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Blumenschein 04.03.2008 15:00

Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Hallo zusammen,
in meiner intensiveren Betrachtung von Passivhäuser wird mir folgender Zusammenhang nicht ganz klar: Um Passivhausstandard zu erreichen, muss ich einen bestimmten U-Wert (grob 1/Lambda + Zusätze) bekommen. Nach aktuellem Stand der Dinge erreiche ich den nur durch eine dicke Dämmschicht. Bilde ich aus 1/Lambda einen Graphen, sehe ich eindeutig den Wirkungsgewinn mit steigender Dämmschicht, nämlich gering! Ab eine gewisse Dicke, (abhängig vom Material) lohnt sich der Einsatz weitere Dämmung schlichtweg nicht. Zum einem frage ich mich also nach dem Sinn derartig dicker Dämmschichten, zum anderen bewegt mich die ökologische Bilanz. Ausgehend davon, dass Dämmschichten bezahlbar sein sollten, setze ich voraus, dass nur ein Bruchteil mit nachwachsenden Rohstoffen dämmt (obwohl diese Stoffe viele überzeugende Vorteile bietet). Die Masse wird aber sicherlich mit Mineralwolle dämmen! Diese wiederum wird mit einem sehr hohen Energieeinsatz produziert. (Bis zu 800 kWh/m³). Wird sich diese Energiebilanz im Leben des Passivhauses jemals bilanzieren? Werden wir, wenn ab der vielleicht übernächsten Novelle der EnEV Passivhausstandard gesetzlich gefordert wird einen Ökogau produzieren?
Gerne offen für Inspiration dankt im Voraus,
--
Blume

mika 04.03.2008 16:00

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Du sprichst da einen ganz interessanten Punkt an. Und er zeigt, dass es zwei Arten von Passivhaus-Bauherren gibt. Die einen die auf eine ganzheitliche Bilanz wert legen und auf Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen wert legen z.B. Schafswolle oder Wandanstriche auf natürlicher Basis z.B. auf Quark-Basis (haben wir jeden falls schon gehabt). Das sind in der Regel angenehme Bauherren, wenn man sich auf das Experimentieren einstellt und sie bei der Gewährleistung nachsichtig sind.

Den anderen geht es nur um den eigenen Geldbeutel. Nur dass sie etwas schlauer sind als die anderen normalen Bauherren, da sie langfristig planen bzw. rechnen. Aber ganzheitliche Energiebilanzen sind denen egal. Sie habe sich nicht selten nur aufgrund von Förderungen für ein Passivhaus entschieden. Und da liegt der Hund begraben.

Subventionen aus der Beamtenstube. Der Staat fördert die Senkung des Energieverbrauchs für das Wohnen, aber nicht die Reduzierung des Primärenergiebedarfs im gesamten Prozess. Daher ist es ihnen auch egal ob Du Dein Haus mit Vakuumdämmung oder mit Schafswolle oder Hanf dämmst.

Übrigens aufgrund der Kosten-Nutzen-Kurve findest Du in Norddeutschland kaum Passivhäuser. Da liegt der Schnittpunkt bei 14-16cm.

Florian 04.03.2008 16:03

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Um den Passivhaus Standard zu erreichen ist es nicht unbedingt nötig mehr zu dämmen als bei einem gut gedämmten oder Niedrig-Energie-Haus.
Nach meinen Informationen ist die Reduktion der Primärenergiezufuhr ausschlaggebend für ein Passivhaus. D.h. wenn ich mein Haus über selbst gewonnene Energie (z.B. durch Solarzellen auf dem Dach und Wärmetauscher) Heizen kann, erreiche ich denen Standard auch ohne dicke Dämmung.

Jochen Vollmer 04.03.2008 18:38

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Ursprünglich bezeichnet der Begriff "Passivhaus" Gebäude, die ohne aktive Heizanlagen auskommen. (Von kleinen Zusatzöfen für den extremen Kältefall ist hier einmal abgesehen). Damit ein Gebäude ohne aktive Heizungsanlage bietrieben werden kann ist es notwendeig den Transmissionswärmeverlust auf max. 15 kWh/m^2a zu begrenzen. Dieser Wärmebedarf kann dann durch passive Solargewinne und eine Wärmerückgewinnung in der kontrollierten Lüftung bereitgestellt werden. - Soviel zur Herkunft des Begriffes.

