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Tom is just really nice Tom is just really nice Tom is just really nice Tom is just really nice Tom is just really nice

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Datum: 14.09.2010
Uhrzeit: 22:02
ID: 40869



AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?

#1 (Permalink)
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Zitat von Samsarah Beitrag anzeigen
Ich bleibe dabei, dass wir (unabhängig von den Motiven der Arbeitgeber) maßgeblich zu den Lohndumpingsituationen beigetragen haben und noch beitragen.
Das sehe ich nicht so. Hauptgrund für das im Verhältnis zu anderen Branchen niedrige Lohnniveau ist m. E. die zu geringe Wertschöpfung im Architekturbetrieb. Da werden in Handarbeit (Manufaktur) mit mittelalterlich-handwerklichen Methoden Einzelobjekte geschaffen - nicht weit weg vom Kunstschmied. In anderen Branchen und in rationellen Konzernumgebungen wirken ganz andere Hebel. Da verantwortet oder generiert einer Umsätze, die die um ein Vielfaches höheren Gehälter locker ermöglichen. Deshalb ist es so wichtig, die Büros wirtschaftl. zu organisieren.

T.

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Beitrag
Datum: 14.09.2010
Uhrzeit: 23:12
ID: 40872



AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ?

#2 (Permalink)
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Ich mach mich jetzt mal unbeliebt. Die große Mehrheit aller Planungen und Bauten liegen mit ihrem reelen künstlerischen Wert am unteren Ende. Klar, jeder Architekt hält sich für den großen Künstler, aber vieles da draussen wird dem Anspruch wirklich nicht gerecht. Das jedes Bauwerk einem maßgefertigten Schmuckstück gleicht, wäre vielleicht wünschenswert. Aber das ist doch keinesfalls die Regel. Die meisten sind 08/15-Ingenieusleistungen aus dem Standardkatalog, mit etwas Glück zumindest mit halbwegs harmonischen Proportionen und funktionabel.
Dass der Aufwand auch für eine solche Planung und Umsetzung in keinem guten Verhältnis zu den Einnahmen steht, unterschreibe ich sofort. Aber das Lied vom unverstandenen Künstler... naja.
Die anderen Branchen, in denen die Wertarbeit auch noch als solche entlohnt wird, zahlen trotz ihrer vermeintlich höheren Wertschätzung ihrem Durchschnittsmitarbeiter keine üppigeren Gehälter oder von welchen Branchen sprichst Du?

Und damit komme ich wieder an den gleichen Punkt. Die Wertschätzung für die eigene Arbeit beginnt doch bei mir selbst. Solange sich die Absolventen und jüngeren Architekten zu Praktikantenkonditionen verheizen lassen und die Büroinhaber sich darin überschlagen, die Kosten für den Bauherren noch ein paar Prozent unter die HOAI zu drücken, um im Rennen zu bleiben, solange wird die Situation immer schlechter. Oder glaubt jemand, ein Chef kommt an und bietet 3.000€ nachdem der Bewerber zaghaft 1.800€ als Gehaltsvorstellung genannt hat? Oder der Bauherr schlägt einem freundschaftlich auf die Schulter und legt noch 100.000€ Honorar drauf, weil er uns doch so sympatisch findet?

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Datum: 15.09.2010
Uhrzeit: 08:49
ID: 40880



AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ? #3 (Permalink)
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Zitat:
Zitat von Samsarah Beitrag anzeigen
Die Wertschätzung für die eigene Arbeit beginnt doch bei mir selbst.
Richtig. Man kann nicht erst zum Bauherrn oder Chef kriechen, damit man den Auftrag/die Arbeitstelle bekommt und anschließend meckern, weil man wirtschaftlich nicht klarkommt. Diese Rechnung muß man vorher machen und dann auch damit leben können, daß man nicht jeden Auftrag oder jede Arbeitsstelle bekommt. Ich denke, ein Stichwort lautet KONSEQUENT sein und sich nicht permanent verbiegen.

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Datum: 15.09.2010
Uhrzeit: 11:17
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AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ? #4 (Permalink)
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Tom, Archimedes und Samsarah sagen vieles richtig, z.B.

