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-   -   Wahnsinn Wärmedämmung (https://www.tektorum.de/planung-baurecht/8519-wahnsinn-waermedaemmung.html)

Archimedes 11.12.2012 13:37

Wahnsinn Wärmedämmung
 
Ich hoffe, dass alle hier den Bericht zum staatlich verordneten Dämm- und Lüftungswahn gesehen haben.

Falls nicht:

Wärmedämmung - Der Wahnsinn geht weiter (Videos und Audios in der NDR Mediathek | NDR.de - Mediathek) (auf „Mediathek starten“ drücken)

Mich haben bereits die ersten verunsicherten Bauherrn angerufen.

fst 12.12.2012 18:19

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Wenn ich den Bericht richtig verstehe, geht es ja in erster Linine gegen "Styropor" als Dämmung und weniger als Dämmung im Allgemeinen.

Archimedes 12.12.2012 18:49

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Der Bericht beinhaltet ja verschiedene Aspekte:

- bedenkliches Material Styropor wegen erhöhter Brandgefahr, massenweisem Einsatz und bedenklichen Flammschutzmitteln

- Dämmlobbyisten, die um die Gefahr wissen, aber die Politik auf ihrer Seite haben

- Außenputzmaterialien, die mit Mitteln gegen Pilze und Algen versetzt sind, die schon nach wenigen Jahren ihre Wirkung verlieren, dafür aber die Umwelt belasten > Grund für diese Putz-Entwicklungen ebenfalls WDV-Systeme

- Lüftungsanlagen, die erst durch das dichte Bauen und den Energiesparwahn erforderlich geworden sind, aber langfristig sich wohl eher negativ in Punkto Wohngesundheit und Folgekosten auswirken


Das ist doch schon einiges. Zwar nicht ganz neu, aber in der Summe doch bedrückend.

Da ich mich hier schon länger im Land der immerneuen "Dämmsationen" wähne, nur wieder weitere Argumente gegen den staatlich verordneten Energiesparwahnsinn, der spätestens seit ENEV 2009 bedenkliche Blüten treibt und oft nur auf dem Papier die Einsparungen verspricht, die in der Realität kaum ein Nutzer erreicht. Vergleiche Normverbräuche im EU-Zyklus bei PKWs.

Wir (Architekten) machen dabei ohne großes Hinterfragen mit, verdienen gut mit und schaffen uns gleichzeitig selbst die Projekte bzw. Sanierungsfälle der Zukunft. Dazu gibt's dann kräftige Unterstützung von der Dämmstoffindustrie und der KFW. Außerdem haben wir nebenbei einen ganz neuen Berufzweig, den der Energieberater, geschaffen. Ist doch wunderbar?! :o

mika 13.12.2012 10:26

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Mir kommt bei dem ganzen noch ein ganz anderer Gedankengang.
Wenn ich mir über die Wahl eines Baustoffs Gedanken mache, spielt oft meine Intuition und mein Baugefühl eine wichtige Rolle. Beides beruht auf dem was ich schon gesehen, gelesen und erfahren habe.
Jetzt ist es aber oft so, dass dem nicht selten der Stand der Technik bzw. die DIN entgegen stehen.
Die Hersteller nehmen mir viel Arbeit ab, in dem sie Ihre Produkte testen und Zulassungen für diese erarbeiten. Das heißt ich kann mich theoretisch darauf verlassen, dass es für das, was in der Zulassung steht, funktioniert.
Das hat aber auch zu Folge, dass ich mindestens mit Bedenken konfrontiert werden, wenn ich es anders als in der Zulassung einsetzte, z.B. wenn ich zwei Produkte kombiniere. Das führt nicht selten dazu, dass die Gestaltungsfreiheit eingeschränkt wird. Es bleibt dann eigentlich nur eine handwerkliche Lösung, die aber von Seiten der Bauherrn und Justiz an den zugelassenen Bauproduktlösungen bzw. den DIN gemessen wird. Das ist riskant für mich als Planer und den AN, denn ein Jurist, kann eine Norm oder ein anderes jusristisch ausgearbeitetes Regelwerk leichter folgen, als dem traditionellen handwerklichen Wissen, das nicht geregelt ist, sondern eher überliefert ist.
Wie soll ich denn z.B. Styorpor ausschließen, wenn ich als Architekt erst nachweisen muss, was die Zulassung widerlegt, oder Inhaltsstoffe vorhanden sind, die nicht einmal kenne. Im Gegenteil, ich muss begründen, warum ich lieber Steinwolle, trotz Mehrkosten, einsetzten möchte.
Hinterher ist man immer schlauer, aber diese Ohnmacht macht einen doch krank.

Archimedes 13.12.2012 11:38

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von mika (Beitrag 48729)
Hinterher ist man immer schlauer, aber diese Ohnmacht macht einen doch krank.

Im Prinzip kann man auf die ein oder anderer Weise immer verlieren bei der Wahl der Bauweise, Materialien etc..
Entweder man akzeptiert für sich selbst an manchen Stellen Verstöße gegen Normen, Stand der Technik, Herstellervorgaben und empfiehlt seinem Bauherren was man selbst für richtig und gut hält oder man versteckt sich hinter Normen und Industrie, muss sich aber dafür vom Bauherrn fragen lassen, warum man eigentlich Architekt (Baumeister) ist, wenn man alles kommentarlos und ohne eigene Gedanken übernimmt und selbst auf solche Bericht, wie oben gepostet, nicht reagiert.
Zu unserem Job gehört das Hinterfragen und eine eigene Meinung/Haltung unbedingt dazu, sonst kann man doch gleich das Feld räumen und die Kunden zu den billigen schlüsselfertigen Anbietern überweisen.

bezett 13.12.2012 20:53

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Mal abgesehen vom ökologischen Eigentor durch WDVS:
Es gibt eine Reihe gelungener Baukörper, wie z.B. das Schulhaus in Vella oder die WDVS-Fassaden-Experimente von Hild+K, Klaus Theo Brenner in Konstanz oder...
- Es müssen eben nur fähige Leute damit umgehen.