Sicher lässt sich die Bilanzierung des Energieaufwandes für die Gebäudenutzung "schönrechnen" (^ wie Florian oben beschrieben hat) In solchen Fällen lässt sich der durch den Gesetzgeber für Passivhäuser definierte Energiebedarf pro Fläche und Jahr leicht erreichen. Von einem Passivhaus im strengen Sinne kann jedoch keine Rede mehr sein!

Der von Blume angesprochene Punkt der Effizienz von "dicken Dämmschichten" wird in der Fachliteratur breit diskutiert (vgl. zum Beispiel "Ökologisches Bauen - Von Grundlagen zu Gesamtkonzepten", Detlef Glücklich)

Lebenszyklusweite Energiebilanzen, wie Blume sie im folgenden anspricht, sind derzeit nur schwer zu erstellen. Dieses Thema ist in der Praxis nahezu unbekannt. Die Forschung stellt mittlerweile Berechnungsverfahren und Systemgrenzen der Ökobilanzierung zur Verfügung. Primärenergiebilanzen sind Bestandteil solcher Verfahren. (vgl. einen Artikel in Detail von Manfred Hegger, ca. Heft 10-2006?)

Meine mittlerweile fünf Jahre andauernden Recherchen haben ergeben, dass es vor allem an vollständigen Baustoff-Daten-Katalogen fehlt. Eine einigermaßen umfassende Datensammlung bieten die Publikationen des IBO (Titel: Bewertete Konstruktionen - oder so ähnlich) und der Detail Baustoff Atlas, sowie das Wuppertal Institut (--> Ressourcenbilanzierung).

Der Markt bietet auch Softwarelösungen für Ökobilanzierung. Dazu gibt es bereits einen älteren Diskussionsfaden hier im Forum. --> Produkt - Lebenszyklus im Entwurf

FoVe 04.03.2008 19:31

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Nehmen wir einmal nur den Bereich der Dämmung.
Sollte aus dem Stand in Deutschland nur noch mit regenerativer Dämmung gearbeitet werden, dann wäre es wahrscheinlich unvermeidbar, dass jeder Bauherr dazu verpflichtet würde, lebenslang mindestens 10 Schafe zu halten.
  • - Die Bestände an Korkeichen sinken rapide, was zum Großteil daran liegt, dass auch jeder Fusel noch "Naturkork" brauchen soll
  • - Holzweichfaserplatten werden immer teurer, da es im Bereich der Restholzverwertung, dank der Nachfrage nach Holzpellets, steigende Kosten im Rohstoffbereich gibt
  • - Hanf wird leider in aussreichender Menge in Deutschland nicht produziert , zumindest nicht für diesen Markt ;)
  • - Altpapierdämmung ist zwar eine umweltverträglichere Dämmung, ist aber durch die Borsalzimprägnierung auch nicht unumstritten. Zudem ist eine Rückführung des Materials nicht mehr möglich. Wird Altpapier für Dämmung verbraucht, wird dafür neues Papier erzeugt, was wiederum die Regenwälder usw. belastet

Gut, es gäbe und gibt sicher noch andere pflanzliche Fasern, die man zur Dämmung verwenden kann. Doch ob es wirklich praktikabel ist, grundsätzlich mit sog. ökologisch sinnvollen Materialien zu dämmen.
Mein Haus habe ich mit Papierfaserdämmung und mit Weichfaserplatten gedämmt. Selbst bei viel Eigenleistung lagen die Kosten mehr als 150% über dem Preis einer Rockwooldämmung.
Sollte es also Ziel sein, den Bereich der ökologischen Dämmung voranzutreiben, dann müssen neue materialien "entdeckt" werden und damit einhergehend muss die Architektur sich dahin entwickeln, den Dämmstoffbedarf zu minimieren.

