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Arno Dübel
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Arno Dübel: Offline


Arno Dübel is on a distinguished road

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Datum: 08.09.2021
Uhrzeit: 13:07
ID: 57842



AW: Architektengehälter 2021 #9 (Permalink)
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Ich habe mich in diesem Arbeitgeberportal angemeldet, um aus Sicht eines angestellten Architekten die Zustände in den Büros zu beschreiben.

Ich habe bis 2002 Architektur studiert. Das Studium lief richtig gut, ich habe einige Wettbewerbe gewonnen, war hochmotiviert und total begeistert von der Sache.

Nach dem Studium kam dann das kalte Erwachen. Nach anfänglicher Arbeitslosigkeit bekam ich ein Anfangsgehalt von stolzen 800 € (brutto!!!) – zahllose unbezahlte Überstunden, Nachtschichten und Wochenendarbeit selbstverständlich inklusive. Nach 10 Jahren hatte ich mich dann langsam auf fantastische 2.800 € (brutto) hochgearbeitet. Anderen erging es ähnlich („Generation Praktikum“). Der Markt war mit arbeitslosen Absolventen geflutet, nahezu täglich flatterten Bewerbungsschreiben rein. Diese „goldenen Arbeitgeberzeiten“ Anfang der 2000er haben die Chefs nachhaltig geprägt. Noch heute klingt deren arrogante Gutsherren-Art in manch frecher Stellenanzeige durch.

Was Kolumba bezüglich der Honorare schreibt, kann ich im Wesentlichen bestätigen. Ich habe in unserem Büro zufällig ein Schreiben des Steuerbüros bezüglich der Honorareinkünfte des Chefs gefunden, das mich schwer beeindruckt hat. Der Unterschied in den Einkünften (nach Steuern) liegt bei Faktor 10. Auch ohne diese Info werden die meisten Angestellten bereits bemerkt haben, wie sehr sich der eigene Lebensstandard von dem des Chefs unterscheidet. Brutale Abzocke und Betrug sind Grundprinzipien unseres Systems. In einem Architekturbüro ist dies aber auf so groteske Weise auffällig, weil die Ausgangssituation - ein abgeschlossenes Architekturstudium - bei allen Beteiligten gleich ist.

Mittlerweile bin ich ins Bauamt geflüchtet und verdiene 5.000 € brutto. In einigen Jahren werden es dann ca. 5.900 € sein (Endstufe Tarif). Der Job ist zwar langweilig, aber mit geregelten Arbeitszeiten. Ich bedaure, meinen Beruf aufgegeben zu haben. Ein Zurück in die Knochenmühle wird es aber nicht geben.

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