Daß das meiste öde beim Fach- und Laienpublikum rüberkommt, liegt an den Beteiligten, nicht zwingend am Material.

Grüße! bezett

Archimedes 13.12.2012 21:51

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von bezett (Beitrag 48733)
Es gibt eine Reihe gelungener Baukörper, ....
- Es müssen eben nur fähige Leute damit umgehen.

Das man damit einfach und kostengünstig chice Architektur machen kann ist ja längstens bekannt, aber auch die fähigsten Leute kommen an der Umweltproblematik nunmal nicht vorbei, die hier angesprochen wird.

bezett 14.12.2012 09:09

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Erweitere Deine technsichen und ökologischen Ansichten von WDVS um die Möglichkeiten der Gestaltung, dann relativiert sich vielleicht Dein Urteil über das Material.
-'schicke' Architektur kriegen wir von Bauträgern als EFH verkauft.
'Baukunst' kriegste auch mit WDVS hin, wenn Architekten solide Gestaltungskenntnisse haben.
-Fehlen die, sehen die WDVS Lauben eben schick aus.

Archimedes 14.12.2012 13:27

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von bezett (Beitrag 48736)
Erweitere Deine technsichen und ökologischen Ansichten von WDVS um die Möglichkeiten der Gestaltung, dann relativiert sich vielleicht Dein Urteil über das Material..

Ich hatte Deine Intention durchaus verstanden, aber wie sollte eine noch so perfekte Architektur über die aufgezeigten Probleme hinweg helfen. Das eine kann keine Erklärung oder ein Ausgleich für das andere sein.

Der Apfel von Schneewittchen war auch perfekt geformt und lecker, aber dennoch giftig. ;)

Wir nutzen in den letzten Jahren ständig die Gestaltungsmöglichkeiten mit WDVS, aber ich bin an einem Punkt angelangt an dem mir "hübsch" aussehen nicht mehr reicht.

mika 14.12.2012 17:07

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Kann es sein, dass bezett den Film gar nicht gesehen hat ?

Es geht ja nicht um die Gestaltungsmöglichkeiten von WDVS im Vergleich zu anderen Baustoffen, sondern um die verschwiegenen Nachteile wie Brandschutz und Umweltbelastung während der Lebensdauer durch enthaltene Gifte.

bezett 15.12.2012 13:25

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Um in Deinem -sehr trefflichen- Bild zu bleiben:
Jeder hatte Dich schon abgeschrieben, aber irgendwann würgst Du das Gift wieder aus,
dann ist Zeit für was anderes.
- Vielleicht der monolitische Bau (in Berlin gibt es einige öffentliche (!) Gebäude in dieser Form, die EnEV Vorgaben umgehen/ignorieren)

Wir Architekten sollten immer bis drei zählen können: firmitas/utilitas/venustas
Wenn ein Bericht (der ohnehin nur Bekanntes zusammenfaßt) nur bis zwei zählt, füge ich Nr. 3 hinzu.

Mich erstaunt, daß der thread erst jetzt kommt. Der NDR sendete ihn bereits vor etlichen Monaten, und da war er schon eine Wiederholung!

personal cheese 15.12.2012 13:37

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von bezett (Beitrag 48742)
firmitas/utilitas/venustas

Immer, wenn jemand den Vitruv bemüht, kommt bei mir so ein leichter Würgreitz.

Nichts für ungut aber habe das bei unzähligen Vorlesungen, Vorträgen, Grundsteinlegungen, Richtfesten schon gehört, seltsamerweise nie bei Bauherrenbesprechungen oder Fachplanerabstimmungen...

Archimedes 15.12.2012 13:56

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von bezett (Beitrag 48742)
Mich erstaunt, daß der thread erst jetzt kommt. Der NDR sendete ihn bereits vor etlichen Monaten, und da war er schon eine Wiederholung!

Ich glaube Du verwechselst da, dass einen ersten Teil vor ca. einem Jahr und jetzt kürzlich einen zweiten Teil dazu gab. Vielleicht doch mal genau schauen.

Über Vitruv in diesem Zusammenhang zu diskutieren halte ich allerdings auch für abwegig.
Dieser Thread hat ausnahmsweise rein gar nichts mit Gestaltung zu tun, sondern mit Dämmwahn, fragwürdigen Vorschriften, irreführenden Angaben, Bau- und Folgekosten, problematischen Materialien, Umweltbelastung....


Wer sind in diesem Zusammenhang eigentlich die 7 Zwerge?

Heißen die vielleicht Marmorit, Sto, WeberBroutin oder so ähnlich...? :D

bezett 15.12.2012 14:10

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
das Jammern über Dämmwahn, fragwürdigen Vorschriften, irreführenden Angaben... haben Architekten, Laien, Rauterberg x Mal in der Zeit ... zur Genüge getan und ist uns allen bekannt.

-Wir könnten über neue/alte/andere Wege in der Baukultur sprechen, Dietmar Eberles Äußerungen in eine der letzten Bauwelt Ausgaben sind interessant und die Berliner Bauten zB

Zum Jammern/Klagen fehlt mir das nötige Temperament...

Archimedes 15.12.2012 14:18

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von bezett (Beitrag 48746)
das Jammern über Dämmwahn, fragwürdigen Vorschriften, irreführenden Angaben... ... zur Genüge getan und ist uns allen bekannt.

Das glaube ich halt nicht. Wenn es genügend Aufklärung und Auflehnung gäbe, dann wären wir vermutlich schon weiter.

Es geht hier auch nicht um einige gute Beispiele öffentlicher Bauten, wo man gerne auch mal richtig Geld ausgibt um sich als Architekt und Staat zu profilieren.

Es werden täglich hunderte Wohnhäuser und Gewerbeobjekte unter Berücksichtigung fragwürdiger Standards und Verwendung bedenklicher Materialien fertiggestellt.
Ein paar nette Worte von Herrn Eberle und einige "saubere" Projekte sind da zu wenig.