Gruß

Martin

Samsarah 04.03.2008 22:40

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Wie sieht es denn mit Mineraldämmplatten aus? Was ich bislang darüber gelesen habe, klingt soweit nicht falsch - recycelbar, biologisch unbedenklich, formstabil, nicht brennbar, gute Dämmwerte... Die Produktion soll umweltfreundlich sein. Ist natürlich klar, dass die herstellenden Firmen das so bewerben.
Im Rahmen meines Diplom hab ich mal mit einem Fachmann von Xella gesprochen. Bei einem Wandaufbau mit tragender Betonwand innen (20cm), dann Mineraldämmplatte, Luftschicht und Mauerwerksvorschale kommt man mit einer Dämmstärke von 10 cm aus.

Hat da jemand Erfahrungen aus erster Hand? Wie sieht hier der Kostenvergleich aus?

Blumenschein 05.03.2008 21:52

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Welche Wärmeleitfähigkeit hat denn die beschriebene Dämmung und welche Vormauerschalung wurde denn gewählt? Auf dem 1. Blick scheint das doch ein bißchen wenig...
Gruß
--
Blume

mika 05.03.2008 23:07

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Zitat:

Zitat von Samsarah (Beitrag 27381)
Im Rahmen meines Diplom hab ich mal mit einem Fachmann von Xella gesprochen. Bei einem Wandaufbau mit tragender Betonwand innen (20cm), dann Mineraldämmplatte, Luftschicht und Mauerwerksvorschale kommt man mit einer Dämmstärke von 10 cm aus.

Was heißt denn auskommen ?
Welchen U-Wert hat dann die Wand ?

Samsarah 06.03.2008 00:16

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Der Dämmstoff gehört zur Wärmeleitfähigkeitsgruppe von WLG045 also 0,045 W/(mK). Ich weiß jetzt nicht auswendig, welche Gesamtwärmeleitfähigkeit das Wandpaket erreichen würde, aber ich hatte explizit gefragt, dass es momentanen Anforderungen entspricht, was ja bei einem Neubau irgendwo bei einem U-Wert von 0,2 W/(m2K) liegen müßte.
Die 4cm Luftschicht sowie eine 11,5 cm Vormauerschale können für die Berechnung berücksichtigt werden.
Zum Vergleich, Styrodur bietet Produkte mit einer Wärmeleitfähigkeit zwischen 0,03 und 0,06 W/(mK) an. Damit liegt der Dämmstoff also scheinbar in einem guten Durchschnitt.

FoVe 06.03.2008 09:09

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
MiWo wird in der Regel mit einen 040er Wert angenommen, gerne auch schon mal 035 - damit ist 045 nicht so prickelnd - entspricht z.B. auch einer Weichfaserplatte z.B. Gutex.

FoVe 06.03.2008 09:18

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Aaaha - hab mal nachgeschaut.
Samsarah hat mit Xella gesprochen - deren Produkt nennt sich als Dämmplatte Multipor - wir kennen den Baustoff als Ytong ;)
(Ytong ist auch eine Produktlinie von Xella)
D.h. Porenleichtbeton, so auch von Hebel - als Dämmsteine ganz gut zu verarbeiten.
Wird gerne bei Bausatzhäusern eingesetzt - da stellt der Steinlieferant z.B. das technische Equipment wie Steinbandsäge und so - und liefert dann eben die Steine an.
Werden auch als Elementdecken geliefert und als Fertigtreppenstufen.

Ist allerdings nicht einsetzbar in der Dachdämmung von unten oder etwa in der Hochbaufassadendämmung.
Ich halte es auch für schwierig, dieses Produkt da einzusetzen, wo die Dämmung an verschiedene Baugeometrieen angepasst werden muss.
Die "Steine" müssten dann sehr sorgfältig auf "Pass" gefügt werden und da spricht die Baupraxis meißt dagegen. Also wird dann mit "Mörtel" Ungleichheiten ausgefüllt und schon ist eine Temperaturbrücke da ;)

gruß

Martin

mika 06.03.2008 09:20

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Zitat:

