt absolvent und hab tatsächlich mit dem erreichen des diploms, sozusagen, meinen alten job in einem kleinen, aber guten architekturbüro verloren...warum?

weil angeblich keine aufträge mehr da waren, aber vor allem, weil der chef
lieber allles auf die langjährige mitarbeiterin verteilte als mich weiterzubezahlen !

dabei war ich als student super gerne gesehen. habe alles gemacht von
kaffeekochen über bilderaufhängen bis hin zu ausschreibungen, werkplanung, entwurf etc.
ich dachte auch das wäre ausbaufähig, aber "nada".

die letzten worte meines chefs waren übrigens: "ich melde mich bald bei ihnen, ganz bestimmt !"


nagut:
dann habe ich mein glück tatsächlich mit bewerbungen und visualisierungen versucht.
tatsächlich hat wieder ein kleines büro angebissen und war "ganz begeistert" von den 3d bildchen...
natürlich ging es um "krüppelwalmdächer" und gauben:eek:

waren halt immobilientypen und bauträger mit im spiel, scheiss drauf...

auf jedenfall wurden auch grosse sprüche von zusammenarbeit geklopft,
wa auch funktionierte, nur:

ich warte noch auf das geld von 2-3 monaten und bin seit wochen als
erinnerer und "bittsteller" tätig.

das ist momentan meine praxis !!!

cool was?

Florian 14.09.2004 13:01

Höchstinteressant finde ich auch die Graphik in der mal FH und Uni verglichen werden - vorallem weil hier häufig gefragt wird, was besser sein.
Man sieht in der Graphik, dass der Anstieg der arbeitslosen FH Absolventen höher ist.
Ich würde vermuten, dass liegt daran, das der Architektenarbeitsmarkt schon kaputt ist und man Uni-Absolventen nicht mehr mehr zahlt als FH Absolventen wie früher. D.h., der FHler wird aus Kostengründen nicht mehr bevorzugt, so wie es wohl früher häufig war... (weil er nicht mehr günstiger ist)

Vielleicht liege ich aber auch falsch...

Grüsse
Florian

Tobias 14.09.2004 20:43

FH - Uni

Also zu Beginn werden FHler und Uni-Absolventen eh gleich bezahlt, erst später mit den ersten Lohnerhöhungen (falls es diese gibt), geht es etwas auseinander. Der wichtigste Unterschied liegt aber in der Ausbildung. Uni-Absolventen sind viel breiter aufgestellt und können gewisse Problemstellungen besser angehen. In vielen TOP-Brachen kann man zudem als Uni-Absolvent eher Führungspositionen erreichen als jmd von der FH.


Ausbeutung

Ich frage mich die ganze Zeit, ob tatsächlich bewußt ausgebeutet wird, oder ob das Problem an einer ganz anderen Stelle liegt. Ich glaube, das in einigen Fällen (in allen Branchen) eigentlich genug Arbeitsplätze vorhanden sind und Praktikanten etc. gar nicht benötigt werden. Eigentlich brauchen solche Unternehmen keine Praktikanten beschäftigen, doch tun sie dieses, da die Personalchefs früher selber Praktikanten waren und genau wissen, wie wichtig es ist, Erfahrungen zu sammeln. Dem Praktikanten kommt es natürlich vor, dass ohne ihn tw. nicht ginge, man muss aber auch mal überlegen, ob andere Mitarbeiter tatsächlich voll ausgelastet sind oder der Praktikant van allen etwas "abbekommt" um halt mehr zu machen als Kaffee kochen. Ich unterhalte mich da mal in der nächsten Zeit mit einem befreundeten Bauunternehmer darüber ... vielleicht kann er mir da das mal aus der Sicht des AG erklären.

Samsarah 15.09.2004 11:18

Natürlich wissen die Büros, was sie da tun. Ich arbeite hier genauso wie jeder Angestellte, gleiche Zeit, gleiche Aufgaben, vollzeit. Und natürlich habe ich etwas davon - und werde ja auch noch verhältnismäßig gut bezahlt. Aber ich bin ganz sicher auch eine billige Arbeitskraft. Bin hier allerdings der einzige Praktikant und die Stelle ist tatsächlich für mich "eingerichtet" worden. Aber es gibt auch Büros, die zur Hälfte Praktikanten beschäftigen, um damit z.B. ihre Wettbewerbsabteilungen zu finanzieren. Welches Büro kann sich schon leisten, an allen wichtigen Wettbewerben teilzunehmen und dafür volle Arbeitskräfte aus anderen Projekten abzuziehen, zumal die Erfolgsaussichten ja auch nicht groß sind.
Ne ne, mag sein, dass die Büros nicht die einzigen Verantwortlichen für die Misere sind, aber die wissen das schon für sich zu nutzen.

Samy


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