FoVe 18.12.2012 20:15

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Mann, das sind "alte Hüte" : eek:
Der "weiße Dreck" wird in ca. 10 - 15 Jahren das neue Asbest,
aber das hindert die Baugemeinschaft nicht, dieses Zeug weiter fröhlich an die Fassaden zu babben.

Wenn das so weitergeht, dann ist der Sanierungstsunamie, der da auf uns zurollt um ein Vielfaches größer als die Asbestsanierungswelle.

Archimedes 18.12.2012 21:07

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von FoVe (Beitrag 48796)
Wenn das so weitergeht, dann ist der Sanierungstsunamie, der da auf uns zurollt um ein Vielfaches größer als die Asbestsanierungswelle.

Also erstmal auf der sicheren Anhöhe abwarten bis der Tsunamie genug ahnungslose WDVS-Opfer an den Strand geworfen hat und dann drauf los sanieren?

Ich fühle mich dabei nicht so wohl und ich würde zum Sanieren auch nicht den Architekten nehmen, der mir das Zeug vor 20 Jahren draufgepappt hat.

TappAr 19.12.2012 11:29

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

- Vielleicht der monolitische Bau (in Berlin gibt es einige öffentliche (!) Gebäude in dieser Form, die EnEV Vorgaben umgehen/ignorieren)
was soll denn ein "monolithischer bau, der die enev-vorgaben umgeht" sein?

meinst du einfach bauten, die heute ohne wdvs (ziegel, porenbeton, ...) errichtet werden? die können auch die geforderten eigenschaften enev, auch schallschutz, erfüllen.

ich habe den bericht gesehen, auch schon den oder einen vorgängerbericht. aus sicht des brandschutzes gefallen mir diese systeme schon seit jahren nicht besonders gut, kommen aber, auch bei unseren objekten, immer wieder zum einsatz. nachdem sich nun endlich die dämlichen brandriegel durchsetzen, finde ich es unschön zu sehen, dass sich diese ja nun auch nicht lohnen.

bei einem seminar letztes jahr brachte der herausgeber eines fachbuches für brandschutz das auf eine einfache formel:

machen sie ihrem bauherren klar, dass er sich letzten endes nichts weiteres als aufgeschäumtes erdöl auf dach und wand packt.

aber (noch) kommt den styroporleuten der preisdruck entgegen.

Tapp

TappAr 19.12.2012 11:30

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
BAUWELT - Low-Tech Ziegelbau

das hier gemeint gewesen?

FoVe 20.12.2012 19:25

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Im Odenwald haben sie gerade ein 3500 Jahre altes Gebäude ausgebuddelt.
Das war damals schon so gut wärmegedämmt, dass es locker die WDV von 2000 erreicht hätte.

Kieler 21.12.2012 19:16

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Es gibt sicherlich Fälle eines zu viel, umgekehrt ist ein unreflektiertes insulation
bashing (harrharr) wohl auch kaum der richtige Weg.
Wir sagen grundsätzlich ja zum Dämmen, nur sollte man wissen was man da
macht, sowohl technologisch als auch bauphysikalisch, und wenn man anstelle
des Punkt-Wulstverfahrens das KlecksKlecks Verfahren anwendet, muss man
sich nicht wundern wenn das WDVS absäuft.
Ich bin bestimmt kein Freund von WDVS (mit PS) aber alles Versagen kann man
dem Bauteil auch nicht in die Schuhe schieben....

Archimedes 22.12.2012 12:08

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 48824)
Wir sagen grundsätzlich ja zum Dämmen, ...

Tun wir das wirklich oder müssen wir einfach dem Schwachsinn folgen den uns Regierung, EU und Industrie uns aufs Auge drücken, damit wir normen- und ENEV-treu sind?

Ich bin seit geraumer Zeit stark am Zweifeln, ob das was wir derzeit Bauen noch etwas mit "gesundem Menschenverstand" zu tun hat. Nicht nur was die Hülle angeht, sondern auch was Kosten, Größe, Gestaltung und weitere Emissionen angeht.

Klar, der Mensch hält viel aus und die Erde noch mehr, aber müssen wir es auf die Spitze treiben?

Natürlich macht man seine Arbeit ordentlich und kann sagen, die anderen machen das doch schließlich auch, aber gucken wir wirklich noch manchmal über den Tellerrand oder sind wir "betriebsblind"?


Frohe Weihnachten und den Dämmstoffherstellern ein Wohlgefallen! :D

Kieler 22.12.2012 15:06

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
mit "wir" meinte ich nicht uns als Planergemeinschaft oder Bauschaffende,
sondern ganz speziell unser Büro.
Selbstverständlich muss man über den Tellerrand schauen, immer und überall,
nicht nur bei Dämmen, und ja Verordnungen, Technische Normen und
Vorschriften waren wohl noch nie der Weisheit letzter Schluss, und selbstverständlich
sollte man sein Tun und Handeln immer Hinterfragen, aber mir geht es jetzt um
diese Grundsätzlichkeit mit der nun umgekehrt die "Mär" vom Dämmwahn
verkündet wird.
Ich bin nullkommanull am Zweifeln, dass Wärmedämmung wichtig und richtig ist,
die Herausforderung ist es eben formal, technologisch, bauphysikalisch und
ökologisch so zu planen, dass es sinnvoll ist und vorschriftenkonform.

Archimedes 22.12.2012 21:43

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 48830)
Ich bin nullkommanull am Zweifeln, dass Wärmedämmung wichtig und richtig ist,
die Herausforderung ist es eben formal, technologisch, bauphysikalisch und
ökologisch so zu planen, dass es sinnvoll ist und vorschriftenkonform.

