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Konstruktiv 26.01.2009 19:18

Sozialistische Architektur?!
 
Abend allerseits, ich bins mal wieder! ;)
Dieses mal ist mir spontan eine Frage zur Architektur selbst
eingefallen, zu der hoffentlich irgendwer was zu sagen hat.:D
Es geht um folgendes : Wir alle kennen ja die Nazi-Architektur zuhauf,
ein Suchlauf in Google wird mit massig Bildmaterial, Berichten und
Vergleichen entlohnt...(*hust* geschmacklos *hust*)
Wie dem auch sei, ich dachte mir ,dann müsste sich doch auch was
zu einem Architekturstil finden lassen, welcher in "kommunistischen" Regimes
vielfach Verwendung fand, und eigene Züge / Charakteristika aufweist.
Aber nein, Google hat irgendwie nichts zusammenhängendes ausgespuckt,
und so frage ich nun euch um Rat : existiert solch ein markanter Stil
überhaupt? Hat jemand vielleicht Bilder von realisierten Bauwerken, typische Merkmale oder sonstiges an Meinungen / Infos einzubringen?
Dann immer her damit, ich bin gespannt! mfG :)

flash 26.01.2009 20:11

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Hallo

versuchs mal mit den Stichworten "Suprematismus", "Konstruktivismus", "Sowjetische Avantgarde" und zeitlich nachfolgend mit "Stalinistischer Architektur", später wird dann die "Platte" (Plattenbau) und "Standartisierung" ein Thema in der "sozialistischen Architektur". Ich würde sagen bezeichnend für diese Aspekte sozialistischen Architekturentwicklung ist, dass sie sich auf die Menschen als Masse und nicht als Individuum bezeihen (siehe Geschichte des "sozialistischen Städtebaus"). Beispielhaft seien dir hier zwei Planungen der SED in Dresden genannt - die Altmarktbebauung (Altmarkt Dresden 1953 - 58, von Herbert Schneider und Johannes Rascher - Architektur des 20. Jahrhunderts) im Hinblick auf die Stalinistische Architektur und die Prager Strasse (Die Neue Prage Strae in Dresden ab 1963 - Architektur aus DDR- Deutschland im 20. Jahrhundert) im Hinblick auf den darauffolgenden Paradigmenwechels des DDR-Regimes. Weiter Beispiele sind z.B. Halle-Neustadt oder Eisenhüttenstadt (ehemals Stalinstadt). Wenn du Beispiele für die frühe sowjetische Avantgarde sehen möchtest dann suche nach Namen wie "El Lissitzky", "Alexander Rodschenko", "Malewitsch", "Tatlin" oder "Tschernichow".

Ciao Gordon

Tom 26.01.2009 22:46

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Versuche es mal mit Sozialistischer Klassizismus.

Konstruktiv 28.01.2009 13:45

AW: Sozialistische Architektur?!
 
OK, erstmal wollte ich euch für die Antworten danken,
genau das habe ich gesucht. Vor allem flash , deine Antwort war wirklich sehr
ausführlich und im Grunde hat mich das ganz bedient. ^^
Das zu Dresden als Beispiel wirklich sehr interessant!
mfG :)

flash 28.01.2009 14:52

AW: Sozialistische Architektur?!
 
... gern geschehen. Wenn du es in live noch sehen willst dann solltest du dich beeilen, weil die Dresdener drauf und dran sind die Prager Straße als Ensemble völlig zu verunstalten, wenn es sogar nicht schon zu spät ist, da das Centrum Warenhaus (Centrum Warenhaus Dresden 1973-78 (Abriss: 2007) - Beispiel Architektur der Nachkriegsmoderne in der DDR) z.B. schon abgerissen wurde.

Ciao Gordon

torgalf 31.05.2009 20:51

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Was ist sozialistische Architektur?
Um diese Frage beantworten zu können, muss man Wissen und Klarheit darüber haben, was Sozialismus ist.
Die Architektur der DDR und der Sowjetunion, oder China, als sozialistische Architektur zu bezeichnen ist oberflächlich und führt nicht zum tiefergehenden Verständnis von Idee und Wesen sozialistischer Architektur.
Sozialistische Architektur hat weder was mit: Zitat flash " Ich würde sagen bezeichnend für diese Aspekte sozialistischen Architekturentwicklung ist, dass sie sich auf die Menschen als Masse und nicht als Individuum beziehen..." noch mit "Platte" (Plattenbau) und "Standardisierung"... zu tun.
Sozialistische Architektur unterscheidet sich von der bürgerlichen Architektur grundsätzlich.
Die Unterscheidung beginnt mit den (Bau) Materialien entfaltet sich in der Anordnung der Räume z.B. nicht Vertikale Anordnung (Geschoßwhg.) sondern horizontal (nebeneinander = Kommunikation) und mündet in der Erkenntnis, das die Architektur nur eine unterstützende Funktion in der Herausbildung kollektiver, menschlicher Verhältnisse einnimmt.
Richtig verstanden und angewendete Sozialistische Architektur kann niemals Massen (Plattenbau)- und Gleichmacherei (Rasterbau) hervorbringen. Das widersprich der sozialistischen Idee und Dialektik. Jeder Mensch ist ein Einzelwesen und hat seine eigene Geschichte. Menschen sind gesellschaftliche Wesen und keine seelenlose Masse.
Egal ob BRD-Architektur oder DDR-Architektur, wenn menschliche Verhältnisse mittels Architektur zerstört werden, dann muss die Architektur zerstört werden!
Wie sagte noch Ton-Steine-Scherben?: macht kaputt, was euch kaputt macht!
migg-rot

k-roy 01.06.2009 11:55

AW: Sozialistische Architektur?!
 
hier liegen wunschdenken und architekturanalyse meilenweit voneinander enfernt.

flash 01.06.2009 18:32

AW: Sozialistische Architektur?!
 