Zitat von Samsarah (Beitrag 27399)
Der Dämmstoff gehört zur Wärmeleitfähigkeitsgruppe von WLG045 also 0,045 W/(mK). Ich weiß jetzt nicht auswendig, welche Gesamtwärmeleitfähigkeit das Wandpaket erreichen würde, aber ich hatte explizit gefragt, dass es momentanen Anforderungen entspricht, was ja bei einem Neubau irgendwo bei einem U-Wert von 0,2 W/(m2K) liegen müßte.
Die 4cm Luftschicht sowie eine 11,5 cm Vormauerschale können für die Berechnung berücksichtigt werden.
Zum Vergleich, Styrodur bietet Produkte mit einer Wärmeleitfähigkeit zwischen 0,03 und 0,06 W/(mK) an. Damit liegt der Dämmstoff also scheinbar in einem guten Durchschnitt.

Die Vorsatzschale kannst Du eigentlich getrost vergessen, weil für die Luftschicht Außenlufttemperatur angenommen wird, da sie ja der Belüftung dient. Bleiben also nur Stahlbeton und Dämmschicht. Die Stahlbetonwand hat die gleiche Wirkung wie 4mm 040-Dämmstoff. Kannst also auch vernachlässigen.
Und bei 10cm 045-Dämmstoff kommst Du auf einen U-Wert von 0,45W/m²K.
Das ist nicht wirklich zeitgemäß. Den 20cm Stahlbeton kann man lediglich eine etwas bessere Wärmespeicherkapazität zugute rechnen. Aber das eine kann das andere nicht ausgleichen.

mika 06.03.2008 09:34

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Zitat:

Zitat von Samsarah (Beitrag 27381)
Wie sieht es denn mit Mineraldämmplatten aus? Was ich bislang darüber gelesen habe, klingt soweit nicht falsch - recycelbar, biologisch unbedenklich, formstabil, nicht brennbar, gute Dämmwerte... Die Produktion soll umweltfreundlich sein. Ist natürlich klar, dass die herstellenden Firmen das so bewerben.
Im Rahmen meines Diplom hab ich mal mit einem Fachmann von Xella gesprochen. Bei einem Wandaufbau mit tragender Betonwand innen (20cm), dann Mineraldämmplatte, Luftschicht und Mauerwerksvorschale kommt man mit einer Dämmstärke von 10 cm aus.

Hat da jemand Erfahrungen aus erster Hand? Wie sieht hier der Kostenvergleich aus?

Die sind genauso gut recyclebar wie Mineralwolle. Geht alles. Aber das Problem ist der hohe Primärenergiebedarf bei der Herstellung und dann beim Recyclen. Allein für das Backen des Porenbeton kannst Du wahrscheinlich ein modernes EFH mindestens 1 Jahr lang heizen.

Samsarah 06.03.2008 09:38

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Hmm, war in meinem Fall eh alles hypothetisch, wundert mich aber, dass ein Fachmann (dem ich schon auch gesagt habe, dass es ein theoretisches Projekt ist und es nix zu verkaufen gilt) da offenbar von anderen Grundlagen ausgeht.
Das Argument mit den Wärmebrücken bei komplexen Geometrien ist natürlich nicht zu unterschätzen. Nun gut, also wieder nix ;). Dann müssen wir eben selbst das perfekte Produkt entwickeln :D...

FoVe 06.03.2008 09:45

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Samsarah - du triffst den Nagel auf den Kopf.
Mit einem perfekt entwickelten Dämmstoff, kostengünstig, umweltverträglich, vielseitig verwendbar, da hättest du/wir den großen Wurf gemacht.;)
Also - Grips anstrengen und loslegen.

Lasst uns doch nochmal ein paar Jahre zurück gehen:
Was haben wir denn gehabt? Lehm, Stroh und günstige Arbeitskräfte.
Damit kann man schon was anfangen.
Gut, ok - günstige Arbeitskräfte sind nicht immer ökologisch wertvoll :p aber mit dem Rest - hmm - teilen wir uns die Tantiemen?

