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Freiräumer 16.03.2005 10:11

Zeit und Wandel
 
Huhu Planer!

Ich wollte mal eine Umfrage starten mit der wir uns wohl alle mehr oder weniger Inhaltlich beschäftigt haben oder beschäftigen werden.
Welche Bilder wird Stadtplanung, Landschaft und Architektur in der ferneren Zukunft zeichnen? Zeitliche Ausgangspunkte könnten sein: "Der letzte Tropfen Öl ist weg" oder "der Meeresspiegel ist um 3m nach oben gegangen", "..."welche Szenarios wären noch denkbar?"
Werden unsere Siedlungen, verschmolzen mit der Landschaft, von der ferne gar nicht mehr erkennbar sein? Unsere Häuser Organismen? Oder graben nur ein paar Millionen 80 jährige nach Plastiksäcken?

Mich interessiert natürlich auch, ob hier Optimisten, Pessimisten, Realisten oder "x?-isten" lesen. .... .. .

Last was hören wenn Ihr Lust habt!

Gruß,

Freiräumer

ulrich 03.04.2005 00:36

Na es wird z.b. die Megastadt Rhein-Main geben mit den Oberbezierken Mainz u. Frankfurt. Entstanden is die Stadt natürlich damit Verwaltung und Behörden, zwecks sparen, zusammengelegt werden können. (Zwischen Berlin und Hannover ist alles eigentlich nur Stadt, Brandenburg ist menschenleer weil die Verkablung der Häuser mit Internet zu teuer ist)
Durch den ICE 10 braucht man 1Stunde um von Mannheim nach Hamburg zu kommen.
Deswegen ist der Pendlerjob auch total in. (ist ja eigentlich heute schon so)
Am Wochenende fahre ich nach Meckpom zu meiner Datscha, da die Personalkosten wegen den niedrigen Löhnen so gering sind habe ich dort Putzfrau, Koch und natürlich einen Gärtner (is klar ne). Das kann ich mir in meiner normalen Wohnung, in Rhein Main nicht leisten. Aber da habe ich Hyper dsl und alle anderen annemlichkeiten der Modernen Gesellschaft.
Um Natur wahrzunehmen bin ich zu entfremdet von ihr. Ich kenne nur befestigte Wege Siedlungen und meinen äuserst geilen Garten in mechpom, vielleicht noch den See am Grundstück. Aber durch einen Menschen lehren Wald ist schon heute, kaum ein Großstadtkind gelaufen. (im Barock hat man die Natur, als etwas eigenständiges, auch nicht wahrgenommen) Daher ist der Plastik Garten wie Marta Schwartz ihn propagiert total in, kein Dreck und immer Grün. (wie der Konnieverenwahn der 60, Siedlungen aus dieser Zeit erkennt man schon bevor man das erste Haus Sieht)
Nachdem die Architektur ihre ideale völlig dem Kapitalismus verkauft hat (die Avagardistische Organische Architektur wird heute z.b. von Peek und Cloppenburg gebaut)
Hat sie sich ihrer letzten Daseins Berechtigung beraubt. Man baut nicht mehr für die Menschen sondern für den Verkauf/Konsum.
Die Freiraumplanung arbeitet nicht mehr mit lebenden Pflanzen, weil sie zu teuer in Beschaffung und Unterhaltung sind. Es gibt einen reichhaltigen Katalog mit Fertig/Plastikpflanzen.
Ja so oder noch schlimmer wird es kommen. Die Umwelt wird nicht das Problem sein, sondern die Verarmung unserer Gesellschaft.“Für jeden das Gleiche und für mich das meiste!“ ist das heimliche Grundgesetz.


Puh wusste gar nicht dass ich so negativ Denken kann

Freiräumer 10.06.2005 13:23

Zitat:

Originally posted by ulrich

Hat sie sich ihrer letzten Daseins Berechtigung beraubt. Man baut nicht mehr für die Menschen sondern für den Verkauf/Konsum.
Die Freiraumplanung arbeitet nicht mehr mit lebenden Pflanzen, weil sie zu teuer in Beschaffung und Unterhaltung sind. Es gibt einen reichhaltigen Katalog mit Fertig/Plastikpflanzen.
Ja so oder noch schlimmer wird es kommen. Die Umwelt wird nicht das Problem sein, sondern die Verarmung unserer Gesellschaft.“Für jeden das Gleiche und für mich das meiste!“ ist das heimliche Grundgesetz.