Ich glaube wir vergessen bei all unseren fachlichen Diskussionen dennoch allzu häufig das und den um den es geht: Den Menschen.
Er sollte für uns das Maß aller Dinge sein und nicht allein das technisch machbare und das was man lt. Vorschriften machen muss.
Das eine Wärmedämmung und -speicherung sinnvoll ist, bestreiten, denke ich, die wenigsten Fachleute. Das man aber mit den Mindestanforderungen einer ENEV 2002 schon recht weit war und das regelmässige "Draufpacken" mehr Dämmideologie als Notwendigkeit ist, sehen allerdings auch mittlerweile Viele so. Alle definieren sich über Energieeffizienz. Paßt die Gestaltung und die Funktion schon nicht, dann ist es zumindest ordentlich gedämmt. :D
Mittlerweile wird das Bauen aber genau aus diesem "Dämmfetischismus gepaart mit aufwendigem Haustechnikfirlefanz" für immermehr junge Familien unerschwinglich...und da sollte man dran denken. Eben an den Mensch als Maß und nicht irgendeine ENEV-Software, die uns vorgibt das 20 cm Styropor besser sind als 36,5 cm Ziegel und eine Solarthermieanlage hilft das EEWärmeG zu erschlagen.

dk0815 25.12.2012 12:19

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Hallo zusammen,

zuerst mal noch Frohe Weihnachten an alle Mitleser !

Wenn man sich die ganze Dämmgeschichte anschaut läuft doch einiges falsch. Denke daß es sich teilweise auch um typisch deutschen vorauseilenden Gehorsam handelt. Der natürlich von den Lobbyisten noch gesteuert/ angeheizt wird.

Natürlich steht außer Frage, daß Energie eingespart und gedämmt werden muss, aber manchmal wäre es besser wenn die Entscheider mal nen Schritt zurücktreten würden um sich den Dingen mal mit ein bisschen Abstand zu nähern.

Wenn man sich mal überlegt, daß in nicht allzuferner Zukunft europaweit nur noch Nullenergiehäuser gebaut werden sollen, dann ist diese Eu-Verordnung ja schön und recht, man sollte sich aber mal die energetischen Standards in unseren Nachbarländern (jetzt nicht unbedingt CH / Ö) mal vor Augen führen.
Wie wird denn in Osteuropa und im Süden gebaut bzw. wie sieht denn die aktuelle Lebens-/Einkommenswirklichkeit aus ?

Die großen Chancen liegen einfach im Bestand. Was nützt es uns wenn irgendwo ein paar mit hightech vollgepackte Passiv/Null/Plusenergiehäuser rumstehen, bei denen es sich ja eigentlich schon um eine Art Luxusgut handelt. O-Ton: Mein Haus verbraucht nur 15 kwh/m²/a ich wohne aber auf 250m² und gekostet hat es über ne Million.....
Das ist doch total weltfremd.

Wenn aber dann durch immer schärfer werdende Vorschriften Sanierungen in der breiten Masse nicht mehr möglich sind, da gewisse Standards so hohe Kosten verursachen, daß das Ganze finanziell nicht mehr darstellbar wird, dann läuft doch was falsch. Man muss sich nur mal vorstellen, wieviel Energie eingespart würde, wenn Häuser in Deutschland flächendeckend den Stand EnEV2002 hätten, der so wie Archimedes erwähnt hat ja auch schon recht weit war.

Zwei entscheidende Punkte sind für mich folgende, die mir aber auch erst so richtig im Rahmen meiner Energieberaterweiterbildung bewußt geworden sind.

Zum einen kam klar durch die Dozenten rüber, daß ein Großteil der Häuser die man vor wenigen Jahren noch gut hätte sanieren können aktuell/ in Zukunft eher abgerissen werden sollten, da die hohen Standards sehr teuer sind und sich Maßnahmen nicht lohnen/ finanzierbar sind. Die Frage ist nun wo wird denn großflächig abgerissen und durch Neubauten ersetzt ? Ist es global besser lieber nichts zu tun ?

Zum anderen muss man sich auch mal über so was wie Stoffkreisläufe und Gesamtenergiebetrachtungen Gedanken machen. Wieviel Energie wird denn durch meinen schönen, optimierten Neubau denn schon nur durch die Erstellung und die Erzeugung der Materialen verbraucht. Finden dann überhaupt Einsparungen statt?

Dazu kommt ja noch, daß sich die großen Sanierungen (Wohnungsbaugesellschaften) gar nicht immer in dem Maße lohnen, wie es vorher schön ausgerechnet wird. Teilweise fallen die Energieverbräuche gar nicht so stark, oder die steigenden Kosten fressen die Einsparung wieder auf. Da mittlerweile aber klar ist daß in diesem Bereich die Kosten nicht mehr einfach an die Mieter weitergegeben werden können, wird es wohl mittelfristig zu einem Umdenken kommen müssen.

Gruss Daniel

Kieler 25.12.2012 13:08

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Also mir ist das alles zu viel Verschwörungstheorie, es geht in der
öffentlichen Diskussion immer mehr in die Richtung, dass die
Dämmstoffindustrie die EnEV nach ihren Wünschen strickt, und weil es
auch nicht weiterführt immer hin und her zu behaupten und zu vermuten,
habe ich mal schnell ein Haus gerechnet, ein Mehrfamilienhaus:
6 Wohneinheiten
750m² Wohnfläche
850m² Nutzfläche nach EnEV
2700m³Bauvolumen
somit 2169m³ Luftvolumen.
Unser Beispielhaus ist von 1960 und wir bringen 10 cm WLG035 an die
Wände, 6cm unter die Kellerdecke und bauen 14 cm im Dach ein
(Flachdach, Aufdachdämmung), Fenster 1,3, Wärmebrückenzuschlag: 0,1.

Mit diesen Eckwerten, die aus meiner Sicht vom "Dämmwahn" ziemlich
weit entfernt sind, unterschreiten wir mit der 140% Regel die HT´
Forderungen der EnEV 2009 um etwas mehr als 50%! (tatsächlich: 0,45,
gefordert:1,4*0,65)

Lediglich die Primärforderung der EnEV, nämlich der Primärenergiebedarf,
ist etwas schwieriger einzuhalten. Das geht in unserem Falle mit einem
Gasbrennwertkessel, Heizkreis 55/45 und Kollektoren für 60%WW.

