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metalbau: Offline
Beitrag Datum: 05.06.2011 Uhrzeit: 18:14 ID: 43950 | Social Bookmarks: dear tom, ich würde sagen, du hast eine ausgeprägt neolaberalistisch-freimarktorientierte vision von architektur und planung innerhalb der gesellschaft. klar, das ist mainstream! so ist für dich städtebau " immer das Ergebnis individueller und lokaler Gestaltungs- und Investitionsentscheidungen, die autonom getroffen werden." also für die gestaltung der stadt sei das willen des "bauherrens" bestimmend, der aufgrund seiner wirtscahftlichem macht (money) frei entscheiden dürfe was, wo und für wen gebaut werden muss und der architekt sei nur ein "diener". es ist nicht aber immer so gewesen, geschichtlich gesehen. in der antike gehörte die form der stadt, die ausführung von bestimmten bautypologien zu einer der wichtigsten allgemein anerkannten gesellschaftlichen werten. (siehe dazu die alten römischen städte). aber auch in der tradition der moderne sind versuche, die logik der "I have more money to invest , then I build" zu brechen. so war CIAM nicht anders als der versuch der architekten - zum g. teil gescheitert - einfluss auf die entscheidungsprozesse über die entwicklung der modernen stadt zu gewinnen. d.h. obwohl der architekt selbstverständlich normalerweise den bauherren nicht ersetzen kann, kann er natürlich versuchen, durch die wissenschaftliche darlegung seiner erkenntnisse (die fachlichen erkentnisse ) enfluss auf die entscheidungsträger in der gesellschaft (hoffentlch nicht nur investoren, sondern auch politiker und bürger - d.h.die nutzer der räume selbst) zu üben. auf diese weise ist der architekt selbstverständlich in der lage, fortschrittliche konzepte gesellschaftlich zu verbreiten. wenn es so nicht gewesen wäre, dann hätten wir heute noch die früher in den deutschen großstädten übliche kellerwohnungen samt aborte auf dem hof! deine vorstellung von architektberuf scheint mir also aus , als der architekt ein eisverkäufer wäre, wobei das geschmak von kunde gewählt wird und der eismacher sich nur ihm die qualität des angebots sich kümmern muss. obwohl diese tasächlich heutzutage oft die triste realität ist, muss man nicht außer acht lassen, dass es alternativen geben könnte. ich sehe daher wie schon Richard Neutra gesagt hatte, der architekt eher als ein artz der die erzählung seiner kranken zuhören muss, die therapie dazu muss aber er selbst entscheiden! ich glaube dies sollte auch für die architekten gelten. nur dann würde unser gehalt, dem von anderen, sozial besser anerkannten berüflichen figuren annähern. |
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Jochen Vollmer: Offline
Ort: Kassel Beitrag Datum: 06.06.2011 Uhrzeit: 09:38 ID: 43951 | Social Bookmarks: Zitat:
wohl wahr. Allerdings muss der "Patient" auch auf die Therapie anschlagen. Es gibt also starke Wechselwirkungen zwischen Architekt und Bauherren. Deine Schilderung lässt den Eindruck entstehen, der Architekt sei frei bei der Wahl der Therapie/ Methode seiner Arbeit. Er muss jedoch seine Ansichten allgemeinverständlich darstellen und ihre Plausibilität nachweisen können. Zitat:
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Tom: Offline
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Hochschule/AG: Architekt Beitrag Datum: 06.06.2011 Uhrzeit: 22:23 ID: 43967 | Social Bookmarks: Zitat:
Warum wird ein Architekt in gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen Fragen nicht ernst genommen? Weil er sich damit normalerweise nicht auskennt, höchstens als ambitionierter Autodidakt. In der Ausbildung lernt er was über Ästhetik und Technik, beides mehr schlecht als recht. Und schon dieser "Generalismus" fordert die ganze Person. Die Hauptkompetenz, die ihn später von anderen Disziplinen differenziert, ist die Gestaltungskompetenz, sein Wissen über künstl. hervorgebrachte Räume (Geschichte, Theorie, Praxis) und eine gewisse langjährig-trainierte Bauch-Vermutung über ihre Wirkung auf Menschen, die sie nutzen. Das führt aber alles weg von der Ursprungs-Frage, ob Architektur soziale Probleme lösen kann. Nein, meine ich, die Architektur ist damit heillos überfordert. Architektur macht aus den Leuten keine besseren Menschen. Ich meine aber schon, dass schlechte Architektur und falscher Städtebau negative soziale Dynamiken verstärken können. T. | |
Social Bookmarks: Ui, da wurde ja an einen ganz alter Diskussionsfaden angeknüpft... Also mir fällt ersteinmal kein Beispiel ein, bei dem Architektur ein soziales Problem gelöst hätte. Es gibt aber Gebäude die Unruhen durch soziale Probleme kanalisieren können: Stadien und Arenen. Schon die Römer wussten, dass man dem Volk Brot und Spiele geben muss... Andersherum kann "Nicht-Architektur" sicherlich soziale Probleme schaffen.