Hm, das von Dir geschilderte Scenario der Konsum- und Plastikwelt scheint mir kein Zukunftsbild sondern die Gegenwart zu sein. Und gerade weil das im Moment so ist und vielleicht auch noch absurder werden wird glaube ich das es auch wieder einen Umschwung geben wird. - Irgendwann ist einfach das Einfallslose an der totalen Ökonomie für jeden spürbar, dann wird sich auch etwas ändern. Meine Theorie dazu: Zuerst wird sich etwas sinnvolles, scheinbar vernünftiges ergeben: Etwa ein an Werte, etwa wie Nachhaltigkeit, gekoppeltes ökonomisches Prinzip. Doch dieses wird sich dann weiter entwickeln, nur um schließlich wieder völlig Absurd zu werden. Allerdings sind wir dann wieder einen Schritt weiter und können erneut etwas sinnvolleres beginnen.

Beste Grüße

Jochen Vollmer 10.06.2005 21:46

E X O D U S ! ! !
 
Exodus - und zwar intergalaktisch

Was der Druchschnittsdeutsche schon heut in seinem
Urlaub macht - Flucht aus dem Alltag in das selbst-
geschaffene Paradies (Ferienklub mit pauschalangebot
in Kenia) überträgt sich, nachdem die Phantasien der
Techniker getreu dem Motto "nichts ist unmöglich" -
was denkmöglich ist, ist möglich, Realität geworden
sind, in den intergalaktischen Raum.

Der Gaertner 15.06.2005 00:00

Re: Zeit und Wandel
 
Zitat:

Originally posted by Freiräumer
Huhu Planer!

Ich wollte mal eine Umfrage starten mit der wir uns wohl alle mehr oder weniger Inhaltlich beschäftigt haben oder beschäftigen werden.
Welche Bilder wird Stadtplanung, Landschaft und Architektur in der ferneren Zukunft zeichnen? Zeitliche Ausgangspunkte könnten sein: "Der letzte Tropfen Öl ist weg" oder "der Meeresspiegel ist um 3m nach oben gegangen", "..."welche Szenarios wären noch denkbar?"

Beitrag zu einem pessimistischen Szenario, das durchaus einen guten Markt ergäbe:
Vor 65 Jahren schufen die Landespfleger "Wehrlandschaften".
Dafür stehen heute in ganz anderem Umfeld die "garded communities". Die Motive sind identisch, die Planungsebene nicht.

Beitrag zu einem optimistischen Szenario, das sicher auf einen guten Markt träfe:
Gartenelemente werden mit Hilfe von Landschaftsarchitekten (und/oder der Zulieferindustrie) zu standardisierten Statussymbolen weiterentwickelt und durch mediales Product-Placement im Bewusstsein verankert.

Beitrag einem optimistischen Szenario, das allerdings keinen guten Markt ergäbe:
Die Menschen finden zurück zu natürlichen Bezügen, schaffen sich ihre individuelle Idylle und das ganz ohne Landschaftsarchitekten.

Das letztere Szenario ist nicht zu befürchten.

Freiräumer 21.06.2005 14:01

Zitat:

Originally posted by Der Gaertner


Beitrag zu einem optimistischen Szenario, das sicher auf einen guten Markt träfe:
Gartenelemente werden mit Hilfe von Landschaftsarchitekten (und/oder der Zulieferindustrie) zu standardisierten Statussymbolen weiterentwickelt und durch mediales Product-Placement im Bewusstsein verankert.

Beitrag einem optimistischen Szenario, das allerdings keinen guten Markt ergäbe:
Die Menschen finden zurück zu natürlichen Bezügen, schaffen sich ihre individuelle Idylle und das ganz ohne Landschaftsarchitekten.

Das letztere Szenario ist nicht zu befürchten.


Da melde ich Zweifel an, Titelgeändert, obwohl die Frage nach der Zukunft bestimmt auch über den Markt der Zukunft geklärt werden kann.

