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Ich möchte keine sicherheitsrelevanten Dinge in Frage stellen, aber es ist tatsächlich der Hang zur maßlosen Übertreibung festzustellen. Ich tummele mich nun seit meiner frühen Jugendzeit, also nun etwas über 25 Jahre, auf Baustellen und auch Ende der 80er Jahre war die Bauqualität in Deutschland schon unbestritten hoch. Die Gebäude stehen (fast) alle noch. Es sind mir jedenfalls keine bekannt, die aus Mangel an Bewehrung eingestürzt sind. Die Eissporthalle in Bad Reichenhall hatte ein anderes Problem und Stadtarchiv in Köln war auch anders gelagert. Feststellen kann ich aber, dass unsere Gebäude seitdem auch im Bereich Tragwerk immer teurer und aufwendiger geworden sind, obwohl die tatsächlichen Nutz- und Ausbaulasten sich nicht verändert haben. Es wurde an sovielen Schrauben gleichzeitig gedreht, dass Materialkennwerte, Lastnahmen, Formeln, Normen, +Angstzuschlag in den vergangenen Jahren zunehmend dazu führen, dass man es immer weniger wirtschaftlich ausführen lassen kann. Nicht selten kommt auf der Baustelle die, leider ernstgemeinte, Frage auf, wie man denn überhaupt noch zuverlässig Beton zwischen die mehreren enggestaffelten Bewehrungslagen bekommen und verdichten soll. Leider tragen Statiker selten Verantwortung für gestiegene Kosten. Sie verstecken sich meist hinter der absoluten Notwendigkeit ihrer Vorgaben. Daher meine Bitte: Nicht stumpf im Büro rechnen, auch mal auf der Baustelle nachschauen, wie es dort aussieht. | ||
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Ort: USA ![]() Beitrag Datum: 01.08.2015 Uhrzeit: 23:39 ID: 54714 | Social Bookmarks: Es gibt schon Schadensfälle, v.a. beim Thema Durchstanzen, und natürlich bei Erbeben, die sind in Deutschland natürlich nicht so präsent. Balkone stürzen immer wieder ab, etc. Die meisten Gebäude halten, weil sie nicht bis zum letzten mm2 Bewehrung ausgereizt wurden. Auch damals nicht. Die Normen haben sich gerade im Bereich Erdbebenbemessung auch in den letzten Jahrzehnten noch kontinuierlich verbessert. Ansonsten wurden meines Wissens nach nur Gebrauchstauglichkeitsprobleme behoben. Mehr Bewehrung in der Decke führt z.B. zu geringerer Langzeitdurchbiegung. Weniger Risse sind auch praktisch. Ich stimme dir absolut zu, alles muss hinterfragt werden. War bei mir im alten Büro so Usus - die Normen galten da als Richtwerte oder Hilfsmittel, nicht als heiliges Gesetz. Die Chefs haben bei deren Erstellung zum Teil auch mitgewirkt. Die haben in ihrer Lehrzeit noch mit dem Rechenschieber gerechnet - Weniger rechnen, mehr denken, war das Motto. Was ich sehr gut finde. Eben anstatt einfach mal das komplette Gebäude ins FEM-Programm einzugeben und sich die Bewehrung ausgeben zu lassen. Die Normen sind nicht das Problem, sondern es fehlt am Verständnis der statischen Systeme. Dass die Tragwerke immer teurer werden - falls das der Fall ist, was ich nicht weiß - könnte das aber auch daran liegen, dass die Architekten immer ausgefallenere Entwürfe anbringen und der Statiker schauen muss, wo die Schwerkraft bleibt. Habe nichts dagegen - so bleibt es auch für uns spannend ![]() Dass sich die Sicherheitsbeiwerte seit den 80ern so dramatisch erhöht hätten, dass das einen signifikanten Preisunterschied im Rohbau ausmachen würde, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Aber da kenne ich mich zu wenig aus. Ich weiß nicht, was für Architektur du machst. Aber, was viele vergessen: es gibt auch bei den Ingenieurbüros extreme Unterschiede in der Qualität. Für den Standard-Wohnungsbau wirst du wahrscheinlich eher nicht die besten Statiker des Landes haben, sondern einen, der die Bewehrung der Decke einfach auf deinen Plan zeichnet, mit der Bewehrungsmenge "so wie wir es immer machen". Mein Ex-Büro hat dagegen durch intelligente Planung regelmäßig dem Bauherrn viel Geld erspart und dadurch das höhere Honorar vielfach wieder reingeholt. Manche Bauherren sparen da am falschen Ende. |
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Dennoch wird heute mehr als früher eingebaut und wir müssen die Statiker häufig motivieren und hinterfragen, damit sie sich richtig reinhängen. ![]() | ||
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Ort: USA ![]() Beitrag Datum: 03.08.2015 Uhrzeit: 07:57 ID: 54716 | Social Bookmarks: Zitat:
Ingenieure haben weniger Zeit pro Honorar-Euro. Wir haben auch wenige billige Arbeitskräfte (fast keine Praktikanten). Daher müssen wir effizienter arbeiten. | |
Social Bookmarks: Soll nicht abwertend klingen, ist halt manchmal so. Es übrigens leider andersrum richtig. Die Ingenieure verbuchen höhere Honorare auf die Arbeitsstunden bezogen, als die Architekten. Einige Statikbüros arbeiten mehr mit studentischen Arbeitskräften als wir das tun. Der Statiker zieht bei uns häufig in 10 Wochen sein komplettes Leistungspaket durch, während wir am gleichen Projekt z.B: 100 Wochen beschäftigt sind und dazu noch viel mehr Kundenlaunen aushalten müssen, Ausführungs- und Kostenverantwortung tragen müssen. Bitte nicht auf hohem Niveau rumjammern. | |
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Ort: USA ![]() Beitrag Datum: 03.08.2015 Uhrzeit: 19:16 ID: 54719 | Social Bookmarks: Hm, da hast du mich wohl falsch verstanden. 100 Euro Architektenzeit sind länger als 100 Euro Ingenieurzeit ist was ich sage. Dennoch kriegt der Statiker für seine 10 Wochen sicher deutlich weniger als du für deine 100. Wenn nicht: wie heißt das Büro? Da bewerb ich mich ![]() |
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Warum muss der Architekt für 100 Euro länger arbeiten? Wo ist dafür die Berechtigung zu finden? Der Statiker verbringt an Projekten in welche wir sagen wir 700 Stunden Arbeitzeit bis zum Abschluss investieren nur etwa 90-100 Stunden im Vergleich. Er nimmt aber nicht nur entsprechend 14% unseres Honorares, sondern etwa 20-25% unseres Honorares für seine Leistung. | ||