@ Torgralf: Die Punkte, die du ansprichst sind ja an sich recht interessant und diskutierenswert, nur wäre es mir lieb von deiner Seite her gewisse Begrifflichkeiten zu präzisieren, die etwas schwammig daherkommen.

"Um diese Frage beantworten zu können, muss man Wissen und Klarheit darüber haben, was Sozialismus ist."
- Was IST diese Klarheit? Kannst du das benennen? Also was würdest du darunter verstehen, was Sozialismus ist? (Man merkt in deinen Worten einen unterschwelligen Vorwurf, dass andere, auch ich, bevor sie darüberreden, über dein Verständnis des Sozialismus informiert sein sollten.)

Die Unterscheidung beginnt mit den (Bau) Materialien entfaltet sich in der Anordnung der Räume z.B. nicht Vertikale Anordnung (Geschoßwhg.) sondern horizontal (nebeneinander = Kommunikation) und mündet in der Erkenntnis, das die Architektur nur eine unterstützende Funktion in der Herausbildung kollektiver, menschlicher Verhältnisse einnimmt.

Woher nimmst du diese Kategorien? Spezifische "sozialistische" Baustoffe - wo sind die? Generell liessen sich diese Kommunikationsmodelle auch bei z.B. "kapitalistischer" Architektur nachweisen.


Richtig verstanden und angewendete Sozialistische Architektur kann niemals Massen (Plattenbau)- und Gleichmacherei (Rasterbau) hervorbringen. Das widersprich der sozialistischen Idee und Dialektik. Jeder Mensch ist ein Einzelwesen und hat seine eigene Geschichte. Menschen sind gesellschaftliche Wesen und keine seelenlose Masse.

Hast du ein Beispiel von richtig verstandener bzw. angewandter sozialistischer Architektur, an dem man die von die hervorgebrachten Charkteristika überprüfen könnte?
Um noch meinen persönlichen Hintergrund, von dem ich ausgehen muss, ins Spiel zu bringen: ich bin, wenn auch einen geringen Teil meines Lebens, im realexistierenden Sozialismus aufgewachsen und ziehe daher und natürlich aus den noch bestehenden Architekturen dieser Zeit meine Erfahrungen. Warum denkst du dieser Staat wäre kein richtiger Sozialismus gewesen? Die philosophische Dimension, die weiterhin noch mit einbringst gilt es auch noch zu präzisieren: wo taucht in der sozialistischen Ideologie der oben angesprochene Individualismus auf?


Egal ob BRD-Architektur oder DDR-Architektur, wenn menschliche Verhältnisse mittels Architektur zerstört werden, dann muss die Architektur zerstört werden!
Wie sagte noch Ton-Steine-Scherben?: macht kaputt, was euch kaputt macht!
migg-rot


Diese Aussage finde ich ein bisschen platt und nbicht wirklich konsequent. Warum alles zerstören - warum nicht hinterfragen, verstehen, umnutzen, recyceln oder was auch immer...


Ciao Gordon

rokdd 26.10.2009 21:43

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Hi,

In Bratislava gibt es auch sehr sehr viele sozialistische Bauten jeder Art. Habe auch ein paar Photos online, die ich diesen September gemacht habe. Habe durch Zufall in einer Bücherhandlung auch eine Art Dokumentation von Peter Zalman gefunden, der alle Gebäude in der Stadt katalogisiert hat..

Viele Grüße!

torgalf 12.08.2010 12:45

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Eine "etwas" verspätete Antwort auf verschiedenen Fragen zum Begriff Sozialismus und sozialistische Architektur.
Vorbemerkung: Mein Interesse ist es nicht, Dinge und Begriffe zu erklären, die man überall nachgelesen kann und schon abgehandelt sind.

Z.B. Also was würdest du darunter verstehen, was Sozialismus ist?

Die Antwort wäre, es ist eine Gesellschaftsformation, in der die Menschen und deren Menschlichkeit an erster Stelle stehen und nicht das unmenschliche "Geldscheffeln".

Was IST diese Klarheit? Kannst du das benennen?

Klarheit bedeutet für mich, (Er) Kenntnisse auf Grund von Erfahrungen erworben zu haben, die das Wissen konkretisieren, verfeinern und verdeutlichen. Wissen bedeutet für mich, Kenntnisse und Informationen sowohl theoretisch als auch praktisch zu erwerben; wobei die Gewichtung auf die Praxis liegt.

Woher nimmst du diese Kategorien? Spezifische "sozialistische" Baustoffe - wo sind die? Generell liessen sich diese Kommunikationsmodelle auch bei z.B. "kapitalistischer" Architektur nachweisen.