Denn: Der Garten und das Haus sind doch schon Statussymbole, siehe Webefernsehen und Filmproduktionen aller Art, also fest ins Bewusstsein "geplaced". Und der dort zu findende Markt wird doch schon besetzt von LA`s die irgendwelche Park-Inventargegenstände oder sonstiges entwickeln und mit Ihren Ideen direkt an den Produzenten gehen. (hab ich Sie richtig verstanden?)

Anders sehe ich die Chancen für einen Markt der durch ein breites Bewußtsein für Ökologie entstehen könnte. Es wäre dann möglich dem gemeinen Eigenheimhäusler, ähnlich wie jetzt dem Landwirten, einen Teil der Landschaftspflege anzuvertrauen. Also eine Kombination aus Eigenheimwohngebieten und Biotopvernetzung auf Privateigentum. Also entgegen dem modernen Trend zur Doppelhaushälfte und zum kleinen Grundstück zurück zum Groß-Grundstücke (mit nachbarschaftlich vernetzten Biotopen). Der LA könnte dabei die Koordination übernehmen- also einen "neuen" Markt erschließen. Es entstünden nicht Garten- sondern Landschaftsstädte.

Beste Grüße,

Martin

Jochen Vollmer 21.06.2005 19:09

Hallo Martin!

Zu dem letzten Punkt ist vielleicht der Entwurf von
Adolf Krischanitz für "Neues Bauen am Horn" in
Weimar interessant. Hier mal ein Link dahin.

Das Projekt ist mittlerweile fast vollständig(?)
realisiert. Vor etwa einem Jahr habe ich es
besichtigt. Zu diesem Zeitpunkt musste das
gebiet noch 'reifen'. Vermutlich hat es auch
heute noch nicht die Zielqualität erreicht -
Projekte im städtebaulichen Rahmen brauchen
wohl ihre Zeit...

Hier ist noch ein Link zu den ersten
Musterhäusern, erbaut von Walter Stamm-Teske und AFF.
Auch ein genauerer Plan der Siedlung ist dort zu finden.
Mein Eindruck vom ersten Besuch ist, dass vor
allem die Frage nach privaten Außenräumen
während der ersten Jahre der Siedlung - oder
so lange bis die Grünanlagen soweit sind - offen
bleibt. Ob die Grünanlagen das auffangen können
wird sich zeigen.



Jochen

Der Gaertner 21.06.2005 22:25

Zeit und Wandel
 
Zitat:

Originally posted by Freiräumer

Anders sehe ich die Chancen für einen Markt der durch ein breites Bewußtsein für Ökologie entstehen könnte. Es wäre dann möglich dem gemeinen Eigenheimhäusler, ähnlich wie jetzt den Landwirten, einen Teil der Landschaftspflege anzuvertrauen... Der LA könnte dabei die Koordination übernehmen- also einen "neuen" Markt erschließen. Es entstünden nicht Garten- sondern Landschaftsstädte.

Hallo Freiräumer,

das ist wirklich ein interessantes Thema mit interessanten Beiträgen (und die Teilnehmer sollten nicht durch irgendwelche Titulierungen ins Abseits gestellt werden).

Zum oben geschilderten, recht sympathischen Szenario stellen sich zwei Fragen:
1. Wollen die Landschaftsarchitekten sich wirklich dieser Sache annehmen?
2. Träumen die richtigen Ökologen wirklich von der koordinierenden Hand der Landschaftsarchitekten und wollen sie wirklich was dafür zahlen? Ich dachte immer, die bevorzugen die nachhaltige Koordinierung durch die natürliche Sukzession (?).

Bei Marktfragen denke ich halt immer an die Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft, das bringt mein Job so mit sich.

Freiräumer 22.06.2005 08:45

Re: Zeit und Wandel
 
Zitat:

Originally posted by Der Gaertner

1. Wollen die Landschaftsarchitekten sich wirklich dieser Sache annehmen?
2. Träumen die richtigen Ökologen wirklich von der koordinierenden Hand der Landschaftsarchitekten und wollen sie wirklich was dafür zahlen? Ich dachte immer, die bevorzugen die nachhaltige Koordinierung durch die natürliche Sukzession (?).

