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Nightfly 07.03.2016 22:57

Sollte man die HOAI kippen?
 
Hi Leute!
Ich versuche seit längerem schon nebenher Aufträge zu aquirieren mit dem langfristigen Ziel mich selbstständig zu machen. Es scheint mir extrem schwer ohne Beziehungen und das zweite Problem das ich sehe ist die HOAI. Denn wenn alle Architekten gleich viel kosten warum sollte dann ein Bauherr es wagen einem jungen Architekten eine Chance zu geben? Eben. Ich denke dann gehen die lieber zu jemandem der ohnehin schon genug Aufträge hat. Da die Häuslesbauer aber auch oft auf jeden Cent achten müssen, wären diese sicher nicht abgeneigt, wenn man seine Leistungen günstiger anbieten würde.
Dass dies zu Preisdumping führen würde halte ich für ein Scheinargument. Ich glaube es würde dem Markt guttun wie es Wettbewerb so oft guttut. Wir alle wissen ja wie unwirtschaftlich viele Büros laufen. Alleine wenn man sich mal anschaut wie viele noch mit AutoCAD ihre AIPs fast für Umsonst die Nächte durchschuften lassen... Da wäre noch viel Raum weniger Kosten bei gleichem Ertrag.
Ich z.B. könnte locker von zu Hause aus arbeiten, hätte keine Kosten für Büromiete, würde meinen Privatwagen nutzen etc... Tja und ich darf meine Leistung gar nicht günstiger anbieten, obwohl ich ja viel weniger Kosten hätte. Andererseits wenn ich was nebenher mache verlange ich nach HOAI (muss ich ja) und habe viel mehr davon, als ein Chef eines Architekturbüros, denn ich habe ja wie gesagt einige der Ausgaben gar nicht. Und das wiederum ist ja auch irgendwie unfair, wenn auch gut für mich in dem Fall.
Irgendwie habe ich immer mehr den Eindruck dass die HOAI gar nicht unbedingt so gut für uns ist wie immer alle meinen.
Wie steht Ihr dazu?

Archimedes 07.03.2016 23:43

AW: Sollte man die HOAI kippen?
 
Grundsätzlich verstehe ich Deine Probleme und die Infragestellung der HOAI, denn vor 6-8 Jahren hatte ich noch ähnliche Gedanken.

Grundsätzlich sehe ich aber mehr Vorteile in der HOAI als Nachteile, auch wenn Jedem klar sein muss, dass sie regelmäßig nicht eingehalten, unterschritten und selbst von öffentlichen Auftraggebern oftmals nur halbherzig umgesetzt wird.
Aber ich sehe in ihr immer noch einen Maßstab und einen Preisindex für Architektenleistungen.
Die Grundidee hinter der HOAI, die dafür steht das nicht der niedrigste Preis, sondern die Qualität entscheidet, finde ich korrekt. Klar macht das den Start enorm schwer, denn etablierte Architekten haben da die besseren Karten, aber man sollte es nicht über den Preiskampf versuchen, denn es wird ansonsten immer Jemanden geben, der es noch ein wenig billiger machen oder etwas schlechter kann und die Frage nach Qualität und Sorgfalt geht völlig verloren.
Wenn man sich etablieren konnte, wird man froh sein, dass es eine, wenn auch schwammige, Preisordnung gibt.
Es ist eine Frage wie man die HOAI auslegt. Du musst ja beispielsweise nicht alle Leistungen nach HOAI vereinbaren bzw. muss Du nicht alle Leistungsphasen mit allen Prozentpunkten an- und abrechnen. Wenn man die HOAI gut kennt, dann weiß man, welche Punkte/Leistung der Häuslebauer braucht und welche nicht. Über diesen Weg lassen sich dann Angebote so gestalten, dass sie auch für den Endkunden interessant sind. Ebenso kann man im Einzelfall nach Stunden abrechnen und so transparenter arbeiten,
Der Stundensatz sollte sich allerdings an den HOAI-Honoraren orientieren, dann passt es auch wieder im Wettbewerb.

Realisieren muss man allerdings auch, dass Architekten in gewissen Sparten z.B. supergünstige private Wohnhäuser wenig ausrichten können. Ich kann bei neuen Wohnhäusern unter 280.000 Euro Baukosten kaum etwas für meine Kunden tun, zumindest wenn ich für Honorare arbeiten soll, die den anteiligen Planungskosten der Schlüsselfertigunternehmen entsprechen.