Es gibt natürliche und künstliche Baustoffe. Den "sozialistischen Baustoff", physikalisch gesehen, gibt es natürlich nicht (Granitstein, ein natürlicher Baustoff, bleibt Granitstein). Ein Kalksandstein, oder eine Gips-Kartonplatte sind künstliche Baustoffe. Diese werden von Menschen (Maschinen) hergestellt. Arbeiter produzieren und verteilen die Baustoffe. In Deutschland unter kapitalistischen Bedingungen. Kennzeichnung der Produktion: lässt sich damit Geld verdient oder kein Geld verdienen.
"Sozialistische Baustoffe" sind Baustoffe, die unter sozialistischen Bedingungen produziert werden. Kennzeichnung der Produktion: Nützen oder schaden die Baustoffe den Menschen und dessen Entwicklung zum sozialen Wesen.
Nützliche und gesundheitsverträgliche Baustoffe (das gilt auch für die Bauweise) werden an erster Stelle stehen.
Kapitalistische "Kommunikationsmodell" sind, wie der Name schon sagt, nach kapitalistischen Kriterien entworfen und gebaut worden. Wer kommt denn in den Genuss dieser "Modelle"? Der Arbeiter und die Putzfrau oder der Geldsack und Bonze? Ändert dieses "Modell" etwas an den kapitalistischen Arbeits- und Wohnverhältnissen? Natürlich nicht.
Es geht bei der sozialistischen Architektur darum, für Arbeiter die besten und schönsten Wohn- und Lebensräume zu erbauen. Im Kapitalismus werden diese von überflüssigen Bonzen und Bürokraten bewohnt.
Keine Plattenbauten und Massenquartiere für Arbeiter.
Arbeiter verdienen schöne Wohn- und Lebensverhältnisse, weil sie mit ihrer Arbeitskraft alle Werte der Gesellschaft produzieren; was man von Bürokraten und Bonzen nicht behaupten kann.

Richtig verstanden und angewendete Sozialistische Architektur kann niemals Massen (Plattenbau)- und Gleichmacherei (Rasterbau) hervorbringen. Das widersprich der sozialistischen Idee und Dialektik. Jeder Mensch ist ein Einzelwesen und hat seine eigene Geschichte. Menschen sind gesellschaftliche Wesen und keine seelenlose Masse.

Hast du ein Beispiel von richtig verstandener bzw. angewandter sozialistischer Architektur, an dem man die von die hervorgebrachten Charkteristika überprüfen könnte?

Beispiele, angewandter sozialistischer Architektur in Ansätzen, gab es in Kuba und in China auf dem Lande. UdSSR und Albanien weiß ich nicht.

ich bin, wenn auch einen geringen Teil meines Lebens, im realexistierenden Sozialismus aufgewachsen und ziehe daher und natürlich aus den noch bestehenden Architekturen dieser Zeit meine Erfahrungen.

Welche sind das? Sind die positiv?

Warum denkst du dieser Staat wäre kein richtiger Sozialismus gewesen?

Weil im Sozialismus die Hauptseite die Produktion ist und die Art und Weise der Produktion von entscheidender Bedeutung ist. Die Produktion liegt in den Händen der Arbeiter. D.h. die Arbeiter haben das Sagen. Sobald Partei und -Parteibürokraten sich einmischen und die Kontrolle übernehmen, entsteht ein bürokratischer Kapitalismus. Oder einfach gesagt, sozialistisch in Worten und kapitalistisch in Taten. Nur die Arbeiter sind in der Lage die Produktion zu verbessern, zu steigern und zu gewährleisten. Und dies tun sie am besten und saubersten, wenn es "Ihre Fabrik" ist d.h. ihre Fabrik, ihren Arbeitsplatz ihre Umgebung selbst verschönern und verbessern können.
Wenn eine Partei Parteipolitik macht und gleichzeitig den Staat "regiert", übt sie Diktatur aus. Das erleben wir wir hier jeden Tag, 24 Std. lang.

wo taucht in der sozialistischen Ideologie der oben angesprochene Individualismus auf?

Ständig und überall. Individualismus ist für sich nichts negatives. Entscheidend ist, ob er eine gesellschaftliche Funktion und Bedeutung hat. Im Kapitalismus ist der Individualismus von entscheidender Bedeutung. Vereinzelung, Egoismus, Vereinsamung usw. sind das Ergebnis von Warenbeziehung. Aber der Mensch ist ein soziales, kollektives Wesen und kein asoziales Einzelwesen.
Im Sozialismus geht es nicht um die Abschaffung oder Zerstörung von Individualität! ( Gleichmacherei ist Merkmal des Kapitalismus und nicht des Sozialismus. Das Märchen von der sozialistischen Gleichmacherei wird in den Medien ständig wiederholt um die eigene Gleichmacherei zu verdecken ) Im Kapitalismus ist der Arbeiter nur Konsument, Verbraucher, Steuerzahler, Kostenfaktor, Versicherter, Arbeitnehmer, Kunde, Käufer, usw. Ein anonymes Etwas ohne Bedeutung.
Im Sozialismus ist jeder Mensch, jeder Arbeiter wichtig und von Bedeutung. Wenn dem nicht so wäre, dann wäre der Sozialismus keine bessere Gesellschaftsformation und demnach überflüssig.

Egal ob BRD-Architektur oder DDR-Architektur, wenn menschliche Verhältnisse mittels Architektur zerstört werden, dann muss die Architektur zerstört werden!
Wie sagte noch Ton-Steine-Scherben?: macht kaputt, was euch kaputt macht!
migg-rot


Diese Aussage finde ich ein bisschen platt und nicht wirklich konsequent. Warum alles zerstören - warum nicht hinterfragen, verstehen, umnutzen, recyceln oder was auch immer...
Ciao Gordon


Platt wäre es zu glauben, das mittels Architektur Menschen zum positiven verändert werden können (höchstens der Geldbeutel der Auftraggeber) und inkonsequent finde ich es, kapitalistische-Geldbeutel-Architektur zu entwickeln und über den Zustand der Gesellschaft zu jammern.

Gruß von Torgalf

noone 13.08.2010 12:43

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Sehr guter Beitrag.

Man kann klar deine Ansätze herauslesen. Meiner Meinung nach ist der Sozialismus die theoretische Idealform der Gesellschaft, leider kann dieses Ideal in der Realität nicht bestehen.