Unter Koordination verstehe ich Planung: also Raumeinteilung, (Initial)pflanzplan, Masterplanung, Pflegeplan, Verwebungsstrategien, eventuell auch Erfolgskontrolle.... Das ist glaube ich eine Sache der sich der LA annimmt, weil was soll er sonst tun? Eigentlich ist es nur eine Spielart herkömmlicher Planung. Ein anderes Bewusstsein oder Selbstverständnis der Masse führt (meiner Meinung nach) nur zu anderen Planungen oder anderen Ansätzen nicht zur Abschaffung der selbigen....

Ich schließe mich Ihrer Meinung über den "richtigen Ökologen" an. Dieser scheint aber schwarz-weißer "Extremist" zu sein, die Masse ist aber immer grau. (hoffentlich?!)Also könnten Extremisten, wie "richtige Ökologen" bestenfalls einen Nischenmarkt abgeben.

Zitat:

Originally posted by Der Gaertner

Bei Marktfragen denke ich halt immer an die Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft, das bringt mein Job so mit sich.

Womöglich müssen sich die LA`s, damit abfinden das sie ein Luxusprodukt herstellen, das in seiner Nachfrage direkt abhängig vom Wohlstand der Gesellschaft ist.

...Ein Grund mehr an dieser Stelle anzusetzen...

Jochen Vollmer 29.06.2005 14:38

Die Themen "Ökologie" und "aktueller Markt"
zu diskutieren ist sehr anstrengend.

Ohne das ich die wirtschaftliche Terminologie
beherrsche ist festzustellen, dass es auf
Konsumentenseite durchaus ein gesteigertes
Interesse an sog. ökologischen Produkten gibt.
Das beginnt beim biologisch abbaubaren
Kaffeemaschinenentkalker und geht über
chlorfrei gebleichtes Papier bis hin zum jüngsten
Entwicklungen im Bauwesen.
Sich durch die Verwendung obiger Produkte
ökologisch zu engagieren verleiht ein Sauber-
mann-Image, mit dem man gesellschaftliche
Anerkennung erlangen kann.

Die Gründe warum sich ökologische Produkte
nicht gänzlich durchsetzen liegen mit Sicherheit
auf Konsumentenebene. Die Geldknappheit ist
durch den Gaertner ja schon angesprochen
worden.
Als angehender Planer und Ingenieur - erst
recht als jemand der jungen Generation - sehe
ich ein überall unterschätztes Argument vor
allem in der Bequemlichkeit der Planer von heute.

Ökologische Qualitäten zu erarbeiten und zu
bewerten macht Arbeit und das passt so gar nicht
mit der heutigen Planermentalität - sprich: "die
schnelle Mark machen wollen" - zusammen.

Hier hat sich der Markt auf die Arbeitsweise
der Planer niedergeschlagen. Planer legen die
Mentalität des 'idealen Betriebswirtes' an den Tag:
"Womit ich meinen Gewinn maximiere ist egal. Ob
das mit Schweinezucht oder Altenpflege passiert
tut nix zur Sache - solange der Gewinn steigt.
Und jetzt im Augenblick ist es eben Planen."

Gibt es heute noch Planer bei denen die Maximierung
der Projektqualität im Mittelpunkt der Arbeit steht?



... Kritische Gedanken, auf die eine hoffentlich ebenso
kritische Auseinandersetztung folgt ...


Jochen Vollmer

Der Gaertner 29.06.2005 17:29

Zeit und Wandel
 
Zitat:

Originally posted by Jochen Vollmer
Die Gründe warum sich ökologische Produkte
nicht gänzlich durchsetzen liegen mit Sicherheit
auf Konsumentenebene...

Hier hat sich der Markt auf die Arbeitsweise
der Planer niedergeschlagen. Planer legen die
Mentalität des 'idealen Betriebswirtes' an den Tag:
"Womit ich meinen Gewinn maximiere ist egal. Ob
das mit Schweinezucht oder Altenpflege passiert
tut nix zur Sache - solange der Gewinn steigt.
Und jetzt im Augenblick ist es eben Planen."

