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Archimedes
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Datum: 23.01.2016
Uhrzeit: 21:52
ID: 55177



AW: Planung Einfamilienhäuser- lohnt sich das ? #4 (Permalink)
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Ein verdammt weites Feld dieses Thema Einfamilienhäuser und Architekten. Darüber könnte alleine ich hier Aufsätze mit mehreren hundert Seiten verfassen. Dafür ist mir mein bißchen Freizeit aber etwas zu schade.

Grundsätzlich hat, denke ich, fast jeder Architekt, der sich irgendwann selbständig gemacht hat mit Einfamilienhäusern angefangen oder zumindest schonmal das ein oder andere im Bekannten- oder Freundeskreis geplant.
Man braucht diese Art von Projekten vielleicht gerade am Anfang um Erfahrungen zu sammeln und die eigene Leistungsfähigkeit, Ausdauer und Beratungskompetenz zu testen. Es gibt kaum schwierigere Kunden als private Bauherrn, die sich ihr Wohnhaus bauen lassen. Von daher häufig ein echter Nerventest.

Ich durfte relativ früh schon vor meinem Studium private Wohnhäuser in Eigenregie planen. Obwohl das erste Projekt nun schon mehr als 20 Jahre zurückliegt, habe ich noch kein allgemeingültiges Rezept gefunden solche Projekte nach einem bestimmten Schema anzugehen und abzuwickeln. Die Persönlichkeiten und Aufgaben sind einfach zu unterschiedlich um jeden Privaten gleich behandeln zu können. Ich lasse mich auch heute noch auf jeden Kunden absolut individuell ein und gestalte das Erstgespräch völlig frei.

Alleine von Einfamilienhäusern zu existieren ist nicht unmöglich, aber schon sehr hart. Man sollte, wenn man diese Art von Projekten dauerhaft machen möchte das Portfolio gut durchmischen und langfristig Wohnhäuser mit max. 40 % gewichten. Die anderen 60% sollten Projekte sein, die unabhängig von privaten Kunden laufen und aus dem gewerblichen oder öffentlichen Bereich kommen und höhere Bausummen mit entsprechenden Honoraren aufweisen.

Außerdem muss sich jedes private Projekte rechnen, also zumindest beim Honorar eine schwarze Null ergeben. Alles andere ist wirtschaftlicher Harakiri. Klar schluckt man gerade am Anfang mal die ein oder andere Kröte um sich ein Portfolio aufbauen zu können, aber man muss mindestens kostendeckend arbeiten, wenn schon kein Gewinn generiert wird.

Ich bin daher durchaus dankbar, dass es Schlüsselfertiganbieter und Fertighausfirmen gibt, die die privaten Kunden übernehmen, die ich nicht bedienen kann oder bedienen will.

Rein kalkulatorisch fangen private Wohnhäuser sich für mich ab ca. 360.000 Euro Bruttobaukosten an honorarseitig zu rechnen, wenn man die HOAI 2013 mit Mindestsatz zu Grunde legt. Ich habe mir dazu allerdings ein eigenes Preisverzeichnis entwickelt, welches die Leistungsphasen anders gewichtet als die HOAI. Die LPHs. 1-4 sind danach deutlich günstiger und die LPHs 5-8 deutlich teurer als die HOAI es vorgibt. Auf dieser Basis schließe ich meine Verträge bei privaten Bauvorhaben, kleinere Projekte laufen auch mal auf Stundenbasis.

Von unserem Honorarumsatz machen Einfamilienhäuser (Neubau) ca. 40% aus.
Es wäre ein noch höherer Anteil, wenn ich nicht etwas selektieren würde. Wenn ich spüre das die Chemie nicht stimmt, lehne ich die Zusammenarbeit (elegant) ab. Ebenso wenn ich Korinthenkacker auf der Gegenseite vermute...nicht selten aus den Berufsgruppen Medizin, Recht und Bildung.
Es liegen von den Wohnhäusern, die wir planen, ca. 80% über den genannten 360.000 Euro Bruttobaukosten, ab welchen es sich nach HOAI rechnet. Da ich aber mit eigenen Mindestsätzen rechne, kommen wir auch bei den 20% der Häuser klar, die günstiger sind. Wohnhäuser im engsten Freundeskreis plane ich in der Regel nicht mehr.
Es sind fraglos sehr intensive Projekte mit hohem Betreuungsaufwand, aber auch mit vielen Möglichkeiten in Sachen Individualität und Gestaltung. Außerdem ist die Sache ein Selbstläufer in Sachen neue Projekte. In keinem Bereich funktioniert die Mund-zu-Mund-Propaganda besser. Wenn man Mist baut, dann natürlich auch im Negativen.

Fazit:
Einfamilienhäuser können sich lohnen, Spaß machen und für das Büro eine Bereicherung darstellen, aber man sollte sich die Möglichkeit erarbeiten selbst zu wählen, für welchen Kunden man tätig sein will.

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