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noone
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noone: Offline


noone is a jewel in the rough noone is a jewel in the rough noone is a jewel in the rough noone is a jewel in the rough

Beitrag
Datum: 07.09.2010
Uhrzeit: 14:05
ID: 40751



AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ? #18 (Permalink)
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Zitat:
- Ich habe in meiner jetzigen Position mit vielen Architekten zu tun, gerade Absolventen fehlen zum teil Grundlagen und Fachwissen die nach dem Studium wichtiger wären als der reine Entwurf. - Ich finde es zum teil verwerflich, gerade Studenten, die über keinerelei Berufserfahrung verfügen reden schlecht über Hochschulen die das Architekturstudium recht technisch aufbauen, aber gerade das ist doch was einen von den anderen abhebt, und dies wird am Markt auch eher gefragt.
- Die Realität ist doch in den meißten Fällen, der Chef macht den Entwurf und lässt ihn ausarbeiten, was natürlich dann mehr techn. know how benötigt.
Ich kenne einige Architekten wie auch Bauingenieure und kenne auch die Gehaltsstrukturen in beiden Bereichen, der Architekt kommt dort deutlich schlechter weg, wobei auch der Bauingenieur schon nicht besonders gut bezahlt ist wenn man dies mal auf die Stunden die er macht umrechnet. - Aber der Architekt liegt da noch deutlich dahinter, da auch die Absolventen des "Entwurfs" auch das techn. know how dazulernen müßte eigentlich dort das Gehalt nach einiger Zeit deutlich steigen. - Dies ist nicht der Fall.
Ich hatte auch an einer Schule mit einer sehr fundierten technischen Ausbildung studiert - die Uni Karlsruhe. Wir mussten zu jedem Entwurf (die grossen Semesterentwürfe) Details bzw. Ausführungsplanung machen.

Trotzdem - egal wie viele Schnitte und Details du auch zeichnest - Du brauchst einfach 2-3 Jahre im Beruf, bis du ein fundiertes Fachwissen hast. Du brauchst das Feedback von Handwerkern und Baustelle, um zu lernen, wie man was ausführbar detailliert.

Man kann die schlechte Situation mit vielem begründen, doch immer alles auf das Studium zu schieben, finde ich einfach feige. Das Studium bringt Basiswissen bei, und ein Absolvent ohne Berufserfahrung kann einfach nicht von Tag 1 an effektiv arbeibeiten. Das ist in keinem Studienfach so.

Ich finde es übrigens auch richtig, dass vorrangig Entwurf gelehrt wird, weil eine Fortbildung im Entwurf nach dem Studium nicht mehr stattfindet. Im Büro machen das entweder die Chefs, oder die, die sehr stark im Entwurf sind. In grossen Büros macht das dann die Wettbewerbsabteilung.

Wenn du mit einem Ordner voller Fachwissen an Details kommst, aber wochenlang an einem Entwurf herumbrütest, wirst Du keinen weiteren Entwurf mehr machen dürfen.


Die ganze Diskussion über Gehälter und Inhabergewinne dreht sich genauso im Kreis wie die über die Mindestlöhne in der Wirtschaft.

Wirtschaftliche Interessen werden immer mit Appel an die Ängste - wie z.B. bei hohen Löhnen gefährden wir unsere Standorte/Arbeitsplätze - durchgesetzt. Die Frage ist doch, ob wir tarifliche Mindestlöhne festsetzen oder nicht. Tun wir es nicht, wird wohl für einige Berufsgruppen - sorry, die Architekten gehören unter den Akademikern definitif dazu - eine Existenz mit Billiglöhnen die Folge sein.

Wenn wir aber Tarife festsetzen, ist die Folge ja nicht, dass alle Büros schliessen werden, sondern dass die Architekten ihre Honorarermittlungsgrundlage neu überdenken müssen. Eine HOAI-Novelle ist zur Zeit ja kaum möglich, weil sich jeder unterhalb der Mindestgrenze unterbietet. Es muss einen Tarif für alle Architektenleistungen geben, und auch Firmen, die Architekten einstellen, müssen sich an diese Tarife halten. Nur so kann man die Missstände des Lohndumpings verhindern. Appelle an die Moral bringen in Politik und Wirtschaft leider gar nichts.

Zitat:
Bei einem Bekannten in der Schreinerei müssen die Angestellten seit ca. 2 Jahren fast jeden Tag 1-2 Überstunden machen und von 52 Samstagen mind. 40 im Jahr arbeiten. Die zusätzlichen Arbeitsstunden werden ordentlich bezahlt bzw. ausgeglichen. Die Leute gehen teilweise auf dem Zahnfleisch. Er als Chef übrigens auch. Aber wem's nicht paßt, der kann jederzeit gehen. Das hört sich schlimm an, aber verglichen mit Strukturen in anderen Industrienationen geht's uns Deutschen doch recht gut.
Sorry - aber wenn es dem Betrieb langfristig - und zwei Jahre sind langfristig - gut geht, dann gehört es sich, zusätzlich jemanden einzustellen. Die unzähligen Überstunden vernichten Arbeitsplätze, und sind zudem sozial unzumutbar. Schreiner oder Architekt, man muss ja noch ein Mindestmass an Privatleben haben, nicht umsonst gibt es gesetzlich festgesetzte Höchstarbeitszeiten.

Beispiele aus anderen Ländern bringen da gar nichts, was hilft es mir, wenn in China Arbeiter noch unter den gleichen Bedingungen arbeiten wie in Europa zu Zeiten der industriellen Revolution?

Dann können wir unter dem Prinzip, dass es irgendwo noch schlechter ist, gleich alle Gesetze wegdiskutieren und in eine archäiche Gesellschaft zurückfallen, in der das Recht des Stärkeren zählt.

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