Dem ersten Statement kann ich nur zustimmen und da liegt wohl auch der Hund begraben. Mehr noch: Das Wort "gänzlich" kann man getrost streichen. Seit Jahrzehnten gibt es Umfragen über den Wunsch nach ökologisch angebauten, landwirtschaftlichen Produkten. Und seit Jahrzehnten wissen wir, wie weit der geäußerte Wunsch und das reale Kaufverhalten auseinanderklaffen. Im Planungs- und Baubereich ist das nicht anders.

Drum würde ich nicht auf den Planern herumhacken. Die müssen auch leben und neben ihrer Familie vielleicht ein paar Mitarbeiter durchfüttern und von steigenden Gewinnen habe ich lange nichts gehört. Also die alte Regel: Kunst geht nach Brot!

Für mich ganz klar: Der Konsument ist der Schuft - also wir alle!

Jochen Vollmer 30.06.2005 11:14

Ganz klar: Wir alle tragen zur Situation bei.


Dennoch will ich meinen Standpunkt nicht so
leicht aufgeben. Denn die Seite der Planer
ist in doppelter Hinsicht zu bewerten. Zum
einen ist der Planer Konsument, zum anderen
ist er Produzent - zumindest aber der Seite
der Anbieter zuzurechnen.

Und auf letzteres will ich hinaus. Auch wenn
ich vergleichsweise wenig Praxiserfahrung habe,
habe ich doch das Gefühl, dass während der
Planungsphase eine Rückkopplung auf ökologische
Zusammenhänge nicht stattfindet.
Da wird munter drauflos gemalt und gebastelt
und am Ende, wenn alle Entscheidungen getroffen
sind, müssen ja auch noch die lästigen Formulare
(z. B. EnEV) ausgefüllt werden. 'Ausfüllen' im Sinne
von Zahlen an die richtige Stelle schreiben, scheint
mir dann auch die passende Beschreibung zu sein,
denn die Kenntnis der Zusammenhänge einzelner
Parameter ist nur selten vorhanden.

Das ganze ist umso verwunderlicher wenn man
bedenkt, dass entsprechende Planungshilfen für
integrales Planen zur Verfügung stehen, aber nicht
benutzt werden. Die Darstellung und Bewertung
ökologischer Zusammenhänge ist heute - rein
technisch gesehen - jedenfalls mit ein paar Maus-
klicks gemacht. Deshalb komme ich zu dem Schluss,
das Planer entweder 'bequem' oder - und das wäre
viel schlimmer - desinteressiert sind, wenn es um
ihre Projekte geht.


Jochen Vollmer

Freiräumer 01.07.2005 12:17

Zitat:

Originally posted by Jochen Vollmer

Das ganze ist umso verwunderlicher wenn man
bedenkt, dass entsprechende Planungshilfen für
integrales Planen zur Verfügung stehen, aber nicht
benutzt werden. Die Darstellung und Bewertung
ökologischer Zusammenhänge ist heute - rein
technisch gesehen - jedenfalls mit ein paar Maus-
klicks gemacht. Deshalb komme ich zu dem Schluss,
das Planer entweder 'bequem' oder - und das wäre
viel schlimmer - desinteressiert sind, wenn es um
ihre Projekte geht.

Da liegt die Crux meiner Meinung nach am "Teamaufbau".
Ein kleines Planungsbüro mit 5 Mitarbeitern, unterschiedlicher
Fachrichtungen, ist selten so spezialisiert. Denn von den
Mitarbeitern hat jeder auf seinem Fachgebiet auch noch mal
eine "Profil" mit bestimmten Schwerpunkten eingeschlagen.
Diese passen dann nicht immer exakt zu den anderen "Profilen".
Es entstehen allgemein gültige Konzepte, die technisch nicht
100% ausgeführt werden. (was ist mit größeren Büros?)
Der Gegenpol sind die spezialisierten Ing-Büros. Diese können
100% des technisch Machbaren auf ihrem Gebiet anlegen,
tun sich aber auf Grund Ihrer gemeinsamen Fixierung, schwer mit
der Integration in Gesamtkonzepte.

Das spricht leider für den Generalunternehmer.

Jochen Vollmer 01.07.2005 14:04

Durch Spezialisierung ist das von mir angesprochene
Problem sicher nicht zu lösen. Darin liegt vielmehr der
Auslöser!