Der Einstieg ist fraglos schwer, aber mit einer dauerhaften Unterschreitung der HOAI wird es auch nicht funktionieren.

Kieler 09.03.2016 14:07

AW: Sollte man die HOAI kippen?
 
die HOAI ist nicht auskömmlich, so einfach ist das!

Archimedes 09.03.2016 18:46

AW: Sollte man die HOAI kippen?
 
Also zumindest die HOAI 2013 kann auskömmlich sein.
Es hängt halt von Projektgröße/-kosten, Honorarzone und dem vereinbarten Honorarsatz, Umbauzuschlag und Nebenkosten ab. Nicht zu vergessen, dass man besondere und zusätzliche Leistungen korrekt abrechnet.
Am Meisten hängt es allerdings davon ab, welche Leistungen man erbringt und welche nicht.
Wenn man das reine Entwurfsbüro ist und die Ausführung gerne von sich wegschiebt, dann kann man bis einschl Leistungsphase 4 richtig gut Geld verdienen nach HOAI 2013.
Die armen Deppen, die erst ab LPH. 5 ins Geschehen eingreifen, gehen natürlich gerne mal Baden nach HOAI 2013.
Als Mischkalkulation von LPH.1-8 kann sie auch funktionieren, zumindest bekommen wir es hin.

Die Gewichtungen der Leistungsphasen passen bei den allerwenigsten Projekten. Es müssten aus meiner Sicht mind. 6% von LPH. 1-4 nach LPH. 5-9 umverteilt werden, auch wenn die Entwerfer dann einen Verlust der Entwurfsqualität beschwören. Das muss nicht sein.
Dann (nach stärkerer Gewichtung LPH. 5-8) funktioniert das Ganze bei normalen Projekten (HZ III) ab ca. 380.000 Euro anrechenbarer Bruttobaukosten nach HOAI 2013 wirtschaftlich schon.

Die Chancen stehen allerdings momentan nicht schlecht, dass die Mindestsätze der HOAI in den nächsten 1-2 Jahren von der EU gekippt werden. So nah davor waren wir noch nie die HOAI zu verlieren.
Ob's dann für den deutschen Architekten besser wird, wage ich zu bezweifeln.

Kieler 09.03.2016 20:09

AW: Sollte man die HOAI kippen?
 
Das Problem wird sein, dass zwar das Preisrecht kippt, aber nicht die Haftung.

Es gab ja grad ein schönes Urteil gegen die Bauherrenschützer, die für
Honorar ein paar Stunden den GU beim Eigenheimbau überwachen. Die Leute
haben nämlich einen Werkvertrag, wurde nun jüngst festgestellt, und sind
damit auf noch dünnerem Eis als wir. (Davor hat mich meine Versicherung
immer gewarnt und ich mich natürlich gefragt, wie denn diese Schützer das
machen)

Angenommen: Haus für 250k€ 300/400, HZ3, Mittelsatz. Selbst wenn Du nur
50€/h netto ansetzt, hast Du keine zwei Arbeitswochen für die komplette
Vorbereitung der Vergabe. Find ich schon sportlich, besonders wenn man
immer mal was anderes macht und ein bisschen recherchieren muss.
Fängt man dann erst einmal an sich mit den Urteilen über die Erwartungen an die
Leistung des Planers zu beschäftigen (seitens der Rechtsprechung), verliert
man fast unweigerlich jede Hoffnung, dass das überhaupt zu schaffen ist.
Der Planer muss eh schon auf Lücke gehen.
Der Preiswettbewerb wird dementsprechend in einem Lückenwettkampf
enden, dann muss jeder für sich selbst entscheiden welches Risiko er eingeht...

Archimedes 09.03.2016 22:15

AW: Sollte man die HOAI kippen?
 
Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 55370)
Angenommen: Haus für 250k€ 300/400, HZ3, Mittelsatz. Selbst wenn Du nur
50€/h netto ansetzt, hast Du keine zwei Arbeitswochen für die komplette
Vorbereitung der Vergabe. Find ich schon sportlich, besonders wenn man
immer mal was anderes macht und ein bisschen recherchieren muss.