Die Menschen neigen nämlich zur Vorteilnahme, Machtausübung, Unterdrückung anderer. Die Resultate sind in allen sozialistischen Staaten sichtbar: dort werden unter den Parteiregimes die Arbeiter genauso ausgebeutet wie im Kapitalismus.


Zitat:

Platt wäre es zu glauben, das mittels Architektur Menschen zum positiven verändert werden können
Dem widerspreche ich. Z.B. kann man durch intelligente Städtebaumassnahmen viele gesellschaftliche Probleme, die in Quariteren mit zu hoher Dichte auftreten verhindern. Der Rückbau des katastrophalen Städtebaus der 50-70 Jahre mit Plattenbauten und Vorstädten zeigt uns, dass durch eine heterogene Durchmischung von Bevölkerungsschichten und Wohnungsdichten viele Probleme vermieden werden können.

Um den Kapitalismus aufzugreifen: leider wird diese intelligente Art des Wohnungbaus immer noch nicht ausreichend gefördert, und fällt allzuoft den nicht vorhandenen öffentlichen Geldern zu Opfer.

torgalf 13.08.2010 18:15

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Zitat:

Zitat von rokdd (Beitrag 35986)
Hi,

In Bratislava gibt es auch sehr sehr viele sozialistische Bauten jeder Art. Habe auch ein paar Photos online, die ich diesen September gemacht habe. Habe durch Zufall in einer Bücherhandlung auch eine Art Dokumentation von Peter Zalman gefunden, der alle Gebäude in der Stadt katalogisiert hat..

Viele Grüße!



Vielen Dank, für die Fotos. Sehr aufschlussreich. Bin dabei, diese zu analysieren und zu zuordnen.
Im Moment kann ich 3 Hauptepochen auf den Fotos erkennen: 1. Die Zeit vor dem Sozialismus, 2. die sozialistische Epoche und 3. die kapitalistische Zeit. Die Analyse werde ich hier im Forum veröffentlichen.
Gruß Torgalf

torgalf 13.08.2010 19:43

AW: Sozialistische Architektur?!
 
[QUOTE=noone;40401]Sehr guter Beitrag.

Freud mich, dass dir der Beitrag gefallen hat.

Man kann klar deine Ansätze herauslesen. Meiner Meinung nach ist der Sozialismus die theoretische Idealform der Gesellschaft, leider kann dieses Ideal in der Realität nicht bestehen.

Der Sozialismus ist die zeitliche Epoche, die den Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus bewältigt. Der Sozialismus ist voller Widersprüche. Er ist hauptsächlich ein Kind der Ökonomie (und weniger der Ideologie und Politik) bzw. steht im dialektischem Verhältnis zu ihr. Geht's dem Arbeiter gut etc., festigt der Sozialismus sich und entwickelt sich weiter. Geht's dem Arbeiter schlecht, verfällt er in Agonie und verabschiedet sich irgendwann.
Der wichtige Unterschied zwischen Kapitalismus und Sozialismus ist nicht der, dass er die theoretische Idealform der Gesellschaft ist, sondern dass er in der Praxis die Mehrheit der Menschen (Arbeiter) am Gesellschaftlichen Reichtum teilhaben lässt. Im Kapitalismus lebt nur eine Minderheit in Reichtum. Gelingt es dem Sozialismus nicht, Frau Schulze und Frau Dogru; die als Putzfrauen arbeiten, ihnen ein gutes und schönes Leben zu ermöglichen, dann ist der Sozialismus Weg vom Fenster (siehe DDR, UdSSR, Albanien, China usw.) - und das ist dann auch in Ordnung so!
Die Hauptseite des Sozialismus ist nicht Theorie sondern die Praxis.
Deshalb wird des Sozialismus praktisch und theoretisch niemals aussterben. Es sei denn, allen Menschen auf der Welt geht es gut...

Die Menschen neigen nämlich zur Vorteilnahme, Machtausübung, Unterdrückung anderer.

Der Mensch ist Produkt seiner sozialen und ökonomischen Umgebung.
Er ist veränderbar, wenn man seine Umgebung verändert. Alles wissenschaftlich nachgewiesen. Deshalb ist niemand per se Tyrann oder Egoist etc.

Die Resultate sind in allen sozialistischen Staaten sichtbar: dort werden unter den Parteiregimes die Arbeiter genauso ausgebeutet wie im Kapitalismus.

Ausbeutung in einem kapitalistischen Staat und "Ausbeutung" in einem sozialistischen Staat ist schon ein Unterschied. Im kapitalistischen Staat arbeite ich als Arbeiter mind. 8 Std. pro Tag und von diesen 8 Std. gehören mir nur 2 Std. Die anderen 6 Std. arbeite ich für den "Chef"; ohne das mich jemand fragt, ob ich damit einverstanden bin. Von den 6 Std. pro Tag lebt der "Chef" samt dessen Parasiten Clans inkl. seiner Bürokratie und der "öffentlichen Ordnung". Im Sozialismus arbeite ich für die Gemeinschaft und nicht für Privatparasiten.
Wie sowas abläuft, kann dir wohl am besten ein DDR Arbeiter erzählen.

Zitat:

Platt wäre es zu glauben, das mittels Architektur Menschen zum positiven
verändert werden können.
Dem widerspreche ich. Z.B. kann man durch intelligente Städtebaumassnahmen viele gesellschaftliche Probleme, die in Quariteren mit zu hoher Dichte auftreten verhindern.