Spezialisieren bedeutet einen Aspekt herausgreifen und
alles andere drumherum zu vergessen. Und genau so
arbeitet ein Spezialist. Ihm fehlt die Fähigkeit Verbindungen
zwischen seinem Thema und anderen Themen zu erkennen.
Deshalb passiert es immer wieder das ein Teilproblem
aus Sicht des Spezialisten perfekt gelöst ist, aber das
Ganze insgesamt durch den spezialisierten Eingriff weniger
gut darsteht.

Der Aufgabenbereich des Architekten muss genau hier
ansetzen: Er muss die Gesamtheit der Dinge steuern und
regeln. Dazu muss er die Verbindungen der Teilbereiche
kennen, quantitativ und qualitativ. Er muss in der Lage sein,
die Tendenz von Eingriffen in ihrer gesamten Tragweite
abzuschätzen. Der Architekt ist demnach kein Spezialist
sondern ein Generalist.

Selbstverständlich muss sich auch ein Generalist Schwerpunkte
setzen um handlungsfähig zu sein. Jedoch kann und darf
das nicht im Sinne einer Spezialisierung geschehen. Speziali-
siertes Arbeiten heißt Dinge aus ihrem Umfeld heruausgelöst
bearbeiten. Rückkoppelungen werden also ignoriert.
Wenn man sich als Architekt dazu entscheidet Schwerpunkte
zu setzen, so muss dies im Sinne einer 'Konzentration'
geschehen. Nur dann bleibt die Verknüpfung des Einzelnen
zum Ganzen bestehen. Das Einzelne ergibt sich dann sogar
aus seinem Umfeld.

Ich denke, dass hier ein nicht unwesentliches Problem unserer
Zeit liegt: Im Streben nach immer 'genaueren' Daten. Dabei
geht die Information (Information ist Verknüpfung von Daten)
immer mehr verloren.



Jochen Vollmer

Freiräumer 01.07.2005 14:37

Zitat:

Originally posted by Jochen Vollmer
Durch Spezialisierung ist das von mir angesprochene
Problem sicher nicht zu lösen. Darin liegt vielmehr der
Auslöser!

Der Aufgabenbereich des Architekten muss genau hier
ansetzen: Er muss die Gesamtheit der Dinge steuern und
regeln. Dazu muss er die Verbindungen der Teilbereiche
kennen, quantitativ und qualitativ. Er muss in der Lage sein,
die Tendenz von Eingriffen in ihrer gesamten Tragweite
abzuschätzen. Der Architekt ist demnach kein Spezialist
sondern ein Generalist.


Ich denke, dass hier ein nicht unwesentliches Problem unserer
Zeit liegt: Im Streben nach immer 'genaueren' Daten. Dabei
geht die Information (Information ist Verknüpfung von Daten)
immer mehr verloren.

Der von dir eingeforderte Generalist sollte aber nicht in
einem Planungsbüro sitzen, sondern im Amt. Ein kleines Büro, kann dieser "universalen" Anforderung nicht gerecht werden, es sei denn das sind alles Übermenschen.

Jochen Vollmer 04.07.2005 16:32

!?

Sicher bedarf es Spezialisten um einen notwendigen
Grad der Detailierung zu erreichen. Dennoch muss
der verantwortliche Architekt in der Lage sein, dieses
Arrangement von Spezialisten zu führen.
Seine Aufgabe ist es die Konstellation von Spezialisten
so anzulegen, dass ein optimales Projekt herauskommt.
Dazu benötigt er einen allgemeinen Überblick über die
Dinge und deren Zusammenspeil und kein Detail-
wissen in Einzelbereichen.

Unter Generalist verstehe ich keineswegs so etwas
wie einen 'Spezialisten in allen Bereichen', sondern
das oben genannte.

Auch ein kleines Büro kann dieser Aufgabe gerecht
werden! Kleine Büros bearbeiten meistens kleinere
Projekte, mit einem geringen Grad an Komplexität,
der durchaus handhabbar ist.
Allerdings ist eine andere Mentalität (Denkweise)
nötig um der Komplexität Herr zu werden. Der Schwer-
punkt des Denkens muss von quantitativen Aussagen
auf qualitative Aussagen umgelagert werden. In den
meisten Fällen sind tendenzielle Aussagen hinreichend
um Entscheidungen zu treffen.
Stattdessen wird eine umfassende Planung mit dem
Verweis auf die unproportional steigende Datenmenge
abgelehnt. Dabei sind wenige Schlüsseldaten ausreichend
um Aussagen zu treffen, vorausgesetzt sie werden richtig
in Beziehung gesetzt.