Ja, wie gesagt, für die 250 k€-Kunden können wir wenig tun. Ab 380 k€ wird es interessant und dann mit einer Verschiebung der Gewichtung.
Nimmt man den Gesamtauftrag LPH.1-8 an, dann muss man selbst 3-4% nach LPH. 6+7 und weitere 2-3% nach LPH. 8 transferieren, damit es aufgeht.
Für ein normales 380 k€ - Wohnhaus gehen bei uns derzeit für LPH.1-8 insgesamt 700 - 780 Stunden drauf. Ich muss dieses Jahr mind. 55 Euro/netto/Stunde realisieren um mit dem Büro im grünen Bereich zu bleiben.
Im Bereich Entwurf/Bauantrag liege ich rechnerisch sogar unter den HOAI-Werten bei diesen Projekten.

Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 55370)
Fängt man dann erst einmal an sich mit den Urteilen über die Erwartungen an die Leistung des Planers zu beschäftigen (seitens der Rechtsprechung), verliert man fast unweigerlich jede Hoffnung, dass das überhaupt zu schaffen ist.

Das stimmt. Es gibt immer weniger Leute in unserem Job, die bereit sind als selbständige Auftragnehmer dafür Kopf und Kragen zu riskieren.
Angestellte Architekten beschweren sich zwar regelmäßig über die Gehaltssituation, sind aber selten bereit selbst etwas zu riskieren.
Es wird irgendwann einen Mangel an fähigen Architekten geben, die bereit sind jede Art von Auftrag zu übernehmen. In meinem Umfeld beobachte ich das schon länger.
Ich hoffe das die Wertschätzung für diesen Beruf und seine Risiken bald wieder steigt.

Baumplanerin 18.04.2016 15:50

AW: Sollte man die HOAI kippen?
 
Ich arbeite für gewöhnlich weit unter der HOAI, da ich v.a. Kleingärten mache (inzwischen auch immer mehr Dachterrassen und Balkone) und bis da einer ca. 20.000 investiert, müsste schon viel passieren. (ich lebe noch von etwas freier Mitarbeit und ein paar Gartenbauer-Kooperationen)

Aber generell halte ich es für absoluten Blödsinn und das gilt für alle Selbständigen, mit dem Preis an den Markt zu gehen, egal, ob der nun durch Regelungen festgelegt ist oder nicht. Wenn man allein ist, geht man über seine Persönlichkeit und seine Qualifikationen an den Markt. Und diese sollten sich von den Mitbewerbern ein wenig unterscheiden. Sonst ist das so, als würde man ich als die neue Biene im Stock vorstellen.
Ich kenne Architekten, die sind eben 7 Tage die Woche erreichbar für den Auftraggeber und bieten ganz viel persönlichen Service (es gibt durchaus viele, die gern etwas betuddelt werden). Dann kenne ich jemanden, der sehr viel luxuriöse Gartenhäuser (mit Sauna drin usw.) macht. Ich kenne welche, die haben sich dem Brandschutz verschrieben.
Ich kenne dich nicht, aber mir scheint eher das ganz Spezielle zu fehlen als dass wir etwas an der HOAI ändern müssten.

Archimedes 18.04.2016 16:12

AW: Sollte man die HOAI kippen?
 
Ich weiß zwar nicht, wen Du evtl. angesprochen hast, aber es sollte absolute Untergrenzen in Sachen Honorar geben, die keiner in der Branche , egal ob Architekt, Ingenieur, Landschaftplaner oder Innenarchitekt, egal ob Einmann-/Einfraubetrieb, reicher Ehepartner, Teilzeit, Nebenjob, freie Mitarbeit, Berufsanfänger oder Wiedereinsteiger unterschreiten sollte.

Da geht es nicht drum einem Kunden hier und da einen Gefallen über das Gewohnte hinaus zu tun oder einen kleinen Nachlass einzuräumen, sondern den Markt nicht für sich und andere auf Dauer zu zerstören.

Nur weil es vielleicht einige kinderlose, ledige und anspruchslose Masochisten in unserer Branche gibt, die gerne, weil sie sonst keine Hobbys haben, ständig 80 Wochenstunden und mehr schrubben, nicht in Urlaub fahren, sich vom Kunden gerne auch Sonntags anrufen lassen und mit 1.500 Euro (netto) im Monat vollkommen zufrieden sind und dafür die persönliche Haftung sogar komplett tragen, sollte man deren Dumpingpreise nicht als Maßstab für die Branche ansetzen. Man sollte sie als das was sie sind, als schlechte Beispiele, sehen.