Gruß

Martin

Samsarah 06.03.2008 09:50

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Bin dabei ;).

mika 06.03.2008 10:27

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Zitat:

Zitat von Samsarah (Beitrag 27409)
Hmm, war in meinem Fall eh alles hypothetisch, wundert mich aber, dass ein Fachmann (dem ich schon auch gesagt habe, dass es ein theoretisches Projekt ist und es nix zu verkaufen gilt) da offenbar von anderen Grundlagen ausgeht.
Das Argument mit den Wärmebrücken bei komplexen Geometrien ist natürlich nicht zu unterschätzen. Nun gut, also wieder nix ;). Dann müssen wir eben selbst das perfekte Produkt entwickeln :D...

Ich glaube, der Grund für den aufgebunden Bären, liegt, in der Frage nach den momentanen Anforderungen. Denn die meisten Architekten fragen nach nicht mehr. Ich wunder mich öfter mal über Details oder Konstruktionen, die man in Architekturmagazinen sieht, die im Pressetext als energieeffizient verkauft werden. Gemeint ist wahrscheinlich energieeffizienter als zu Zeiten als die Herrschaften ihr Studium beendet haben. Also vor etwa 20-30 Jahren. Mir hat mal jemand zu einer Stahlbetonbauteil, das durch die Dämmschicht von innen nach außen stieß, gesagt: "kein Problem, die Kälte läuft sich tot in dem langen Bauteil." Offensichtlich war es jedoch eine Kältebrücke. Naja, Ich glaube, solche Sales-Leute, glauben ihren eigenen Kram, weil sie bei Ihren Adressaten seit Jahren auf sehr dankbare Abnehmer stoßen.

Um bei Deinem Wandaufbau, Samy, auf einen zeitgemäßen U-Wert zu kommen mußt Du die Dämmschicht auf 25cm erhöhen. Also eine 50% dickere Wand. Oder Du nimmst einen anderen Dämmstoff. Z.B. Vakuumdämmung, die aber nicht anpassbar ist. Oder Du greifst gleich zu Dämmbeton.

FoVe 06.03.2008 10:53

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
mika - ich bin ja selbst auch so ein "Sales-Leute" Mensch;)

Ich glaub nicht mal, dass der Fachberater da irgendwas "Falsches" gesagt hat. Aber aus eigener Erfahrung kann ich dir versichern, dass mind. 50% der sog. Fachberater eine technische Auffassungsgabe haben, die knapp oberhalb der eines Schimpansen liegt :)
Viele der Fachberater komen aus dem kaufmännischen Umfeld und geben oft 1:1 die Marketingargumente ihrer Firmen weiter.
Ein nettes Beispiel dafür:
Ein Fachkollege von uns - wir sind Gebietsnachbarn bei dem WC-Trennwänden - ist gleichzeitig auch Fachberater für eine Mitbewerberin im Bereich der schalldämmenden Mobilwände. Dieser Kollege - ich schätze ihn menschlich sehr - war vorher Handyverkäufer für Großkontingente :p.
Also läuft der jetzt bei den Architekturbüros rum und erzählt allen Architekten, plustert mal eure Mobilwand im Schalldämmbereich ordentlich auf, dann bekommt ihr auch einen ordentlichen Wert am Bau gemessen.
Warum? Weil diese Firma eben ein Prüfzeugnis für Rw 59 dB für ihre Wände hat, also 1 - 2 dB mehr als die Mitbewerber.
Viele der Architekten glauben nun dieser großen renomierten Firma und ihres Repräsentanten und schreiben diese Wände mit dieser Anforderung aus.
Jeder Schallakustiker dagegen schüttelt nur mit dem Kopf.
Irgendwann kommt es zur Ausschreibung und dann fragen wir und auch andere nach - ääh, was ist mit den Schallnebenwegen/Schalllängsleitung - die fließen doch in die Berechnung des R´w Wertes mit ein.
Jetzt erst wird dann sich um dieses Thema Gedanken gemacht.
Glaub mir - ich habe öfters schon Architekten gehabt, die gesagt haben, dass sie "verladen" worden sind - denn nun ist mal so ne Ausschreibung raus - womöglich noch öffentlich - und dann kann nur eine Firma anbieten, weil unnötigerweise ein Ausschlusskriterium in die Ausschreibung eingebaut wurde.
Diese Firma geht dann sogar her und ruft die Schiedsstelle an, wenn eine andere Firma den Zuschlag bekommen soll, die dieses Kriterieum nicht erfüllt.