Welche Probleme meinst du?
Durch städtebauliche Veränderungen oder andere Anordnung von Grundrissen verändert sich die ökonomische und soziale Situation der Menschen nicht grundlegend. Hartz IV Empfänger werden nach einer städtebaulichen Veränderung weiterhin arbeitslos sein. Eine Durchmischung und weniger Wohnungsdichte in buntbemalten Häusern ist hauptsächlich für Städteplaner, Baufirmen, Architekten und Sozialarbeiter interessant - weil sie daran verdienen.

Um den Kapitalismus aufzugreifen:
Zitat:

leider wird diese intelligente Art des Wohnungbaus immer noch nicht ausreichend gefördert, und fällt allzuoft den nicht vorhandenen öffentlichen Geldern zu Opfer.
Du sagst es.
Ein tüpisches "Argument" für: Ihr seid uns egal und Leck uns am Arsch.

fst 14.08.2010 13:44

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Also wenn ich mir hier so die Thesen über den Sozialismus durchlese, finde ich es erstaunlich wie unreflektiert die theoretische Phrasen des Sozialismus übernommen werden.

Genau diese Phrasen habe doch dazu geführt das man den Sozialismus mit eine Mauer vor dem Kapitalismus schützen musste.

Die durchaus positiven Ideale des Sozilismus sollten immer im geschichtlichen Zusammenhang der letzten 100 Jahre gesehen werden. Sozialismus lässt sich abstrahiert betrachtet letzendlich nur durch die Unterdrückung anderer erreichen, oder gibt es andere Beispiele?

Selbst der Ansatz der Kibbuze die nicht eine bestehende Gesellschaft verändern wollten, sondern eine neue Gesellschaft abseits der bestehenden gründeten, veränderte sich im Laufe der Zeite immer stärker in Richtung Marktwirtschaft. (Die Sichtweise der Palästinenser sollte dabei auch beachtet werden)

Die generelle Sichtweise das nur die Arbeiter gute Menschen sind und alle anderen sind Bonzen, Parasiten oder sonstwas wirft doch die Frage ob wir diese auf der Guillotine Köpfen, in Lager stecken oder einfach nur mitsamt ihren Bonzenkarren in die Luft sprengen sollen.

Was bedeutet: "Er ist veränderbar, wenn man seine Umgebung verändert. Alles wissenschaftlich nachgewiesen. Deshalb ist niemand per se Tyrann oder Egoist etc." ? Umerziehungslager bzw. Gulag?

Man sollte den sozialen Wohnungbau auch nicht mit einem theoretischem Diskurs über den Sozialismus vermischen.

Bei Sätzen wie:
"Richtig verstanden und angewendete Sozialistische Architektur kann niemals Massen (Plattenbau)- und Gleichmacherei (Rasterbau) hervorbringen. Das widersprich der sozialistischen Idee und Dialektik." , frage ich mich ob diese naiv oder arrogant sind.

Die Plattenbauten sind doch ürsprünglich mit der Intention enstanden schöne Wohn- und Lebensverhältniss für alle zu schaffen. Schön muss hier im zusammenhang mit den Wohnverhältniss in z.B. Berliner Hinterhöfen beurteilt werden.

Interessant sind daher die Prozesse die zu Entwicklung die Plattenbauten von erstrebenswerten Wohnraum in sozial problematische Seidlungen führen und ob sich diese verhindern oder steuern lassen.

noone 14.08.2010 19:42

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Zitat:

Deshalb wird des Sozialismus praktisch und theoretisch niemals aussterben. Es sei denn, allen Menschen auf der Welt geht es gut...
Ist aber in der Realwelt leider nicht der Fall, die Sozialistischen (Staats-) Diktaturen sind allesamt vom Untergang bedroht.


Zitat:

Die Menschen neigen nämlich zur Vorteilnahme, Machtausübung, Unterdrückung anderer.

Der Mensch ist Produkt seiner sozialen und ökonomischen Umgebung.
Er ist veränderbar, wenn man seine Umgebung verändert. Alles wissenschaftlich nachgewiesen. Deshalb ist niemand per se Tyrann oder Egoist etc.
Die Menschheitsgeschichte zeigt aber genau das Gegenteil auf.

Von welchen wissenschaftlichen Studien sprichst Du?


Zitat:

Welche Probleme meinst du?
Durch städtebauliche Veränderungen oder andere Anordnung von Grundrissen verändert sich die ökonomische und soziale Situation der Menschen nicht grundlegend. Hartz IV Empfänger werden nach einer städtebaulichen Veränderung weiterhin arbeitslos sein. Eine Durchmischung und weniger Wohnungsdichte in buntbemalten Häusern ist hauptsächlich für Städteplaner, Baufirmen, Architekten und Sozialarbeiter interessant - weil sie daran verdienen.
Ich spreche zum Beispiel von der aktuellen Situation, wie sie so ziemlich in allen westlichen Industrienationen vorliegt: die sozialen Missstände in den vorstädten, wo Gesellschaftsschichten bewusst konzentriert werden: das können sozialschwache Arbeiter sein, Immigranten, Alte.

Diese sozialen Spannungen treten immer wieder z.B. bei den Vorstadtrevolten in Frankreich zum Vorschein. In Gebieten, wo in kleineren Strukturen Bevölkerung heterogen gemischt wird, treten diese Probleme nicht mehr auf.


Es ist ein Phänomen der Menschheit, dass sich seit der Antike (z.B. Aristoteles oder Platon) die Menschen über das Idealbild der Gesellschaft machen. Der Sozialismus jedenfalls stellt für mich eine Utopie dar, die in der Welt nicht bestehen kann.

fst 14.08.2010 20:12

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Zitat:

Zitat von noone (Beitrag 40420)
Ich spreche zum Beispiel von der aktuellen Situation, wie sie so ziemlich in allen westlichen Industrienationen vorliegt: die sozialen Missstände in den vorstädten, wo Gesellschaftsschichten bewusst konzentriert werden: das können sozialschwache Arbeiter sein, Immigranten, Alte.
.