Langfristiger Maßstab und Orientierung sollten andere Branchen mit Akademikern und Freiberuflern sein, wie beispielsweise Anwälte, Ärzte, Steuerberater, die ihre Dienste und Leistungen deutlich teurer wie wir anbieten und bei denen es absolut normal ist, dass für eine gute Leistung, auch gutes Geld bezahlt wird. Wer gute Leistung verlässlich abliefert muss sich nicht dem äußersten Preiskampf aussetzen.

Man trägt als Anbieter von Architektenleistungen auch Verantwortung für die Kollegen, die Mitarbeiter beschäftigen und gut bezahlen wollen, die nur 60 statt 80 Stunden die Woche arbeiten und zu Hause noch Kinder zu versorgen und ein Haus abzubezahlen haben. Die kommen vielleicht nicht mit 1.500 Euro netto aus, die ihren anspruchlosen, selbständigen Billiglohnkollegen hingegen völlig ausreichen.

Es gibt immer einen der es noch "billiger" macht und sich noch mehr "ausbeuten" lässt als die anderen.
Wenn man sich an diesen orientiert und nicht den eigenen Wert kennt, dann sollte man es mit dem selbständigen Arbeiten lieber lassen und die die Honorarangebote machen lassen, die sich dem Kunden gegenüber mit Qualität und Wertschätzung behaupten können, und nicht über Dumping und ständige Selbstkasteiung zu Aufträgen kommen.

Den Markt runterziehen ist für den Einzelnen jedenfalls leichter, als klar Stellung zu beziehen, standhaft zu bleiben und die gesamte Branche nicht unter Wert zu verkaufen.

Von mir aus auch künftig ohne HOAI, aber immer mit Anstand und Wertverständnis für die eigene Arbeit. Das erwarte ich von allen in der Branche.

Das Besondere können sie dann immernoch bieten, aber der markante Unterschied darf nicht im Dumpinghonorar liegen.

Baumplanerin 18.04.2016 16:39

AW: Sollte man die HOAI kippen?
 
Meinst du jetzt mich?

Dir ist schon klar, dass es Ober- und Untergrenzen für die Anwendung der HOAI gibt, nehme ich mal an. In meinem Bereich sind die bei 20.000 noch was Baukosten. Wenn mein Auftraggeber die nicht erreicht, falle ich nicht in die HOAI-Regelungen, aber das hat doch nichts damit zu tun, dass ich zu wenig nehmen würde. Im Gegenteil, würde ich die HOAI-Sätze meinetwegen herunterrechnen, bekäme ich weitaus weniger.
Ich glaube, ich habe mich einfach missverständlich ausgedrückt oder es ist bei dir falsch angekommen.

Kieler 18.04.2016 17:03

AW: Sollte man die HOAI kippen?
 
Zitat:

Zitat von Baumplanerin
Ich arbeite für gewöhnlich weit unter der HOAI,...

den Satz hate ich auch falsch verstanden, Du meintest damit unter den
Anwendungsgrenzen und nicht unter den Honorarsätzen.

Archimedes 18.04.2016 17:44

AW: Sollte man die HOAI kippen?
 
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Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 55565)
den Satz hate ich auch falsch verstanden, Du meintest damit unter den
Anwendungsgrenzen und nicht unter den Honorarsätzen.

So wird ein Schuh draus.
Ich wollte der Baumplanerin nicht zu nahe treten, aber im letzten Satz sprach sie einen Vorredner an.

Aber gerade bei kleinen Projekten, die unter 25.565 Euro (bei Gebäuden) liegen oder bei Freianlagen unter 20.452 Euro liegen sind die Planungskosten häufig schwer vertretbar, da sie häufig mehr als 20% der verbauten Kosten ausmacht.
Also z.B: Baumaßnahme 20.000 Euro, Planung 5.000 Euro. Schwer verständlich für den Kunden. Und die Stundenlöhnne müssen dennoch gleich hoch sein, wie bei großen Baumaßnahmen. Eher sogar höher, weil man mehr Allgemeinkosten hat bei einer Vielzahl von Projekten und ständigen Wechseln hat.