Viele, meißt größere Büros geben den Berufsanfängern nicht die Möglichkeit, sich mal auf Fachvorträgen zu informieren.
mal ehrlich - wer von euch hat sich denn mal durch die Katalogbibliothek durchgeblättert?
Gehen in euren Büros die Fachordner in Umlauf?

Sammy brauchte ne Information über Dämmstoffe und hat sich an einen Fachberater gewandt. Eigentlich müsste sie nun noch 4-5 weitere antanzen lassen und sich dazu informieren. Dann mal bei nem kleineren BV mit nem "neuen" Baustoff Erfahrungen sammeln und anschließend damit dann arbeiten.

Wenn einer von euch hier in Hessen in einem Büro arbeit, dann kann er/sie sich gerne mal melden, ich besuch euch dann mal und bring am unseren Planungsordner vorbei. Dann könnt ihr euch gerne mal ein Bild davon machen, wie sowas abläuft. Ich verspreche euch, ich werd niemanden irgendwas "unterjubeln". Ach - bitte versteht das jetzt nicht als Schleichwerbung.

Gruß

Martin

Kieler 06.03.2008 10:57

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Zitat:

Zitat von FoVe (Beitrag 27417)
...Dieser Kollege...war vorher Handyverkäufer für Großkontingente :p....

hahaha, davon kenne ich auch Einige und ich hole das auch immer gerne wieder
raus wenn die allgemeine Architektenschelte losgeht.
Was mir schon für Bären aufgebunden werden sollten, das würde Bücher füllen...

Samsarah 06.03.2008 11:07

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Also, im Rahmen der drei Bauvorhaben, an denen ich mitgewirkt habe, habe ich unendlich viel Recherche betrieben, Kataloge von unzähligen Firmen gewälzt und auch einige Vertreter antanzen lassen. Aber die Frage der Dämmung war da immer schon entschieden. Und für's Diplom hab ich jetzt einfach nicht mehr die Zeit, da groß Energie zu investieren.

Ich frag jetzt nochmal zur Sicherheit. Es gibt abre schon einen Dämmstoff, bei dem mit meinem Wandaufbau 10 cm Stärke ausreichen, oder wird mir das der Prof. dann um die Ohren hauen? Das Projekt in NL hatte z.B. nur 8 cm Stärke, das war aber auch ein hochdämmendes, teures Zeug.

Also banale Frage, kann ich den Wandaufbau so lassen, oder würdet Ihr die Dämmung noch erhöhen? Die Betonstärke ist mittlerweile auch auf 25 cm gestiegen...

Kieler 06.03.2008 11:37

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Liste der Anhänge anzeigen (Anzahl: 1)
wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann willst Du mit 20 cm Beton, 10 cm
WLG 045, Luftschicht und Verblender eine U-Wert von 0,2 erreichen?
Das geht nicht, wird ca. 0,35 siehe Anhang.
Für grobe U-Wert Schätzungen einfach mal wie folgt vorgehen
Wärmeleitfähigkeit/Dicke in m
also bei WLG 040:
0,04/0,2=0,2
Diese Rechnung vernachlässigt natürlich den Rest der Konstruktion und die
Wärmeübergangswiderstände, gibt einem jedoch ein ungefähres Gefühl.


http://www.tektorum.de/attachments/h...l-wandsams.jpg

Samsarah 06.03.2008 12:00

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Super. Vielen Dank :).

mika 06.03.2008 12:24

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
[QUOTE=Kieler;27422]wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann willst Du mit 20 cm Beton, 10 cm
WLG 045, Luftschicht und Verblender eine U-Wert von 0,2 erreichen?
Das geht nicht, wird ca. 0,35 siehe Anhang.


Was kriegst Du denn nur für die Luftschicht raus ?
Unser Prüf.Ing. sagt uns immer Hinterlüftung ist gleich Außenbreich, und wir können daher die Hinterlüftungsschicht und den Klinker bzw. den Kriechkeller oder den Dachbelag nicht mitrechnen. Ist der nicht mehr auf dem aktuellen Stand der Technik ?