Freiräumer 04.07.2005 20:56

Zitat:

Originally posted by Jochen Vollmer
!?

Unter Generalist verstehe ich keineswegs so etwas
wie einen 'Spezialisten in allen Bereichen', sondern
das oben genannte.

Aha, ich glaube nun besser zu verstehen was gemeint war.
Allerdings dachte ich eher das ein Generalist von Nöten sei, der die Situation unabhängig und in einen "größeren" Zusammenhang einordnet. Der "Erfolg" oder die "Qualität" der Planung würde also nicht lediglich an der optimalen Umsetzung des Büros gemessen, am Projektmanagement, sondern auch an dem gesellschaftlichen und zeitlichem Kontext.
Dieser Generalist sollte meiner Meinung nach im Amt sitzen. Dabei will ich wenigstens erwähnen, daß ich die kritische Auseinandersetzung des einzelnen Planers mit Zeit und Gesellschaft für wichtig halte . Es darf also keinen einseitigen Datenfluß zwischen Büro und Amt geben.

Um auf das Thema "Zukunft" zurück zukommen, fasse ich noch einmal zusammen was bisher innerhalb der "Marktdiskussion" angeschnitten wurde.

- es besteht ein Bewußtsein für Ökologie aber dies zeichnet sich noch nicht im Kaufverhalten des Konsumenten ab (Verantwortungslosigkeit oder Preisentscheidung)

- "ökologische Planung" wird nicht bestmöglich ausgeführt. (Bequemlichkeit/ Desintresse/Bürostrukturen, Mängel in der Auswertung von Daten und Wissenschaft, Wirtschaftlichkeit,..)

Dies betrachtent komme ich auf folgende Schlüße:

- Davon ausgehend, das es nicht lebbar ist, aus jedem Konsum einen Gewissensentscheid zu machen, muss es politische Lösungen geben, die Nachhaltigkeit (beim Bau, beim Wohnen und Leben, bei der Produktion) fördern, bzw. deutlich günstiger machen als Produkte die eben nicht mit dem (Plastikwort) Nachhaltigkeit beschreibbar sind.
- Eine Zukunft ohne die aufgeführtren Mängel in der Planung dürfte nicht das Motto "Zeit ist Geld" haben.
(persönlicher Diskussionsergänzung: )
- ein gewisses Maß an planwirtschaftlicher Steuerung ist Nötig, um die, wie ich finde unsinnige Konkurenz, der einzelnen Städte und Standorte aufzuheben, um so eine sinnvolle (schon wieder nachhaltige) Entwicklung als Ganzes vollziehen zu können. Allerdings soll dabei nicht die Weisheit aus dem Amt auf den Planer und Bürger fallen, sondern vielmehr umgekehrt vom Freien Planer und Bürger auf die bündelnde Behördlichkeit zukommen, um von da aus verteilt zu werden.

Beste Grüße,

Martin

Jochen Vollmer 04.07.2005 23:42

Zitat:

Originally posted by Freiräumer

ein gewisses Maß an planwirtschaftlicher Steuerung ist
Nötig, um die, wie ich finde unsinnige Konkurenz, der
einzelnen Städte und Standorte aufzuheben, um so
eine sinnvolle (schon wieder nachhaltige) Entwicklung
als Ganzes vollziehen zu können.

Das von Dir beschriebene 'übergeordnete Planung'
auf regionaler Ebene wird in der Region um Frankfurt
am Main exemplarisch umgesetzt und erprobt.
Dies hat genau den von Dir erwähnten Effekt zum
Ziel, die Konkurenz zwischen Gemeinden zu verringern
und Über- bzw. Unterkapazitäten im Flächennutzungs-
plan zu vermeiden. Auch ein entsprechendes Ausgleichs-
flächenmanagement wird auf dieser Ebene durchgeführt.