Wer wie ich in einem Gebiet tätig ist wo Fernwärme mit einem
Primärenergiefaktor von 0,64 zertifiziert wird, der hat damit aber auch
überhaupt keine Probleme.
Und das ist genau das, wo es bei all unseren Berechnungen meistens
hakt: HT´ erreicht man problemlos, aber nicht den Primärenergiefaktor
(es sei denn in einem Einfamilienhaus wo mit Pellets o.Ä. geheizt wird)
Problematisch wird es im Bestand erst, wenn aus einer Gründerzeitvilla
ein KfW Mikroklein werden soll, das hat aber mit der EnEV nichts zu tun,
sondern damit, dass die Bewohner möglichst viele Fördermittel abgreifen
wollen, somit ist das Problem nicht die Vorschrift, sondern der Nutzer,
den man vor hohen Kosten eigentlich schützen will.
Abgesehen davon gibt´s ja noch die Ausnahmeregel für Denkmäler und
andere bsonders schützenswerte Bausubstanz (da muss es nicht mal
Denkmalschutz geben)
Mein Fazit: Wer im Zusammenhang mit der EnEV 2009 von Dämmwahn
spricht, leidet unter Verfolgungswahn!

Archimedes 25.12.2012 21:15

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 48857)
Also mir ist das alles zu viel Verschwörungstheorie, es geht in der öffentlichen Diskussion immer mehr in die Richtung, dass die
Dämmstoffindustrie die EnEV nach ihren Wünschen strickt, und weil es
auch nicht weiterführt immer hin und her zu behaupten und zu vermuten, habe ich mal schnell ein Haus gerechnet, ...!

Mag zwar sein, dass Du mir weitere Verschwörungstheorien unterstellst, aber Du hast das Ganze sicher mit einem Programm gerechnet, welches für die Erstellung von ENEV-Nachweisen zertifiziert ist und eben an diesem hat die Dämmstoffindustrie über die Politik kräftig mitgestrickt. Alle Softwarehersteller sind verpflichtet im Hintergrund die gleichen Formeln zu nutzen.
Wie kann es z.B. sein, dass der Wärmebrückennachweis beim gleichen Haus einen Unterschied von bis zu Faktor 10 in der Berechnung ausmachen kann, je nachdem ob man PAUSCHAL (0,1), OPTIMIERT (0,05) oder INDIVIDUELL BERECHNET (z.B. 0,01) wählt und somit sich beim gleichen Gebäude, alleine durch diese Position in der Berechnung sich eine rechnerische Dämmstärke fast halbieren kann, bei gleichem Primärenergiebedarf?

Das was nach der Eingabe aus diesen Programmen rauskommt sind doch alles theoretische Werte, die sich später in der Praxis noch lange nicht bei allen Projekten bestätigen, aber von uns kommentarlos übernommen und in die Welt getragen werden. Was bringt es mir, wenn mir die ENEV-Software sagt, dass ich später Heizkosten von 400 Euro im Jahr habe und tatsächlich liegen sie dann bei 600 Euro? Evtl. sind das genau die 200 Euro, die es unmöglich machen, dass sich die 10 cm EPS, die ich lt. Berechnung noch mehr drauf kleben musste, nie amortisieren werden. Wer ist dann verantwortlich? Vermutlich der Endverbraucher, der sein Haus nicht richtig betreibt. ;)

Wir kennen doch das gleiche Spiel von den PKWs mit den EU-Norm-Verbräuchen, die kaum einer im realen Fahrbetrieb erreicht oder abbilden kann. Wer die Testbedingungen und Standards selbst definieren kann, strickt für sich und alle Nutzer eine schöne Scheinwelt auf dem Papier.
Siehe Test für das Erreichen der Brandschutzklasse für EPS im Fernsehbeitrag aus Post Nr. 1.

Kieler 26.12.2012 13:39

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Archimedes, verzettelst Du Dich nicht jetzt ein bisschen?
Wenn es tatsächlich so wäre, dass die EnEV in erster Linie als ein Vertriebsinstrument der Dämmstoffindustrie zu betrachten ist, und die Softwarehersteller dementsprechend nur Erfüllungsgehilfen zur Umsetzung, dann hätte doch bei meiner Beispielberechnung herauskommen müssen, dass das MFH extrem dicke Dämmung benötigt, ist es aber nicht.
Es ist herausgekommen, dass man mit 10 cm an den Wänden die EnEV 2009 weit übererfüllen kann.
Und was soll Dein Beispiel mit den Wärmebrücken uns sagen?
Dass man durch deren unterschiedlich aufwendige Berechnung auf eine Verdopplung der Dämmstärke kommt, hast Du irgendwo gehört, aber bestimmt niemals selbst berechnet, das ist nämlich nur in einem sehr theoretischen Fall überhaupt möglich. (Ein Aufschlag von max. 4cm durch pauschalierte Wärmebrückenberücksichtigung scheint mir in der Praxis (bei EnEV Standard) eher das Maximum.
Und selbst wenn, dann gewinnen wir daraus doch nur die Erkenntnis, dass die Wärmebrücken umso relevanter werden, je höher der Dämmstandard ist.
Und was die eigentliche Berechnung anbelangt, so ist dies doch auch keine Besonderheit der Energieberechnung, es gibt doch überall die Möglichkeit mit Faustformeln (weniger aufwendig) etwas überdimensioniert, aber auf der sicheren Seite zu planen, oder durch (aufwendigere) Berechnung z.B. statisch zu optimieren.
Und der Autoverbrauchgvergleich bringt uns da imho auch nicht weiter, Lebensdauer von Lampen sagen auch nichts über deren garantierte Mindestlebensdauer aus, sondern sind lediglich eine vergleichende Information auf Basis von Wahrscheinlichkeiten, und da schließt sich wieder der Kreis zu EnEV, denn diese ist nicht das Fundament einer genauen thermischen Simulation, dann würdesr Du nämlich auf die Barrikaden gehen ob des Aufwands.
Trotzdem ist die EnEV viel besser als Ihr Ruf. Das sage ich aus Erfahrung nach zahlreichen überwachten energetischen Ertüchtigungen, ich glaube ich hab hier im Forum auch schon mal Ergebnisse veröffentlicht.