Ist diese Konzentration wirklich bewusst geplant, oder ist es eine Folge von sozialen Prozessen das sich diese Konzentrationen bilden?

Werden Stadteile die Anfänglich sozial durchmischt waren, nicht dadurch entmischt indem "Besserverdienende" wegziehen um in besseren Gegenden zu wohnen. Andersrum werden sozial schwächere verdrängt wenn gutverdienende in "angesagte" Stadteile ziehen.

flash 14.08.2010 20:37

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Eine doch sehr anregende Diskussion hier aber irgendwie weiß ich nicht so recht wo man hier anfangen kann "Wahrheiten" oder "Fakten" festzuklopfen. Denn ich finde bevor wir über die im Threadthema angesprochene sozialistische Architektur sprechen können, muss erstmal klar werden was wir ihr unter Sozialismus verstehen. Auch wenn hier nicht (wie torgalf) meint hier nicht alles wiedergekaut werden soll was schon alles gesagt und definiert wurde, so scheint es doch hilfreich wenn man weiß, dass es laut Wikipedia:
Der Begriff war nie eindeutig definiert und umfasst von Parlamentarismus und Demokratie akzeptierenden sozialdemokratischen, nur reformerischen Bewegungen bis zu revolutionär entstandenen, kommunistisch-totalitären oder autoritären Systemen (Realsozialismus) viele Varianten.
Wie sehen wir also hier das Bild vom Sozialismus - torgalf sagt hier stehe das Individuum an höchster Stelle, bei fst klingt die Besserungsanstalt und sogar das Gulag an.

Hierzu möchte ich gern ein paar gedanken los werden: Wie ich oben schon erwähnte habe ich eine gewisse Erfahrung mit dem Realsozialismus (DDR) - positive wie nagative - hier wäre die Enteigenung meiner Großeltern (einfache Bauern mit 5 Kühen und ein bisschen Land) in den 60er Jahre zu nennen, die polistische Verfolgung einiger meiner Verwandter und Bekannte, die zur Haft in Bautzen oder der Ausreise in den Westen führte - auf der anderen Seite aber auch gute Erinnerungen an Gemeinschaftserlebnisse (Kindergarten, Feste, Schule) und die aufgrund des Mangels an Waren herrschende Hilfsbereitschaft der Menschen untereinander (quasi aus der Not heraus). Um das auch nochaml auf eine architektonische Erfahrung runterzubrechen und gleichzeitig die oben anklingende Kritik der (bösen und monotonen) Plattenbauten zu entkräften. Die waren nämlich zu ihrer Zeit hoher Standard und hatten funktionierende Hausgemeinschaften. Auf der anderen Seite wurden identitätsstiftende Altstadtviertel abgerissen und Kulturerbe ging verloren. Kritik vom Bürger war unerwünscht und wurde bestraft und wurde erst im Zuge der Wende als das System schon am Ende war möglich. Was ich sagen möchte, ist dass ich auf keinen Fall in dieses System zurückkehren wöllte, aber ich ihm auf jeden Fall auch gute Seiten abgewinnen kann und deswegen eine differenzierte Sichtweise befürworte.

Folgende Anmerkungen möchte ich auch noch gern in die Diskussion einbringen, sind aber recht bunt durcheinander gewürfelt:
Torgal kritisiert die Vertikale Anordnung der kapitalistischen Architektur im Gegensatz zur horizontalen sozialistischen. Generell würde ich diese Aussage in Zweifel ziehen da kapitalistische Architektur zwar auch Wolkenkratzer sind aber auch das flächenhfte Phänomen des Einfamilienhauses. Weiter ist dazu zu sagen, dass die Vertikale eine Phänomenologische Grundgegenbenheit des Menschen ist in Bezug zu der Welt in der er sich befindet und nicht von vornherein schlecht geredet werden kann.
Dann klingt in der Diskussion auch ein Glücksversprechen an – der Sozialismus soll "dem Arbeiter" eine gutes und schönes Leben ermöglichen. Er macht also ein dieseitiges Heilsversprechen und steht damit in Konkurrenz zu Ideologien wie dem Liberalismus oder eben dem Kapitslismus. Diese sind Phänomene der Moderen die erst durch den technischen Fortschritt und die Negierung jeglicher Religion möglich werden (diese machen ja Jenseitige Heilsversprechen)
Doch auf wieviel verschiedene Weise kann man das Glück und das Gute, das gelungene Leben Finden – ich bezweifle, dass eine Ideologie wie der Sozialismus noch eine Zeitgemäße Antwort auf diese Frage sein kann. Denn jegliche Ideologie ist mit dem Scheitern der modernen Projekte und Ansprüche fraglich geworden.
Warum soll Bezug auf Gemeinschaft immer gut sein? Ich weiß, das der Mensch ein soziales Wesen ist, er braucht die Gruppe die ihm Identität verleiht aber er muss sich auch abgrenzen können und Raum für individuelle Entwicklung haben
Ein weiterer Kritikpunkt in der laufenden Diskussion sind die noch nicht angesprochenen neuen Kommunikationsmittel, die die Welt so grundlegend verändert haben – die Räumiche Trennung von den Menschen scheint nahezu aufgehoben und bietet auch in Bezug auf wer Produzent und was Produktionsmittel sind neue Möglichkeiten. Was wäre zum Beispiel der These zu entgegenen, dass den architekten heut möglichkeiten in die Handgegenben werden, die sie lange nicht mehr hatten. Neue Produktionsmittel durch CAAD und 3D-Druck geben ihnen ungeahnten Spielraum zurück.