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noone: Offline
Beitrag Datum: 08.06.2011 Uhrzeit: 10:46 ID: 43975 | Social Bookmarks: Zitat:
Die Entwicklung des Stadtbildes der Römer ist genauso wie das der modernen Städte durch die Entwicklung und Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse bezüglich Brandschutz (Abstände, Dacheindeckungen), Kanalisation, Hygiene, Krankheitsvermeidung etc. entstanden. Wenn wir den zum Scheitern verurteilten Massenwohnungsbau betrachten, stellen wir fest, dass dort durchweg keine privaten Investoren am Werk waren, sondern politisch gesteuerte, halböffentliche Wohnungsbaugesellschaften. Das heisst, es waren massenhaft Wohnungen notwendig, und in einem gesellschaftspolitischen Findungsprozess wurden die Wohnungen auf die Bedürfnisse der Menschen abgestimmt. Leider ist es bei wissenschaftlichen Theorien immer so, dass sie erst inder Praxis bestehen müssen, und in der Architektur gewinnt man Erkenntnisse eben immer Jahre später. Deshalb ist der Städtebau ein langwieriger Prozess, und je schnelllebiger eine Gesellschaft ist, desto schwieriger ist es, vorrausdenkend zu planen und zu entwickeln. Die Probleme, die aus einer zu hohen Dichte entstehen, sind uns heute alle bekannt, deshalb geht und ging der Weg von einer hohen Dichte weg zu einer besseren Durchmischung der Dichte und Nutzungen hin. Die sozialen Probleme, die in Wohnquartieren entstehen, sind meist gesellschaftsdynamische Prozessen wie Arbeitslosigkeit, Armut, Aus- und Abgrenzen von Minderheiten und sozial Schwachen geschuldet. Dies ist allgemein anerkannt, deshalb wird auf die Durchmischung geachtet. Da aber letztendlich alleine das Budget entscheidet, wie gut die angestrebten Ziele verwirklicht werden, ist es leider immer noch so, dass durch die Vorgaben der Investoren und Politik vorsetzlich eine Architektur entsteht, die die gesellschaftlichen Probleme nicht lösen kann. | |
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metalbau: Offline
Beitrag Datum: 26.06.2011 Uhrzeit: 21:35 ID: 44211 | Social Bookmarks: danke für die sehr interessante feedbacks....meine kollegen. hier kann eine sehr interessante debatte entstehen. zum beispiel würde ich kurz angehen an was jochen gesagt hat: als ich geschrieben habe, dass die architekten ihre fachkenntnisse den bauherren und andere beteiligten gegenüberstellen müssen, behauptet er zu recht: Das macht jedoch viel zusätzliche Arbeit erforderlich, die sich im Berufsalltag nicht immer termingerecht erbringen lässt. Des Weiteren wird erwartet, dass diese Arbeit kostenlos erbracht wird. Architekten verbuchen diese Leistungen meistens unter "Aquisetätigkeit" um Argumente zu haben, die sie gegenüber der Konkurrenz besser dastehen lassen[/I] doch... hast du aber nicht gedacht, dass diese notwendige forschungsarbeit erst an den unis oder anderen forschungsintitutionen geführt werden könnte? doch wird in deutschland in den fakültäten total wenige forschung betrieben. es gibt z.b total wenige architekten die ein doktor machen, die meisten professoren selbst an der fakültät architektur können keine promotion oder vergleichbare wissenschaftliche erfahrung in ihren curricula vorweisen. das ist in der deutschen uniwelt eigentlich einzigartig! als promovierter architekt werde ich nur ausgelächert "was? promotion in architektur? gibt es so was? ich dachte architekten machen eigentlich nur kunst" ich glaube, das wahres problem ist , dass man aufhören muss die gestaltung unseren menschlichen habitats (d.h die s.g. architektur) als eine unverbindliche und vielleicht sogar überflüssige tätigkeit zu betrachten. es muss mehr verbindlichkeit und verantwortlichkeit in unserem fach erbracht werden. zu erst die professoren in der uni sollten sie mehr um die verbindlichkeit und korrektheit des von ihnen vermittelten lehrinhalts kümmern statt von den studenten coolen grundrissfarben und aufwendigen baumodellen zu verlangen. (symptomatisch ist z.b dass in vielen fakültäten coolen und teure baumodelle mehr bewertet werden als eine richtige dimensionierung des entwurfes und abmessungen in den plänen kaum angefordert werden). es kann also nicht sein dass ein durchscnittlicher architekturabsolvent nciht weiß wie eine fassadetail funktioniert oder überhaupt keien ahnung von leistungsphasen hat. also die zusätliche arbeit wovon jochen sprich gehört in erster linie meiner meinung nach nicht der aquisitionsphase sondern der universitätswelt. nur durch die forschung und die verbindlichen darstellung der gewonnenen erkenntnisse kann sich eine disziplin in der modernen welt legitimieren und die leute, die sie praktizieren, von den anderen menschen geschätzt werden. denn muss diese verbindlichkeit doch nicht das kreative arbeit beschränken. wie ein typ der ein bischen ahnung von architektur hatte einmal schrieb: "architektur beginnt wenn zwei backsteine sorgfältig zusammengesetzt werden. architektur ist eine sprache mit der disziplin einer grammatik. man kann sprache im alltag als prosa benutzen und wenn man sehr gut ist, kann man ein dichter sein" |
ehem. Benutzer Registriert seit: 01.07.2011
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LadyB: Offline
Beitrag Datum: 04.07.2011 Uhrzeit: 09:44 ID: 44277 | Social Bookmarks: Zitat:
Aber eben auch der Bau von Stadien kann kontrovers sein und soziale Probleme eventuell hervorrufen. Wenn ich an das Stade de France in St. Denis denke, dass sie mitten ins Banlieu gebaut haben, ist das ein Prestige-Objekt in der Armengegend. | |
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