Die neue HOAI sieht ja keine Stundensätze mehr vor, aber wenn man Beispielbauvorhaben heranzieht und die nach HOAI-Mindestsatz veranschlagten Honorare durch den üblichen Gesamtzeiteinsatz teilt, dann liegen die Nettostundensätze irgendwo zwischen 45-90 Euro/Stunde als mittlerer Stundensatz je nach Projektgröße und Leistungsphasen.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn Jeder muss sich betriebswirtschaftlich seinen eigenen Mindeststundenlohn herleiten.

Dieser liegt bei uns und einigen mir bekannten Büros (sowohl Einmann, als auch 5 und auch 10 Angestellte) bei mind. 55,00 Euro netto/Stunde als mittlerer Stundensatz Stand 2016 um überhaupt kostendeckend zu arbeiten.
Daher sind aus meiner Sicht Honorarangebote, die auf Stundensätzen unter 45,00 Euro netto/Stunde als mittlerer Stundensatz oder gar als Inhaberstundensatz basieren, definitiv als Dumping und marktschädigend einzustufen.
Viele setzen, um auch einen Gewinn und Puffer für Fehlkalkulationen beim Pauschalhonorar einzuplanen mind. 65,00 Euro netto/Stunde für ihre Honorarangebote ein, wenn sie sich nicht klar nach HOAI-Mindestsatz ermitteln lassen oder dieser zu wenig hergeben würde.
Hier und da habe ich auch schon 85,00 Euro netto/Stunde für Architektenleistungen gehört, aber die Mehrzahl der mir bekannten liegt derzeit bei 65,00 - 80,00 Euro netto/Stunde, wohlgemerkt als mittlerer Stundensatz für alle Büromitarbeiter vom Bauzeichner über die Sekretärin bis zum Inhaber. Reine Inhaberstunden liegen bei mind. 75,00 Euro netto/Stunde.


Auch das ist noch wenig, wenn man dem Justiziar unserer Architektenkammer glaubt, der Stundensätze unter 100,00 Euro netto/Stunde für Architekten und Ingenieure absolut für nicht mehr zeitgemäß, unwirtschaftlich und nicht mehr vertretbar hält.
Er als hauptberuflicher Anwalt liegt da bei 250,00-300,00 Euro netto/Stunde, in Ausnahmefällen auch darüber und arbeitet auch 50-60 Stunden die Woche.
Ich kann diese Aussagen verstehen, da mich die Meisterstunde in meiner Autovertragswerkstatt mittlerweile 105,00 Euro netto/Stunde kostet und der nette Mann der an meinem Auto rumbastelt dafür nicht studiert hat, aber natürlich in einem Betrieb mit hohen Fixkosten und Investitionen in Werkstattausstattung arbeitet.

Mittelfristig sollten sich alle Architekten (Innenarchitekten/Landschaftsplaner etc.) auf einem Niveau einpendeln, dass bei mind. 65,00 Euro netto/Stunde beginnt, aber möglichst auf Durchschnittsstundenlöhne von 80,00 Euro netto/Stunde abzielt. Wer es sich am Markt erlauben kann, der sollte durchaus 100,00 Euro netto/Stunde durchsetzen.
Nur so stärken wir langfristig gemeinsam den Markt und werden nicht von allen anderen Freiberuflern, Handwerksmeistern und Co. (zu recht) ausgelacht.


Vergleiche beigefügte Empfehlung für Stundensätze von 2014.

Archimedes 19.04.2016 13:50

AW: Sollte man die HOAI kippen?
 
Hier noch Hilfen und Tools um die Stundensätze zu ermitteln. Diese finden sich auch in dem Dokument aus dem vorherigen Post:

Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V.

Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V.

Archimedes 20.04.2016 20:46

AW: Sollte man die HOAI kippen?
 
Liste der Anhänge anzeigen (Anzahl: 1)
Es würde mich mal interessieren, nachdem ich hier frei über unsere Stundenansätze geplaudert habe, wie das bei Euch anderen (Selbständigen) aussieht.

Hier wird im Gehälterthread immer gepostet, dass sich viele angestellte Architekten im Architekturbüro unterbezahlt fühlen und selbst mit einigen Jahren Berufserfahrung noch mit Bruttogehältern unter 3.000 Euro klarkommen müssen. Häufig kommt dann der Vorwurf an die Büroinhaber, dass die unrentabel agieren und nichts von Organisation und Betriebswirtschaft verstehen, aber gerne Absolventen und Co. ausbeuten.
Verallgemeinern sollte man das nicht, aber auch ich muss davon ausgehen, dass in vielen Büros und bei vielen Selbständigen nicht richtig gerechnet wird, was die Honorar- und Stundenlohnkalkulation angeht.