Samsarah 06.03.2008 12:29

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Ich hab doch gar nichts berechnet. Ich hatte den Typen einfach nur gefragt, um zu erfahren, welche Stärke ich bei diesem Dämmstoff und meinem Aufbau annehmen müßte. Er meinte am Telefon, man könne insofern die Luftschicht einrechnen, weil der Wärmeverlust über Wind damit geringer wäre. Ich hab das naiverweise damals nicht weiter hinterfragt, da sich das für mich dann eh erledigt hatte. Vielleicht gibt es dafür einen Zuschlagswert, den man annehmen kann? Kein Ahnung. Das ist wirklich nicht mein Fachgebiet. Ich gebe nur wieder, was man mir dort erzählt hat...

Kieler 06.03.2008 15:54

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Liste der Anhänge anzeigen (Anzahl: 1)
Zitat:

Zitat von mika (Beitrag 27427)
...
Was kriegst Du denn nur für die Luftschicht raus ?
Unser Prüf.Ing. sagt uns immer Hinterlüftung ist gleich Außenbreich, und wir können daher die Hinterlüftungsschicht und den Klinker bzw. den Kriechkeller oder den Dachbelag nicht mitrechnen. Ist der nicht mehr auf dem aktuellen Stand der Technik ?

Dazu würde ich mir mal die DIN EN ISO 6946 vornehmen.
Dort heißt es unter 5.3.1:
Zitat:

Zitat von DIN EN ISO 6946
Eine Luftschicht gilt als ruhend wenn der Luftraum von der Umgebung abgeschlossen ist...Eine Luftschicht mit kleinen Öffnungen zur Außenumgebung, die keine Dämmschicht zwischen sich und der Außenumgebung besitzt, ist auch als ruhende Schicht zu betrachten, wenn diese Öffnungen so angeordnet sind, dass ein Luftsrom durch die Schicht nicht möglich ist und die Öffnungen
  • 500 mm² je m Länge für vertikale Luftschichten;
  • 500 mm² je m² Oberfläche für horizontale Luftschichten
nicht überschreiten
ANMERKUNG Entwässerungsöffnungen (Dränageöffnungen) in Form von offenen vertikalen Fugen in der Außenschale eines zweischaligen Mauerwerks werden nicht als Lüftungsöffnungen angesehen.

Der Wärmedurchlasswiderstand kann man dann ganz einfach in Tabelle 2 ablesen:

http://www.tektorum.de/attachments/h...-tabelle-2.jpg

Jochen Vollmer 06.03.2008 17:28

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Die Tabellenüberschrift gibt es an: Die Werte gelten für RUHENDE Luftschichten. Unter ruhenden Luftschichten versteht man Luftschichten in Wandkonstruktionen deren Hinterlüftungsquerschnitt < 1600 mm^2 pro m^2 Außenwand ist.

Kieler 06.03.2008 18:43

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
ich bin mir nicht ganz sicher, was Du uns damit sagen willst, und ich weiß auch
nicht woher Deine Definition stammt, in der DIN EN ISO 6946 ist die Definition für
eine ruhende Luftschicht wie gesagt diese:
Zitat:

Zitat von DIN EN ISO 6946
Eine Luftschicht gilt als ruhend wenn der Luftraum von der Umgebung abgeschlossen ist...

Eine max. Querschnitt wird dort nicht erwähnt, wichtig ist in dem Zusammenhang nur, dass ein
Luftstrom durch die äußere Schicht nicht möglich ist.
Wenn Du Dir die erwähnte Tabelle Wärmedurchlasswiderstand R ruhender Luftschichten anschaust,
siehst Du, dass dort bis zu 300mm dicke Luftschichten aufgeführt werden, das entspricht 300.000mm²
Lüftungsquerschnitt...

mika 06.03.2008 19:19

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Zitat:

Zitat von FoVe (Beitrag 27417)
mika - ich bin ja selbst auch so ein "Sales-Leute" Mensch;)

Sorry, Martin, ich war da wahrscheinlich vorschnell etwas zu pauschal, aber
imgrunde bestätigst Du ja, was ich meinte. Nicht durch eigenes Handeln, sondern durch die Schilderung der Kollegen.