Das was Dich, so vermute ich, aufregt sind die praxisfernen, geschönte Energieberatungen, die zu manchmal ganz absurden Sanierungsempfehlungen kommen, das ist aber ganz allein ein Anwendungsproblem.

Archimedes 26.12.2012 14:30

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 48862)
Archimedes, verzettelst Du Dich nicht jetzt ein bisschen?

Mag sein, dass ich etwas übertreibe, aber ich möchte Alternativen zur derzeitigen Vorgehensweise finden.

Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 48862)
Wenn es tatsächlich so wäre, dass die EnEV in erster Linie als ein Vertriebsinstrument der Dämmstoffindustrie zu betrachten ist, und die Softwarehersteller dementsprechend nur Erfüllungsgehilfen zur Umsetzung, dann hätte doch bei meiner Beispielberechnung herauskommen müssen, dass das MFH extrem dicke Dämmung benötigt, ist es aber nicht.

10 cm sind in der Tat nicht viel nach heutigen "Maßstäben", wobei es beim MFH wg. gutem A/V-Verhältnis sich besser macht als bei einem EFH und die sind dann auch häufiger verbreitet. Zusammen mit den KFW-Anreizen und den kommenden ENEV-Verschärfungen sicher wieder ein gutes Geschäft für die Dämmstoffproduzenten.

Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 48862)
Dass man durch deren unterschiedlich aufwendige Berechnung auf eine Verdopplung der Dämmstärke kommt, hast Du irgendwo gehört, aber bestimmt niemals selbst berechnet, das ist nämlich nur in einem sehr theoretischen Fall überhaupt möglich. (Ein Aufschlag von max. 4cm durch pauschalierte Wärmebrückenberücksichtigung scheint mir in der Praxis (bei EnEV Standard) eher das Maximum.

Das Beispiel stammt aus einer Schulung von KS. Es handelte sich um ein EFH. Einmal mit pauschalierter und ein anderes mal mit genauer Wärmebrückenbetrachtung. Soweit ich mich erinnere verringerte sich die errechnete Fassadendämmstärke bei ansonsten unveränderten Parametern von 35 cm auf 20 cm. Ich schrieb ja fast verdoppelt.


Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 48862)
... und da schließt sich wieder der Kreis zu EnEV, denn diese ist nicht das Fundament einer genauen thermischen Simulation, dann würdesr Du nämlich auf die Barrikaden gehen ob des Aufwands.

Gut es gibt ja Alternativen z.B. die PHPP-Berechnung, aber auch die kommt aus einem Bereich der sich über Dämmstärke bzw. den Passivhausgedanken definiert.


Ich glaube wir brechen derzeit einige Dinge übers Knie und wollen innerhalb von 20 Jahren im Bauen und beim Thema Energie einen gewaltigen Evolutionsschritt vollziehen ohne die Nebenwirkungen und die Sinnhaftigkeit erfassen zu können.
Wir sollten vieleicht nicht alle 4-5 Jahre die ENEV "blind" verschärfen, sondern uns mal in Ruhe anschauen, was mit den Gebäuden von 2002 bzw. 2009 passiert und uns dann erst weitere Schritte überlegen.

Kieler 28.12.2012 20:49

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
ich verstehe immer noch nicht wen oder was Du an den Pranger stellen
willst.
Ich habe das Gefühl Du stehst vor der EnEV wie das Kaninchen vor
Schlange. Diese Verordnung ist nicht Schuld an dem so genannten
Dämmwahn, und wie definiert sich dieser überhaupt.
Sind Passivhäuser Deiner Meinung nach Wahnsinn? Die gibt´s seit über
zwanzig Jahren und sind doch kaum noch mehrpreisig. Oder bist Du
doch eigentlich nur gegen PS-WDVS an Altbauten.
Ich bin wie Du der Meinung, dass der Hang zum Überdämmen weit
verbreitet ist, dies hat aber seine Ursache in der (ich nenn´es mal etwas
neutral) Übermotivation von BH/Planer/KfW-Anreizen.
Wir ertüchtigen eigentlich alle Häuser i.d.R. mit 20cm Zellulose in den
Wänden und 30-35cm im Dach. Ob ich nun 14er oder 20er Stegträger
nehme und 14 oder 20 cm Zellulose, völlig egal. Bei zwanzig cm ist aber
in der Regel wegen der Abstandsflächen (LBO) Schluss. Gleiches gilt für
das Dach, ob ich nun 6, 10 oder 14 cm aufdopple, macht doch keinen
großen Unterschied, erfordert vom Planer höchstens mehr Engagement
bei der Detaillierung einer formal zufriedenstellenden Lösung an
Traufe/Ortgang usw.
Du kannst heute theoretisch noch fast mit den U-Werten der WSV95 bauen
und damit die aktuelle EnEV einhalten, da ist die Haustechnik schon eher
die Herausforderung. Und hier gebe ich Dir Recht, da gibt es mitunter
obskure Konstrukte mit Monstersteuerung (Pellet/Solar/Wärmepumpe
beladen einen Speicher). Da sind wir mittlerweile von ab.
Aber wenn Du sehr gut dämmst, darfst Du nach EnEV (unter 20W) mit
Direktstromheizung heizen, dann brauchst Du keine komplizierte
Heizungsverteilung, sondern nur ein paar Steckdosen.
Ich selbst schreibe diese Zeilen übrigens in einer ungedämmten
Gründerzeitbude, in der trotz disziplinierten Lüftens nach Klimalogger der
Schimmel die Wände hochwächst...

Archimedes 29.12.2012 08:52

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 48887)
Ich habe das Gefühl Du stehst vor der EnEV wie das Kaninchen vor
Schlange.

Das mag sein, denn ich fühle mich von den Vorschriften dieser zusammen mit EEWärmeG und dem Ausblick auf das was bis 2020 passieren soll als Planer etwas überfahren bzw. genötigt Bauweisen zu realisieren, die für mich große Haftungsrisiken bürgen können und für den Bauherrn sehr teuer werden.


Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 48887)
Sind Passivhäuser Deiner Meinung nach Wahnsinn? Die gibt´s seit über
zwanzig Jahren und sind doch kaum noch mehrpreisig. Oder bist Du
doch eigentlich nur gegen PS-WDVS an Altbauten.

Ja und nein. Es gibt aus meiner Sicht nicht dieses schwarz-weiß. Wir bauen auch passiv, aber nicht generell. Es muss im Einzelfall beurteilt werden, was das richtige und bezahlbare ist und das geht aus meiner Sicht mehr und mehr verloren. 20 cm EPS drauf, egal ob alt oder neu, dass paßt fast immer. ;)
Mit Zellulose und Holzfaserdämmungen arbeiten wir auch. Ist nichts neues, denn ich sitze gerade drin, kostet mehr als EPS und bürgt unter dem Putz auch Gefahrenpotential für Bauschäden, weil es sehr feuchteempfindlich ist. Kleine Schäden in der Putzoberfläche und man hat schnell ein großflächiges Problem.
Generell sind fast alle WDVS oberflächlich sehr empfindlich gegen mechanische Beanspruchungen. VHF will sich kaum einer leisten, wenn auch die Folgekosten dafür sprechen.
Wir bauen allerdings hauptsächlich neu und sehen uns da tatsächlich der extremen Übermotivation der Bauherrn, angestachelt durch Infos von Baufirmen, Herstellern und Bankmitarbeiter mit lockenden KFW-Konditionen konfrontiert. Von der WSchVo 95 sind wir dank der Mindestanforderungen an Neubauten weit entfernt.

Ich will trotz ENEV 2012/2013 im nächsten Jahr nochmal verstärkt monolithisch mit relativ herkömmlichen Ziegeln arbeiten, also nicht mit den extrem aufgelösten, fragilen mit Zusatzdämmung vollgepumpten Ziegelprodukten.
Ich werde mit Wandstärken von mind. 49 cm arbeiten müssen um die Mindestanforderungen zu erfüllen und versuche ein komplett mineralisches System an der Wand durchzuhalten. Ich verspreche mir davon ausreichende Wärmedämmung, sehr gute Wärmespeicherung, guten sommerlichen Wärmeschutz, Regulierung des Feuchtehaushaltes, ordentlichen Schallschutz, sehr wertige und langfristig wartungsarme Oberflächen, reparaturfreundliche Systeme, hohen Werterhalt.

Ich will dann mal sehen, welcher Bauherr 2035 die positivere Bilanz zieht. Der mit dem WDVS oder der mit dem Ziegelbau. ;)

bezett 04.01.2013 20:37

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Archimedes, sehr gute Entscheidung!
Berichte über Deine Erfolge/Rückschläge, vielleicht ändert häufige Berichterstattung zum monoltischen Thema die Baukultur.

Archimedes 05.01.2013 08:26

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von bezett (Beitrag 48960)
...., vielleicht ändert häufige Berichterstattung zum monoltischen Thema die Baukultur.

Eigentlich sind wir ja erst seit wenigen Jahren weg von der monolithischen Baukultur und auch ich habe meinen Teil dazu beigetragen, weil ich die stark gedämmte Hülle propagiert habe und auch derzeit so baue. Nachdem ich aber in den vergangenen Jahren verschiedenste Bauweisen und Materialien beim Thema WDVS ausprobiert habe und mir andere Projekte angesehen habe, sowie die tatsächlichen Effekte beobachtet habe, schwindet die Begeisterung wieder, die ich noch vor 1-2 Jahren dafür hatte.
Ich glaube nicht das man den WDVS-Trend wieder schnell umkehren wird und es wird auch bei manchen Projekten, nach wie vor, die günstigste Lösung zur Verbesserung der Außenhülle bleiben.
Ich weiß aber, dass es zunehmend wieder ein Klientel gibt, denen eine funktionierende Wärmedämmung zwar wichtig ist, aber die vor dieses Thema noch einige andere Werte stellen.

Kieler 21.01.2013 10:41

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
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die KfW setzt noch einen drauf
Zitat:

Zitat von Archimedes
sowie die tatsächlichen Effekte beobachtet habe

wir beobachten auch, hier mal ein Beispiel, das ist ein Objekt in Hamburg. (REH)
Glücklicherweise wurde der tatsächlich am Gaszähler abgelesene Verbrauch
schon vorher über Jahre monatlich dokumentiert. (Blaue Balken, vor der Maßnahme)
Der schwarze Balken dokumentiert die Berechnung (Endenergie)
Im Winter liegt er immer etwas über den tatsächlichen Werten (rote Balken, nach
der Maßnahme) im Sommer immer etwas darunter, über das Jahr liegen die
Verbrauchswerte aber seit der Dämmaßnahme (Dez. 2008) ca. 5-20% unter den
berechnete Werten.
Die tatsächlich am Gaszähler abgelesene und eingesparte Erdgasmenge hat
sich halbiert und das bei höherer Raum- und Wandoberflächentemperatur.
So ist es am Ende zuerst die Behaglichkeit, die als Verbesserung
wahrgenommen wurde.

Archimedes 21.01.2013 10:59

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 49156)
So ist es am Ende zuerst die Behaglichkeit, die als Verbesserung
wahrgenommen wurde.

Danke. Das Beispiel seiht so aus, als hätte es sich gelohnt.

REH= Reihenendhaus?

Neben den Wohlfühleffekten: Wann amortisiert sich die Investition in die Gebäudehülle?