Ich bezahle meine Mitarbeiter besser als der Durchschnittsbürobetrieb mit 5-10 Angestellten in unserer Region und werde versuchen auch künftig den Leuten gute und steigende Gehälter zu bieten, die sich zusätzlich zu Gehaltserhöhungen zumindest regelmäßig der Teuerungsrate (jährlich ca. +2 %) anpassen, damit man nach 5 Jahren im Büro auch tatsächlich ein Plus an Kaufkraft spürt und nicht real betrachtet weniger in Tasche, als am Anfang hat.

Zieht man jetzt den Stundenlohnrechner aus dem Link Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. heran, der aus meiner Sicht sehr gut und nachvollziehbar kalkuliert, dann muss ein Büro, welches seinen Architekten mit mehreren Jahren Berufserfahrung monatlich 3.500 Euro brutto und am Ende des Jahres zusätzlich ein halbes Monatsgehalt als Weihnachtsgeld zahlen möchte, 57,38 Euro netto als Deckungsstundensatz berechnen. (siehe Ermittlung anbei).
Das deckt sich ziemlich genau mit meiner eigenen Kalkulation von mind. 55,00 €/h netto als Deckungsstundensatz.
So muss der Büroinhaber auch sich selbst einkalkulieren.
Man sieht zwar, dass Einzelkämpfer im Rechner mit einem Faktor von 2,19 angesetzt werden und größere Büros mit einem Faktor von 2,91 angesetzt werden, aber dazwischen liegen nur 30% und nicht mehr. Auch Einzelkämpfer können es seriös nicht unter 50 Euro/h netto tun, wenn sie richtig kalkuliert haben und es nicht nur über einen ständig überlangen Arbeitstag kompensieren.

Wer bei diesem Job mit vielen Haftungsrisiken, unbezahlten Stunden und häufigem Ärger für sich als Büroinhaber weniger als 3.500 Euro brutto monatlich einkalkuliert, dem kann man einfach nicht mehr helfen.
Das gilt auch für Leute am Beginn Ihrer Selbständigkeit.
Macht Euch von mir aus kaputt, aber verderbt nicht allen anderen das Geschäft und zieht nicht den ganzen Markt herunter.

Liebe Angestellte, wenn Ihr Euch zukünftig über zu niedrige Gehälter beschwert, dann kümmert Euch bitte mit darum, dass die Honorare von Euren Chefs richtig berechnet werden und ordentliche Stundensätze angesetzt werden. Das gilt auch für Euch selbst, wenn Ihr Euch selbständig macht oder nebenberuflich für andere etwas erledigt. Wenn wir nicht alle unseren Wert kennen und mit entsprechenden Preisen an den Markt gehen, dann wird sich an der Situation auch langfristig nichts ändern.

Florian 21.04.2016 11:59

AW: Sollte man die HOAI kippen?
 
Danke für den Link!

Die Berechnungen passen mit geringen Abweichungen zu den Zahlen, die ich aus den Büros kenne (Gehalt / Angaben der GF zu den Kosten pro Mitarbeiter).

Archimedes 23.04.2016 08:21

AW: Sollte man die HOAI kippen?
 
Ich würde mir wünschen, dass alle Kollegen mit solch realistischen Zahlen arbeiten und anbieten, dann würde wieder Baukultur und Bauqualität in den Vordergrund rücken und nicht die Diskussion über Preiskampf und Gehälter.

Aktuelle News zum Ausgangsthema HOAI:

Die HOAI wird uns voraussichtlich noch bis 2018 erhalten bleiben. Das Bundeswirtschaftsministerium hat wohl der BAK zugesagt, dass man an der HOAI so lange wie möglich festhalten werde.
Man geht allerdings seitens der Bundesregierung davon aus, dass die zuständige EU-Kommission noch im Herbst 2016 Klage gegen die HOAI beim EuGH einreichen wird. Vermutlich wird dann Anfang/Mitte 2018 ein Urteil fallen. Je nachdem, wie es ausfällt, muss die HOAI dann abgeschafft werden.
Man wird seitens der Beklagten in dem anstehenden Gerichtsverfahren versuchen den direkten Zusammenhang zwischen Preisrecht und Qualität herzustellen, denn das ist vermutlich der einzige Weg die HOAI zu erhalten.


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