Außerdem fällt es mir schwer zu bestimmen was heutzutage böse und gut ist wer ein Kaptalist und wer ein Arbeiter ist – diese Kategorien sind überkommen wie ich finde, obwohl ich das misverhältnis zwischen den Besitzenden und den Mittellosen auf keinen Fall bestreiten will. Aber er ist eben ein totales schwarz weiß denken und so einfach ist die Welt nicht. Ich teile also die Bedenken zur heutigen Welt aber man muss auch sagen dass man sehr viele Wege hat sich dem System zu entziehen nur die Masse zu träge ist das zu Tun denn sie sucht ihr Glück im Besitz von Materiellem. Ich finde es ist in Europa so einfach im Vergleich zu anderen Teilen dieser Welt zu leben und aktiv sein Leben zu gestalten. So etwas gab es zu mindest in Deutschland so noch nie zu vor.
Soweit erstmal. Ziemlich wirr manchmal aber ich hoffe man kann ein paar Gedanken verstehen.

noone 14.08.2010 22:50

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Zitat:

Ist diese Konzentration wirklich bewusst geplant, oder ist es eine Folge von sozialen Prozessen das sich diese Konzentrationen bilden?
na ja, wenn man sich die Billig-Massensilos ansieht, kann man wohl kaum sagen, dass die Konzentration von Wenigverdienenden nicht bewusst einkalkuliert wurde.

Man muss die schlechtgestellten Bevölkerungsschichten bewusst in eine mehrheitlich bessergestellte Gegend integrieren. Nur eine heterogene Durschmischung kann ein gesundes Stadtviertel erhalten.

fst 14.08.2010 23:32

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Zitat:

Zitat von noone (Beitrag 40428)
na ja, wenn man sich die Billig-Massensilos ansieht, kann man wohl kaum sagen, dass die Konzentration von Wenigverdienenden nicht bewusst einkalkuliert wurde.

Man muss die schlechtgestellten Bevölkerungsschichten bewusst in eine mehrheitlich bessergestellte Gegend integrieren. Nur eine heterogene Durschmischung kann ein gesundes Stadtviertel erhalten.

Einkalkuliert war sie natürlich insofern, da man oftmals den Wenigverdienenden besseren Wohnraum anbieten wollte.
Eine heterogene Durchmischung ist sicherlich erstrebenswert, aber die Frage ist doch wie man dieses schafft und dauerhaft aufrecht erhält.

@flash: Obwohl ich es nicht selbst erlebt habe, stellt sich mir die Frage ob man den Sozilismus so differenziert betrachten kann. Wodurch ist das oftmals zitierte Gemeinschaftsgefühl und der Zusammenhalt entstanden? Waren es eben nicht die negativen Seiten wie z.B. der Mangel an Waren der diesen Zusammenhang schürte. Wenn das positive durch das negative bedingt war, sollt man beiden immer nur im Zusammenhang betrachten.

Genau das ist ja imho der fatale Irrglaube von Torgalf das ein Sozialismus in größerem Gesellschaften ohne Zwang und Unterdrückung möglich ist.

Tom 15.08.2010 00:00

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Zitat:

Zitat von noone (Beitrag 40428)
na ja, wenn man sich die Billig-Massensilos ansieht, kann man wohl kaum sagen, dass die Konzentration von Wenigverdienenden nicht bewusst einkalkuliert wurde.

Man muss die schlechtgestellten Bevölkerungsschichten bewusst in eine mehrheitlich bessergestellte Gegend integrieren. Nur eine heterogene Durschmischung kann ein gesundes Stadtviertel erhalten.

Diese soziale Segregation in den westlichen Nachkriegs-Trabantenstädten kam aber erst nachher; der Billig-Eindruck entstand erst im Laufe der Zeit (schlecht behandelt, schlecht gewartet, selten oder nie renoviert, wenn ja, dann in der fortgeschrittenen Verwahrlosungsphase schnell wieder demoliert). Für die soziale Negativ-Dynamik, die diese Siedlungsformen entwickeln können, lagen keine Erfahrungswerte vor. Hintergrund war das schnelle Wachstum der westdeutschen Großstädte in den 60er und 70er Jahren und eine gewisse Faszination der Entscheidungsträger für alle Aspekte hoch-rationalisierter, serieller Planungs- und Baukonzepte, die sich irgendwann eines verfeinerten architektonischen Qualitätsverständnisses entledigt haben.

Abstraktion & Repetition, so hat es Koolhaas irgendwo mal pointiert benannt, sind die beiden Kernbegriffe der klassischen Moderne, die sich als die Haupt-Irrtümer des modernen Großsiedlungsbaus herausgestellt haben. Aber auch diese Kritik läuft in die Irre, wenn sie schlagwortartig verstanden wird. In den undogmatischen (?) Niederlanden sind ja geglückte jüngere Beispiele für "Wohnen in der Großform" und von raffinierter Serialität zu besichtigen. Zum Glück sind die Fragen nicht so einfach ...

maestro 17.09.2010 15:27

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Zitat:

Zitat von Tom (Beitrag 40430)
Diese soziale Segregation in den westlichen Nachkriegs-Trabantenstädten kam aber erst nachher; der Billig-Eindruck entstand erst im Laufe der Zeit (schlecht behandelt, schlecht gewartet, selten oder nie renoviert, wenn ja, dann in der fortgeschrittenen Verwahrlosungsphase schnell wieder demoliert). Für die soziale Negativ-Dynamik, die diese Siedlungsformen entwickeln können, lagen keine Erfahrungswerte vor. Hintergrund war das schnelle Wachstum der westdeutschen Großstädte in den 60er und 70er Jahren und eine gewisse Faszination der Entscheidungsträger für alle Aspekte hoch-rationalisierter, serieller Planungs- und Baukonzepte, die sich irgendwann eines verfeinerten architektonischen Qualitätsverständnisses entledigt haben.