mika 06.03.2008 19:28

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 27434)
500 mm² je m Länge für vertikale Luftschichten;
500 mm² je m² Oberfläche für horizontale Luftschichten

Ich denke, dass das nicht für eine Hinterlüftung ausreicht, also ist eine Hinterlüftende Luftschicht nicht ruhend. Also kann man nicht die angegebenen Werte für den Wärmedurchlasswiderstand nehmen.
Nicht, dass wir uns falsch verstehen, ich würde mich freuen, wenn man die Luftschicht mit hinzurechnen könnte, aber leider…

Kieler 06.03.2008 19:29

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Lies Dir das noch mal durch, Du hast das falsch verstanden!

Blumenschein 06.03.2008 19:30

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
oder man greift doch auf Häuser mit Wärmefallen zurück!!!
Bauphysikalisch einfach, aber gut....
Gruß
..
Blume

Kieler 06.03.2008 19:40

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 27440)
Lies Dir das noch mal durch, Du hast das falsch verstanden!

Entschuldige mika, Du hast Recht, ich habe nicht richtig gelesen, natürlich
kommen wir bei über 500mm² in den Bereich der schwach belüfteten
Luftschichten, ich glaube da wird R halbiert (aber noch dazu gerechnet). Hast Du
also mehr als die offenen Stoßfugen (wann eigentlich), also mehr als 500mm² an
Öffnungen ist es keine ruhende Luftschicht mehr...

mika 06.03.2008 19:55

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 27442)
Entschuldige mika, Du hast Recht, ich habe nicht richtig gelesen, natürlich
kommen wir bei über 500mm² in den Bereich der schwach belüfteten
Luftschichten, ich glaube da wird R halbiert (aber noch dazu gerechnet). Hast Du
also mehr als die offenen Stoßfugen (wann eigentlich), also mehr als 500mm² an
Öffnungen ist es keine ruhende Luftschicht mehr...

Na, wir machen ganz oben in Deutschland, Holzrahmenbau mit Vorsatzschale aus Klinker. Da haben wir größere Öffnungen durch unsere Lüftersteine.

Kieler 06.03.2008 20:45

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
also dann will ich Euch mal retten und habe noch einmal nachgeschaut, schwach
belüftet ist eine Luftschicht, die einen Luftaustausch mit der Außenumgebung
von
  • über 500 mm² bis 1500 mm² je m Länge für vertikale Luftschichten;
  • über 500 mm² bis 1500 mm² je m² Oberfläche für horizontale Luftschichten
Die Bemessungswerte des Wärmedurchlaßwiderstandes werden, wie oben von mir
vermutet, halbiert, die Luftschicht und Außenschale aber noch mitgerechnet.

Erst über 1500 mm² liegt gem. DIN EN ISO 6946 eine stark belüftete Luftschicht
vor, Außenschale und Luftschicht werden nicht berücksichtigt.

Jochen Vollmer 06.03.2008 21:31

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
ja, so war es. sorry wegen der verwirrung...

danko baschura 08.03.2008 22:50

AW: Passivhaus = ökologisch wertvoll???
 
Hallo
Ich finde Deine Fragestellung auch interessant, es trifft den Kern des Problems bei der gängigen Standardbauweise (möglichst günstig Erstellungkosten stehen im Vordergrung). Heute sind Materialien auf dem Markt die eine wesentlich bessere Energiebilanz aufzeigen, als die herkömmlichen Baustoffe.

Mehr als alle Dämmung macht die Sonnenenergie und das Klima aus. Faktoren die eine hohe Energiedynamik in sich tragen und auf das Gebäude stetig einwirken. Jede Bauweise die in Einbezug der dynamischen Faktoren Energiegewinne generiert ist dabei sinnvoll. Eine konventionelle Dämmung, wie auch immer ausgeführt, ist dazu ungeeignet.

Es steht zu hoffen das mehr und mehr Menschen eine, auf Energiegewinne ausgerichtete Bauweise bevorzugen würden...

Gruss Danko Baschura


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