Kieler 21.01.2013 18:26

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
ja, durch die Wohlfühleffekte sofort.
Diese Amortisationsberechnungen sind doch Kaffeesatzleserei, oder sag´ mir
was Du haben willst und ich rechne Dir das hin...
Die Fenster sollten sowieso ausgetauscht werden, natürlich hätten es
Plastikfenster und keine dreifachverglasten Holz-Alufenster sein können. Muss
ich die Differenz in der Amortisationsbetrachtung ansetzen, wenn für den
Bauherrn unabhängig von den Kosten nur Holz-Alufenster in Frage kamen, weil
er Plastikfenster hasst?
Und was wäre wenn er zweifachverglaste Plastikfenster gar nicht so schlimm
findet. Bedeutet, dass die Amortisationszeit von den Vorlieben des Nutzers
abhängt?!
Die Fassade musste gestrichen und der Putz wäre in zehn Jahren zumindest in
Teilflächen erneuert werden, oder schon in fünf, oder erst in zwanzig?
Wie rechne ich die Instandhaltung ein?
Wie rechne ich die Wertsteigerung des Gebäudes mit ein, wie die
gestalterische Aufwertung?

Archimedes 22.01.2013 18:46

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von Kieler (Beitrag 49161)
weil
er Plastikfenster hasst?
die Amortisationszeit von den Vorlieben des Nutzers
abhängt?!
Die Fassade musste gestrichen und der Putz wäre in zehn Jahren zumindest in
Teilflächen erneuert werden, oder schon in fünf, oder erst in zwanzig?
Wie rechne ich die Instandhaltung ein?
Wie rechne ich die Wertsteigerung des Gebäudes mit ein, wie die
gestalterische Aufwertung?

Man Du antwortest ja mit mehr Fragen.... :p

Grundsätzlich hast Du das Statement Wahnsinn Wärmedämmung durch Deine Vorher-Nachher-Betrachtung und den Wohlfühleffekt erstmal erledigt. Die Bilanz schaut gut aus und spricht ganz für die energetische Sanierung. Das kann man tatsächlich so stehen lassen.

Wie Du mit Deinen Fragen aber selbst andeutest, berücksichtigen wir aber dann doch eine ganze Reihe von Faktoren noch nicht, wie Instandhaltungskosten, Wertigkeit, spätere Entsorgung, Brandverhalten, Schallschutz...



Möglicherweise spart man einen Haufen Heizkosten, muss aber alle 5 Jahre Gerüst aufbauen und Fassade nachbehandeln und neu streichen, weil man mit Algen oder Flecken zu tun hat. Das Problem kannte man davor vielleicht 40 Jahre lang nicht.

Oder die Kinder bolzen den Fußball gegen die gedämmte Hauswand, erzeugen Risse, Wasser dringt ein, Dämmung wird unwirksam, Konstruktion fängt an zu gammeln, Putz fällt runter, große Sanierungskosten. Das Problem kannte man davor vielleicht 40 Jahre lang nicht.

Zum Wohlfühleffekt gehört neben "warmen" Oberflächen auch der Schallschutz. Nachgewiesen wurde das z.B. WDVS aus Styropor z.B. das Schalldämmmaß einer Wand herabsetzt.



Evtl. zahlt man am Ende wieder drauf.



Das führt aber vermutlich zu weit und einen Tod muss man halt sterben.
Will Dich auch nicht weiter ärgern. :)

Wärmedämmung muss sicher sein, aber ich hoffe wir finden das richtige Maß und schauen nicht nur auf die Dämmwerte und vordergründige Energieeinsparung, sondern betrachten die gesamte Lebensdauer und Qualität eines Projektes.

Archimedes 31.03.2013 07:56

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Wärmedämmung: Studie zu Kosten und Nutzen sorgt für Streit - SPIEGEL ONLINE

wiedermal kritische Töne zum Dämmwahn.


Im Spiegel (Druckausgabe) letzter Woche gab es einen amüsanten Artikel eines dänischen Forschers zum Thema Klimawandel und was wir dagegen tun.

Ergebnis seiner Studie ist, dass Deutschland mit seiner Energiewende und enormen Investionen in regenerative Energien und Energieeffizienz (Wärmedämmung und Co.) den globalen Klimawandel um ganze 5 Tage verschieben wird, aber ihn natürlich nicht aufhalten wird.
Nacheiferer gibt es übrigens keine Nennenswerten für das was wir derzeit vorleben und als erstrebenswert betrachten.
Trotzdem hat die USA es beispielsweise in den letzten Jahren geschafft, den CO2-Ausstoß deutlich mehr zu senken als wir, weil sie einen Großteil ihrer Kraftwerke einfach von Kohle auf Erdgas umgestellt haben, welches zunehmend durch Fracking (auch umstritten) gewonnen wird.
Wir hingegen haben die Kohlekraftwerke gerade erst wieder voll hochgefahren damit wir von der Kernkraft wegkommen und uns Windräder in den Garten und Photovoltaik aufs dickgedämmte Dach pflastern können.

lalahmpf 31.03.2013 11:18

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von Archimedes (Beitrag 49820)

Ich finde es seltsam, wie in manchen Gutachten Amortisationszeiten von etwas über 20 Jahren angesetzt werden, wenn die verbauten (WDV-)Dämm-Systeme mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht 20 Jahre halten bzw. ihre Dämmwirkung über die Zeit massiv verringern - Kommentat eines Architekten zu einem Maßnahmenkatalog, den ich bei einer Sanierung vorgeschlagen hatte: "wenn Sie den Fokus nicht so sehr auf die Wirtschaftlichkeit legen würden könnten Sie viel mehr Maßnahmen umsetzen"

Archimedes 31.03.2013 14:55

AW: Wahnsinn Wärmedämmung
 
Zitat:

Zitat von lalahmpf (Beitrag 49821)
"wenn Sie den Fokus nicht so sehr auf die Wirtschaftlichkeit legen würden könnten Sie viel mehr Maßnahmen umsetzen"

Wir sollten vielleicht hier etwas schneller von der Elektronik - und Automobilindustrie lernen, schließlich schaffen die es schon seit Jahren Produkte mit begrenzter Lebensdauer zu entwickeln und zu verkaufen. Die Branchen sichern sich so die Arbeit in der Zukunft.

Grundsätzlich sehe ich unsere Branche da aber auf einem guten Weg. Das was wir derzeit mit unseren Häusern machen, sichert uns eine Reihe von zukünftigen Sanierungen.


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