Abstraktion & Repetition, so hat es Koolhaas irgendwo mal pointiert benannt, sind die beiden Kernbegriffe der klassischen Moderne, die sich als die Haupt-Irrtümer des modernen Großsiedlungsbaus herausgestellt haben. Aber auch diese Kritik läuft in die Irre, wenn sie schlagwortartig verstanden wird. In den undogmatischen (?) Niederlanden sind ja geglückte jüngere Beispiele für "Wohnen in der Großform" und von raffinierter Serialität zu besichtigen. Zum Glück sind die Fragen nicht so einfach ...

Ich denke auch, dass Serialität an sich nichts schlechtes sein muss. Wenn man sich mal Vorstadtsiedlungen in den USA anschaut, das ist doch Häuserbau in Serie, mit dem Unterschied, dass hier noch ein bisschen grün um die Häuser ist und die Häuser je nach Schicht halt größer sind und mehr Wohnraum bieten.

Wie man eine bessere "Durchmischung" herstellen könnte, ist mir nicht ganz klar. Man kann ja niemanden zwingen irgendwo zu wohnen. Und wer wohnt nicht gern in einem "besseren Viertel" wenn man es sich leisten kann?

noone 18.09.2010 01:32

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Zitat:

Ich denke auch, dass Serialität an sich nichts schlechtes sein muss. Wenn man sich mal Vorstadtsiedlungen in den USA anschaut, das ist doch Häuserbau in Serie, mit dem Unterschied, dass hier noch ein bisschen grün um die Häuser ist und die Häuser je nach Schicht halt größer sind und mehr Wohnraum bieten.
Zitat:

Wie man eine bessere "Durchmischung" herstellen könnte, ist mir nicht ganz klar. Man kann ja niemanden zwingen irgendwo zu wohnen. Und wer wohnt nicht gern in einem "besseren Viertel" wenn man es sich leisten kann?
Deine Antworten bedienen sich reiner Klischees und Halbwissen: die Vorstadtsiedlungen in den USA spiegeln keinesfalls geglückte Siedlungsformen wieder. Nachzulesen in Städtebauliteratur.

Die Durchmischung findet dort stadt, wo soziale Wohnungen in ein Umfeld von normalen Wohnungen integriert werden. Z.B. gibts in Paris entsprechende Gesetze, nur leider kommen in den HLM-Appartements in besseren Vierteln nur Staatsdiener unter (die haben in Frankreich Anspruch auf ein subventioniertes Appartement)

torgalf 30.01.2016 20:30

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Sozialistische Architektur Diskussion
Eine Nachbemerkung zur Diskussion Sozialistische Architektur.
Um mich für eine weitergehende Diskussion zu entscheiden, ist für mich wichtig ob echtes Interesse vorhanden ist, oder ob nur allgemeine Laberei und Antikommunistischer Blödsinn hier runter gedudelt wird. Ich habe nix gegen Unwissenheit wenn man offen damit umgeht. Wie z.B. "flash", der Fragen stellt und Antworten haben möchte. Genau das Gegenteil ist "fst" der mit platten Antikommunismus und westlicher Propaganda Gedöns sein niedriges Niveau auf zu hübschen versucht. Sich Wissen über Sozialismus und Kommunismus anzueignen ist tausendmal schwieriger (kann auch nicht jeder weil nicht nur Theorie sondern ebenso Erfahrungen dazu gehören) als nur rumnörgeln und platte Kritik vorzubringen. Wenn man nicht verstanden hat, dass jeder der Lohn (Gehalt) bekommt, weder Millionär noch Konzernchef ist, und sich nur von seiner Arbeitskraft ernährt, zur Kategorie der Arbeiter (Angestellter) gehört, dann hat diese Person weder verstanden in welchen System sie lebt noch wer sie ist. Oder um es ganz einfach zu sagen, mit Analphabeten über Grammatik zu diskutieren ist blödsinnig.

fst 31.01.2016 00:55

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Wie willst Du denn diskutieren, wenn Gegenargumente bzw. andere Meinungen einfach als westliche Propaganda abgetan werden oder unter Deinem intelektuelle Niveau sind?

Bei diesem Satz kann ich jetzt schon nicht sicher definieren, was Du damit ausdrücken möchtest. Liegt wohl an meinem Niveau.

"Wenn man nicht verstanden hat, dass jeder der Lohn (Gehalt) bekommt, weder Millionär noch Konzernchef ist, und sich nur von seiner Arbeitskraft ernährt, zur Kategorie der Arbeiter (Angestellter) gehört, dann hat diese Person weder verstanden in welchen System sie lebt noch wer sie ist"

raykip 01.02.2016 00:35

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Eine Diskussion ist immer schwer, wenn eine Person eben keinerlei Argumente gelten lassen will, sondern nur seine Meinung vertreten möchte

Kieler 03.02.2016 21:35

AW: Sozialistische Architektur?!
 
Zitat:

Zitat von torgalf (Beitrag 55193)
...Genau das Gegenteil ist "fst" der mit platten
Antikommunismus und westlicher Propaganda Gedöns sein niedriges Niveau auf
zu hübschen versucht...

Naja der Thread ist fast sechs Jahre alt, fst hat sich inzwischen enorm weiterentwickelt


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