Zitat:
Aber es gibt wirtschaftlichere Bürogrößen, wirtschaftlichere Projektgrößen, wirtschaflichere Bauaufgaben und wirtschaftlichere Arten, die Projekte zu bearbeiten. Nicht alles in einer Soße verrühren!
Zitat:
Die Praxis ist - obwohl ich selber von Kunstschmied geredet habe -, dass der wirtschaftl. Spielraum in kleineren, suboptimal geführten Büros so eng ist, dass an künstl. Anspruch, sorgfältige Detaillierung, engagierte Bauleitung etc. vielfach gar nicht mehr zu denken ist.
-> Fast alle Büros machen diese engagierte Bearbeitung aber trotz fehlendem finanziellem Spielraum, weshalb viele Projekte nicht rentabel sind.

Zitat:
Kann z.B. ein Bildhauer, der vor einem Granitblock steht, genau sagen, wieviele Stunden er benötigt um daraus eine Büste zu schlagen und wieviele Hammerschläge oder Trennscheiben er brauchen wird?
-> deshalb ist es ja so wichtig, dass die Honorarordnung die Realität der Bearbeitung der Architektur-Aufgaben aufgreift.

Zitat:
Die große Mehrheit aller Planungen und Bauten liegen mit ihrem reelen künstlerischen Wert am unteren Ende. Klar, jeder Architekt hält sich für den großen Künstler, aber vieles da draussen wird dem Anspruch wirklich nicht gerecht.
---> ist die absolute Wahrheit. Wenn man Pressetexte liest, kann man es teilweise gar nicht fassen, mit welchen absurden "Ansprüchen" die banalste Architektur verkauft wird.

Meiner Meinung nach ist das Resultat aber immer Geschmacksache.

1. Der künstlerische Anspruch fängt dort an, wo über die Gestaltung über reine konstruktionsrelevante Bereiche hinausgeht, und diese den gestalterischen Aspekten untergeordnet wird.

2. Die "Kunst" (d.h. das aussergewöhnliche Ergebnis - was Samsarah wohl mit "künstlerischem Wert" bezeichnet) beginnt dort, wo der Entwurf bzw. die Gestaltung grundlegend und im gesamtem einem theoretisch-intellektuellen Ansatz folgt.

Ein Gebäude wird dann allgemein als Kunst anerkannt, wenn ein Konsens über die Qualität der Leistung bzw. des Resultats vorliegt.

Wo sich dann die "Profanbauten" mit dem von den Architekten eingeforderten "künstlerischen Ansprüchen" einreihen, bleibt dem Urteilsvermögen jedes Einzelnen überlassen.

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Datum: 15.09.2010
Uhrzeit: 11:28
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AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ? #5 (Permalink)
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Zur Kernfrage zurück:

Egal wie wirtschaftlich oder unwirtschaftlich gearbeitet wird, es ist in der Architektur definitif so wie in allen Berufen ohne Tarife und Mindestlöhne: die Gehälter regulieren sich von selbst.

Zitat:
Ich bleibe dabei, dass wir (unabhängig von den Motiven der Arbeitgeber) maßgeblich zu den Lohndumpingsituationen beigetragen haben und noch beitragen.
Ich höre diesen Satz immer wieder, die Schuld liegt aber definitiv nicht am Arbeitnehmer, der sich den Gesetzen des Marktes anpassen muss. Der Palettenausräumer im Supermarkt, der Frisör oder sonstige Billiglöhner können es sich auch nicht aussuchen, ob sie jetzt den Job machen oder nicht.

Solange es ein Gefälle in der Qualifikation des Bewerbers und einen bestimmten Anspruch des Arbeitgebers an die Arbeit gibt, wird es immer wieder so sein, dass minderqualifizierte Bewerber zu unmoralischen Löhnen eingestellt werden.

Solange der Staat (in Berufsgruppen mit Tarifen übernimmt die Gewerkschaft diese Funktion) keine gesetzliche Rahmenbedingungen schafft, wird es diese Misslage immer geben. Es wird von den Politikern immer wieder gerne das Argument der freien Marktwirtschaft gebracht, und dass es auch ohne Regeln in 90% der Berufsgruppen funktioniert. Schaut man aber genauer auf die einzelnen Gruppen, sieht man, dass es fast alle Dienstleister betrifft.

Ein Beseitigen der Misslagen kann nur durch gesetzliche Regelungen erfolgen. Wenn es keine Regelungen gibt, wird zur Gewinnoptimierung weiterhin Leiharbeit oder Lohndumping eingesetzt. Es ist Fakt, dass Niemand mehr bezahlt, als er muss. Die Gesellschaft muss für sich klären,wie sie in Zukunft leben will.