Offensichtlich ist man mit dem Planungsergebnis zufrieden.


Jochen Vollmer

uodalrich 04.03.2010 21:08

AW: Zeit und Wandel
 
Ich denke dass sich Wohnungsbau darauf konzentrieren wird (und muss) unter die Erde zu gehen, wenn man die Natur nicht in noch höherem Maße schädigen und zerstören will.
Arbeiten unter der Erde - Erholung oben.

Mutter Erde braucht uns nicht - wie schaut´s da mit uns aus?

Gruß, Udo

Florian 04.03.2010 23:58

AW: Zeit und Wandel
 
Woher weißt Du, dass wir unter der Erde Mutter Natur weniger schaden?

uodalrich 07.03.2010 16:31

AW: Zeit und Wandel
 
Zitat:

Zitat von Florian (Beitrag 38111)
Woher weißt Du, dass wir unter der Erde Mutter Natur weniger schaden?

O.K. der Punkt geht an Dich! Aber, wenn sowieso schon unterkellert wird - und das auch schon immer in den GW-Bereich - dann ist es sicherlich verträglicher nochmals 2 Stockwerke tiefer zu gehen und die Oberfläche zu renaturieren, als z.B. nur den Verkehr unter die Erde zu legen, was ja von vielen auch schon vorgeschlagen wird. Natürlich muss man die Entwicklung für z.B. Abdichtung mehr verfolgen - aber in Sachen Wärmeschutz wäre die Variante auch unschlagbar. Schließlich muss man nicht sehr tief gehen um konstante 8° C "Aussentemperatur" zu erreichen. Ergo: weniger Energieverbrauch, weniger Dämmung und weniger Sondermüll!

Wenn Du dann natürlich jetzt mit dem Thema Brandschutz kommst, muss ich wieder klein bei geben. Kommt aber immer darauf an in welche Richtung man die Entwicklung vorantreibt. Die geht eben im Moment Richtung EnEV2009 und das heißt für mich leider: Sondermüll ans Haus!

Aber natürlich hast Du auch in gewisser Weise recht. Es wird keine Lösung geben die "gut" für die Natur ist. Das Wort umweltfreundlich gehört für mich sowieso aus dem Vokabular gestrichen. "Nicht ganz so schädlich wie andere" würde es besser treffen.

Gruß, Udo

personal cheese 07.03.2010 22:44

AW: Zeit und Wandel
 
Zitat:

Zitat von uodalrich (Beitrag 38127)
aber in Sachen Wärmeschutz wäre die Variante auch unschlagbar. Schließlich muss man nicht sehr tief gehen um konstante 8° C "Aussentemperatur" zu erreichen. Ergo: weniger Energieverbrauch, weniger Dämmung und weniger Sondermüll!

Dafür aber höherer Energieverbrauch durch künstliche Belüftung und Beleuchtung. Nicht ohne Grund sind Bunker in Bau und Unterhalt so teuer...

uodalrich 08.03.2010 12:29

AW: Zeit und Wandel
 
Für Beleuchtung ja. Aber an der neuen EnEV kommst Du ohne Lüftung auch kaum noch vorbei. Wir werden da wohl nie auf einen Nenner kommen. Das Thema hängt immer am Punkt Energie - und hier steht die Nutzung von alternativer Energie immer noch hinter dem Öl an. Lobby hurra.

Kieler 08.03.2010 12:42

AW: Zeit und Wandel
 
ich versteh´ grad mal nicht an welcher Stelle die EnEV 2009 den Einbau von
Sondermüll vorschreibt?
Zwei Stockwerke tiefer bauen heißt ja wohl grundsätzlich im Grundwasser zu
sein, ob das ökologisch ist? Abgesehen davon haben wir jetzt schon
Milliardenschäden, weil es anscheinend so schwer ist gegen Bodenfeuchte
abzudichten, um wie viel werden die Schäden steigen wenn wir im drückenden
Wasser sind?
Was ist mit Wasser/Abwasser? Muss dann alles gepumpt werden, Licht hatten
wir ja schon und Gollum-Feeling ist auch nicht jedermanns Sache, nene der Weg
nach unten ist kein Weg nach oben ;)


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