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Datum: 15.09.2010
Uhrzeit: 13:16
ID: 40890



AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ? #6 (Permalink)
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Zitat:
Zitat von noone Beitrag anzeigen
Der Palettenausräumer im Supermarkt, der Frisör oder sonstige Billiglöhner können es sich auch nicht aussuchen, ob sie jetzt den Job machen oder nicht.
Genau da unterscheiden sich unsere Ansichten. Genau diese Entscheidungen müssen und können wir treffen. Und da Architekten im Gegensatz zum Palettenräumer weit mehr Qualifikationen aufweisen, sind die Möglichkeiten auch vorhanden. Wie Archimedes schon sagt, Konsequenz ist das Stichwort. Und konsequent zu sein, ist eben oft unbequem.

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Datum: 15.09.2010
Uhrzeit: 13:34
ID: 40891



AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ? #7 (Permalink)
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Zitat:
Wie Archimedes schon sagt, Konsequenz ist das Stichwort. Und konsequent zu sein, ist eben oft unbequem.
Ich kann Deine Argumentation nachvollziehen, aber Du siehst das zu vereinfacht. Abgesehen davon, dass es weder inkonsequent noch bequem ist, aus Existenzängsten heraus einen schlechtbezahlten Job anzunehmen.

Du solltest es einfach mal aus einem anderen Blickwinkel heraus sehen: es gibt sehr viele Absolventen, die ein total unattraktives Profil haben, wenig oder keine Erfahrung, und schon sehr viele erfolgslose Bewerbungen geschrieben haben. Diese Gruppe ist bereit, für eine laue Bezahlung einen Job anzunehmen, um überhaupt mal Erfahrung sammeln zu können, um bei Bewerbungen interessanter zu werden. Und solange es diese Gruppe gibt, und keine Mindestlöhne, wird es in der Architektur diese Praktikas und Löhne geben.

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Datum: 15.09.2010
Uhrzeit: 23:30
ID: 40907



AW: Architekten - ein Volk von Sklavenhaltern und Opferlämmern ? #8 (Permalink)
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Die Wertschätzung für die eigene Arbeit beginnt doch bei mir selbst. Solange sich die Absolventen und jüngeren Architekten zu Praktikantenkonditionen verheizen lassen ...
Samsarah, ich weiß, es ist ein oft geäußerter Gedanke, dass die vielen unterbezahlten Planer selbst schuld sind an ihrer Lage. Und tatsächlich gibt es eine Art Strudel nach unten: Die Arbeitsgeber loten die Schmerzgrenze nach unten aus. Aber die strukturellen Ursachen für die Misere liegen woanders, den Schuh müssen sich die Leute, die in ihrem erlernten Beruf arbeiten wollen, nicht anziehen! Oder sind die Arbeitnehmer in anderen Dumping-Branchen auch alle selbst schuld an den Verhältnissen, weil sie einfach nicht von der fixen Idee lassen wollen, mit Arbeit ihr Geld zu verdienen?

Das impliziert ja u.a. auch, dass als Architekten ausgebildete Leute völlig frei sind, irgendwelche anderen Berufe zu ergreifen. Zu Zeiten des Dot-Com-Booms haben ja tatsächlich manche Leute das Architekturstudium als eine generalistische Idealausbildung gepriesen, die Tore in alle Richtungen öffnet. Ich habe schon länger keinen mehr gehört, der diese Meinung vertritt. Es gibt einfach viele andere interdisziplinäre Bildungsangebote, die methodisch, inhaltich weit besseres Rüstzeug bieten für eine kulturelle Crossover-Karriere.

Zurück zum Punkt und zur Selbst-Wertschätzung: Glaube mir, die ist bei mir in wunderbarer Weise gegeben. Aber die Hire-and-Fire-Mentalität in der Architektur-Branche ist nicht in Ordnung. Das Lohnniveau könnte etwas besser sein, wenn sich die Unternehmensführer mit Fragen der Wirtschaftlichkeit und eines nachhaltigen Managements seriöser auseinandersetzen würden und sich heute schon zaghafte Gedanken machen würden, mit was sie morgen vormittag Geld verdienen möchten.

T.

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